4. Mai 2012

Marginalie: Aktuelles zu den Kosten der "Energiewende" für den Verbraucher. Auf die kollektive Besoffenheit folgt jetzt die Rechnung

Vor vier Wochen habe ich über die Folgen der "Energiewende" für die Stabilität des Stromnetzes berichtet, vergangenen Mittwoch über den neuen Begriff der "Energiearmut"; einer Armut, die aus steigenden Energiepreisen resultiert.

Heute gibt es eine Meldung, die ein Schlaglicht auf den Zusammenhang zwischen diesen beiden Entwicklungen wirft:

Bei der Vorstellung des Jahresberichts der Bundesnetzagentur entwarf deren neuer Leiter, Jochen Homann, ein düsteres Bild der Lage im deutschen Stromnetz. Das Netz muß dringend ausgebaut werden, um den Strom von dort, wo er zunehmend erzeugt werden soll (in den "Windparks" des Nordens) dorthin zu bringen, wo er vor allem benötigt wird (in den Industriezentren des Südens und Westens). Aber der Ausbau kommt aus verschiedenen Gründen nicht wie geplant voran. Aus dem Artikel in FAZ.Net:
Die Übertragungsnetzbetreiber arbeiten derzeit an einem Netzentwicklungsplan. Dieser soll spätestens am 3. Juni vorgelegt werden. In wenigen Wochen sei klar, wie viele Kilometer zusätzlich zu den 1800 gebaut werden müssten, sagte Homann. Er stimmte die Stromkunden auf steigende Belastungen ein: "Tempo hat seinen Preis. Steigende Netzkosten sind unvermeidlich", sagte er.
Der Kunde zahlt für den Ökostrom also gleich doppelt mehr: Erstens für seine Erzeugung mittels der subventionierten Solar- und Windenergie. Zweitens für seinen Transport. Der liebe Gott hat es zwar so eingerichtet, daß die großen Flüsse durch die großen Städte fließen; aber leider versäumt, den Wind auch dort besonders kräftig wehen zu lassen, wo die Haupt-Stromkunden sitzen.



Passend dazu die Meldung über das "Gipfeltreffen" zwischen der Kanzlerin und führenden Vertretern der Energiewirtschaft, die vor zwei Tagen durch die Medien ging:

Da Ökostrom bekanntlich nicht wie anderer Strom je nach Bedarf erzeugt wird, sondern je nach Wetter, müssen Reserven in Form von konventionellen Kraftwerken (vor allem Gaskraftwerken) vorgehalten werden, die einspringen sollen, wenn der Wind nicht weht und/oder die Sonne nicht scheint.

Das diese Kraftwerke aber meist keinen oder nur wenig Strom produzieren und folglich nicht rentabel zu betreiben sind, gibt es für die Wirtschaft kaum einen Anreiz, sie zu bauen. Dazu am Dienstag das "Handelsblatt":
Bisher gibt es zum Beispiel kaum Pläne für neue Gaskraftwerke. Da es einen Einspeisevorrang für Wind- und Solarstrom gibt, ist angesichts von immer mehr Ökoenergie unklar, ob sich eine Milliardeninvestition in ein Gaskraftwerk überhaupt rechnen würde. (...) Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sorgt sich daher zunehmend. (...) "Ich bin der festen Überzeugung, dass der Strommarkt in seiner derzeitigen Ausgestaltung nicht geeignet ist, die Herausforderungen der Energiewende zu meistern." Kretschmann fordert von Merkel, auch über finanzielle Anreize zum Bau neuer Kraftwerke zu diskutieren.
Im Klartext: Der Bürger soll nicht nur in seiner Eigenschaft als Stromkunde, sondern noch einmal in seiner Eigenschaft als Steuerzahler die Zeche zahlen. Die Zeche für die Folgen einer kollektiven Besoffenheit des deutschen Volks im Frühsommer 2011.



Denn wenn man solche Meldungen liest, dann solle man sich stets vor Augen führen, wo die Ursache für diese Engpässe, für die steigende Belastung des Verbrauchers und des Steuerzahlers liegt: Es ist die vor einem Jahr grassierende wahnhafte Angst davor, es könne in einem deutschen Kernkraftwerk zu einem Unfall wie in Fukushima kommen.

Wahnhaft erstens, weil die Wahrscheinlichkeit dafür nahe null ist; vielleicht so groß wie die Wahrscheinlichkeit, daß Berlin durch den Einschlag eines Meteoriten in Schutt und Asche gelegt wird. Und wahnhaft auch deswegen, weil aus einem Unfall, der keinem einzigen Menschen das Leben gekostet hat, in der kollektiven deutschen Wahnwelt eine Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes wurde.

Ein Gutes immerhin ist zu konstatieren: Für diesen Wahn und seine Folgen kann man ausnahmsweise nicht die Bundesregierung verantwortlich machen. Der "Ausstieg" wurde von allen Parteien beschlossen, getragen von einer überwältigenden Mehrheit des Volks in seiner kollektiven Besoffenheit.

Diejenigen, die im Bundestag am 11. Juni 2011 gegen den Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes stimmten, taten es ganz überwiegend, weil ihnen der darin vorgesehene "Ausstieg" nicht schnell genug ging ("Verblendet". Der solare Gau. Nebst einer Erinnerung an den 30. Juni 2011; ZR vom 15. 1. 2012). Alle wollten es; fast alle. Jetzt haben wir den Schlamassel.
Zettel



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