24. Mai 2010

Marginalie: Kleine Atomreaktoren werden zum großen Geschäft

So jedenfalls titelte Business Week am vergangenen Donnerstag: "Small nuclear reactors are becoming big business". Unterzeile: "The race is on to develop refrigerator-size reactors that could power small towns or plants"; der Wettlauf zur Entwicklung von Reaktoren von der Größe eines Kühlschranks habe begonnen, die kleine Städte oder Werksanlagen mit Strom versorgen könnten.

Diese neuen Reaktoren würden sich zu den traditionellen Kernkraftwerken so verhalten wie ein iPod zu einem Großrechner, meint einer der Pioniere auf diesem Gebiet, John Deal, der Vorstandsvorsitzende der Firma Hyperion Power Generation, die an solchen Kleinanlagen arbeitet. Sie ist eine von etlichen Firmen, die in dieses Geschäft eingestiegen sind; darunter Weltfirmen wie General Electric, Westinghouse und Toshiba.

Hyperion hat bereits mehr als 150 Kaufverpflichtungen von Kunden vorliegen; beispielsweise von Betreibern von Bergwerken in abgelegenen Gebieten. Der Reaktor, der auf einem Truck transportiert werden kann, soll 25 Megawatt liefern und um die 50 Millionen Dollar kosten. Er befindet sich in einem versiegelten Gehäuse; die Wartung soll weniger aufwendig sein als die eines herkömmlichen Kraftwerks. Untergebracht werden soll eine solche Anlage in einem unterirdischen Gewölbe; zum Schutz gegen Manipulationen und Einflüsse von außen.

Eine Betriebsgenehmigung für diesen neuen Reaktortyp steht in den USA allerdings noch aus; sie könnte drei bis fünf Jahre benötigen.



Klingt interessant, nicht wahr? Aber natürlich haben sich die üblichen Verdächtigen längst gemeldet. Für Greenpeace hat dessen Chef für den Nuklearbereich, Jan Beránek, bereits die zu erwartenden Warnungen zu Protokoll gegeben: Solche Anlagen seien so wenig sicher wie die bisherigen KKWs; überdies könnten Terroristen sie in ihre Gewalt bringen.

Die Vorteile dieser neuen Technologie erscheinen freilich so groß, daß die Bedenkenträger sich wohl nicht durchsetzen werden. Wie ein Sprecher von Toshiba, Keisuke Ohmori, mitteilte, wird seine Firma demnächst die Genehmigung zur Errichtung einer solchen Anlage für die Stadt Galena in Zentralalaska beantragen.

Keine Hochspannungsleitungen führen zu dieser Stadt. Mehr als sechs Monate im Jahr ist sie auch vom Schiffsverkehr abgeschnitten, weil der Yukon dann zugefroren ist. Bisher hat man Strom mit Dieselaggregaten erzeugt, was aber immer teurer wird; allein in den letzten zwölf Monaten stieg der Preis von Dieselöl um 48 Prozent. Ein Kleinreaktor wäre der ideale Energielieferant.

Daß deutsche Firmen bei dieser Zukunftstechnologie mit von der Partie sein könnten - darauf allerdings habe ich keinen Hinweis finden können.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.