Der Staat nimmt sich das Recht, das Recht zu brechen, weil seine Politiker so eigene Vorstellungen von Gerechtigkeit haben wie SPD-Chef Sigmar Gabriel, der haarscharf am Problem vorbei das heikle Geschäft rechtfertigen will: "Wir können Gauner nicht laufen lassen, nur weil sie von Ganoven entlarvt werden." (...)
Ist das die SPD-Gerechtigkeit - selbst zum Gauner zu werden, um Steuersünder zu fangen? Wer meint, der Zweck, den Steuersack zu füllen, heilige die Mittel, zeigt, dass er ein taktisches Verhältnis zum Rechtsstaat hat. Er maßt sich an, über dem Strafrecht zu stehen: Der Ankauf gestohlener Ware um des eigenen Vorteils willen ist Hehlerei, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, der Versuch ist strafbar. (...)
Wenn der Staat sich sein Recht selbst sucht, warum nicht erst recht der Bürger?
Der promovierte Jurist und "Spiegel"-Autor Thomas Darnstädt gestern in "Spiegel- Online" unter der Überschrift "Selbstgerechte Rechtsbeuger" über Bestrebungen deutscher Politiker, gestohlene Bankdaten zu "kaufen".
Kommentar: Ich freue mich, daß das Urteil des Juristen Darnstädt bis in die Details deckungsgleich mit dem ist, was in diesem Blog am Sonntag zu lesen war.
Zunehmend wird sichtbar, daß das aber Einzelstimmen sind. Es zeichnet sich ein Konsens innerhalb der Regierung ab, ein Konsens vermutlich auch zwischen der Regierung und einer Mehrheit der Regierten, ein Konsens in vielen Medien, den Markus Sievers in der "Frankfurter Rundschau" vom heutigen Dienstag so zusammenfaßt:
"Bestimmte Kriminelle"? Woher weiß denn Markus Sievers, woher wissen Siegmar Gabriel, Renate Künast und tutti quanti eigentlich, daß sich auf der CD, die unsere Regierung offenbar "kaufen" möchte, nur die Daten von "Kriminellen" befinden?
In unserem Rechtssystem gilt - man muß offenbar daran erinnern - die Unschuldsvermutung. Niemand ist kriminell, es sei denn, ein Gericht hat das rechtskräftig festgestellt.
Wer eine größere Summe Geldes auf einer Schweizer Bank hat, der begründet damit allenfalls einen Verdacht, er könne das Geld nicht versteuert haben. Aber es gibt bekanntlich andere Gründe, sein Geld einer Schweizer Bank anzuvertrauen; beispielsweise die politische und ökonomische Stabilität der Schweiz.
Auf der CD, die ein offenbar in der Tat Krimineller - denn legal ist es wohl kaum, Bankdaten zu entwenden und zum Kauf anzubieten - gern versilbern möchte, befinden sich die Daten von (falls diese Information stimmt) rund 1500 Bürgern. Von Bürgern, die bis zu einer eventuellen Verurteilung oder bis zu einer Selbstanzeige unschuldig sind.
Für deren Recht auf Datenschutz scheinen sich aber Journalisten wie der am Sonntag von mir zitierte Eiferer Heribert Prantl durchaus nicht zu interessieren; in der heutigen SZ setzt er seinen Feldzug fort.
Ein Autor offenbar, dieser Prantl, dem der Kampf gegen die Kriminalität höher steht als das Recht des einzelnen Bürgers auf Schutz seiner privaten Daten. Ein Mann des Law and Order.
Da lobe ich mir doch eine Kritik an der Einschränkung der Rechte des Einzelnen, wie sie zum Beispiel hier sehr schön vorgetragen wird:
Der Löwe heißt, Sie haben es geahnt, Heribert Prantl. Der Artikel, in dem er das schrieb, erschien im September 2007 in der "Neuen Züricher Zeitung". Dort allerdings handelte es sich nicht um die Verfolgung von Steuerhinterziehung, sondern um den Schutz vor terroristischen Anschlägen.
So ist das eben bei vielen derer, die gern "Linksliberale" genannt werden. Sie sind für jeden denkbaren Schutz des Bürgers vor Zugriffen des Staats; es sei denn, es geht gegen "die Reichen".
Dann verwandeln sich Libertäre in Verfechter von Law and Order. Dann werden jene Schutzrechte des Einzelnen heruntergespielt, die diese Autoren eisern verteidigen, wenn es um jemanden geht, der des Terrorismus verdächtig ist. Dann weht ein Hauch von Klassenkampf durch ihre Artikel.
Sie messen mit zweierlei Maß, diese "Linksliberalen"; viele von ihnen jedenfalls. Im Zweifel sind sie allemal nicht liberal, sondern links.
Siehe auch diesen Artikel von Califax, der, während ich diesen Beitrag schrieb, parallel denselben Gedanken entwickelt hat.
Ist das die SPD-Gerechtigkeit - selbst zum Gauner zu werden, um Steuersünder zu fangen? Wer meint, der Zweck, den Steuersack zu füllen, heilige die Mittel, zeigt, dass er ein taktisches Verhältnis zum Rechtsstaat hat. Er maßt sich an, über dem Strafrecht zu stehen: Der Ankauf gestohlener Ware um des eigenen Vorteils willen ist Hehlerei, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, der Versuch ist strafbar. (...)
Wenn der Staat sich sein Recht selbst sucht, warum nicht erst recht der Bürger?
Der promovierte Jurist und "Spiegel"-Autor Thomas Darnstädt gestern in "Spiegel- Online" unter der Überschrift "Selbstgerechte Rechtsbeuger" über Bestrebungen deutscher Politiker, gestohlene Bankdaten zu "kaufen".
Kommentar: Ich freue mich, daß das Urteil des Juristen Darnstädt bis in die Details deckungsgleich mit dem ist, was in diesem Blog am Sonntag zu lesen war.
Zunehmend wird sichtbar, daß das aber Einzelstimmen sind. Es zeichnet sich ein Konsens innerhalb der Regierung ab, ein Konsens vermutlich auch zwischen der Regierung und einer Mehrheit der Regierten, ein Konsens in vielen Medien, den Markus Sievers in der "Frankfurter Rundschau" vom heutigen Dienstag so zusammenfaßt:
Mit ihrer mutigen Entscheidung sendet Merkel ein gutes Signal in die Gesellschaft und speziell in deren obere Kreise. Es geht nicht allein um die 1500 Anleger, deren Kontodaten sich auf der CD finden. Auch die 100 Millionen Euro, die der Staatskasse winken, sind zwar schön, aber nicht entscheidend. Worauf es ankommt, ist die Botschaft vom Ende der Gemütlichkeit. Zu lange haben sich bestimmte Kriminelle in einem rechtsfreien Raum bewegt.
"Bestimmte Kriminelle"? Woher weiß denn Markus Sievers, woher wissen Siegmar Gabriel, Renate Künast und tutti quanti eigentlich, daß sich auf der CD, die unsere Regierung offenbar "kaufen" möchte, nur die Daten von "Kriminellen" befinden?
In unserem Rechtssystem gilt - man muß offenbar daran erinnern - die Unschuldsvermutung. Niemand ist kriminell, es sei denn, ein Gericht hat das rechtskräftig festgestellt.
Wer eine größere Summe Geldes auf einer Schweizer Bank hat, der begründet damit allenfalls einen Verdacht, er könne das Geld nicht versteuert haben. Aber es gibt bekanntlich andere Gründe, sein Geld einer Schweizer Bank anzuvertrauen; beispielsweise die politische und ökonomische Stabilität der Schweiz.
Auf der CD, die ein offenbar in der Tat Krimineller - denn legal ist es wohl kaum, Bankdaten zu entwenden und zum Kauf anzubieten - gern versilbern möchte, befinden sich die Daten von (falls diese Information stimmt) rund 1500 Bürgern. Von Bürgern, die bis zu einer eventuellen Verurteilung oder bis zu einer Selbstanzeige unschuldig sind.
Für deren Recht auf Datenschutz scheinen sich aber Journalisten wie der am Sonntag von mir zitierte Eiferer Heribert Prantl durchaus nicht zu interessieren; in der heutigen SZ setzt er seinen Feldzug fort.
Ein Autor offenbar, dieser Prantl, dem der Kampf gegen die Kriminalität höher steht als das Recht des einzelnen Bürgers auf Schutz seiner privaten Daten. Ein Mann des Law and Order.
Da lobe ich mir doch eine Kritik an der Einschränkung der Rechte des Einzelnen, wie sie zum Beispiel hier sehr schön vorgetragen wird:
Nun aber gilt jeder Einzelne zunächst einmal als Risikofaktor (...) Wenn sich dann ergibt, dass der so Beobachtete, Registrierte, Belauschte und Geprüfte nicht gefährlich ist, wird er wieder zum Bürger. Jeder Einzelne gilt als potentiell verdächtig – so lange, bis sich durch die Kontroll- und Überwachungsmassnahmen seine Entlastung ergibt. Bisher war das umgekehrt: Wer keinen Anlass für staatliches Eingreifen gegeben hatte, wurde in Ruhe gelassen. Jeder konnte also durch sein eigenes Verhalten den Staat auf Distanz halten. Man nannte das Rechtsstaat.Gut gebrüllt, Löwe!
Der Löwe heißt, Sie haben es geahnt, Heribert Prantl. Der Artikel, in dem er das schrieb, erschien im September 2007 in der "Neuen Züricher Zeitung". Dort allerdings handelte es sich nicht um die Verfolgung von Steuerhinterziehung, sondern um den Schutz vor terroristischen Anschlägen.
So ist das eben bei vielen derer, die gern "Linksliberale" genannt werden. Sie sind für jeden denkbaren Schutz des Bürgers vor Zugriffen des Staats; es sei denn, es geht gegen "die Reichen".
Dann verwandeln sich Libertäre in Verfechter von Law and Order. Dann werden jene Schutzrechte des Einzelnen heruntergespielt, die diese Autoren eisern verteidigen, wenn es um jemanden geht, der des Terrorismus verdächtig ist. Dann weht ein Hauch von Klassenkampf durch ihre Artikel.
Sie messen mit zweierlei Maß, diese "Linksliberalen"; viele von ihnen jedenfalls. Im Zweifel sind sie allemal nicht liberal, sondern links.
Siehe auch diesen Artikel von Califax, der, während ich diesen Beitrag schrieb, parallel denselben Gedanken entwickelt hat.
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