Eben habe ich nachgesehen, wie oft ich in diesem Blog schon Dittsche zitiert oder erwähnt habe: In nicht ganz einem Dutzend Artikeln. Wenn Sie es nachprüfen wollen, geben Sie einfach "Dittsche" in die Suchfunktion (links ganz oben) ein.
Ich bin also ein Fan von Dittsche. Jetzt kommt er wieder. Und das Schönste: Er kommt wieder am Sonntag. Als der WDR ihn schnöde auf den Samstag verschoben hatte, habe ich ihn prompt ständig verpaßt.
Dittsche gehört für mich zum Sonntag Abend, wie danach der "Kommissar" in 3Sat. Der eine eine nostalgische, aber auch spannende Erinnerung an die siebziger Jahre. Der andere, Dittsche, derjenige, der uns die Welt von heute erklärt.
Wie? Und wie!
Anfang und Ende einer Folge sind sozusagen genormt: Ingo, der Imbißwirt, sieht durch die Scheibe, daß Dittsche im Anmarsch ist, und murmelt seufzend "Chefvisite". Dann geht die Tür auf. Dittsche erscheint, "Mahlzeit!" rufend, in seinem Bademantel, in der Hand die Plastiktüte mit den leeren Bierflaschen, die er auf den Tresen stellt.
Und los geht's. Bis sich, wenn die halbe Stunde verflogen ist, Dittsche an den bis dahin stumm dasitzenden Gast "Schildkröte" wendet und ihn anspricht. Worauf dieser antwortet: "Halt die Klappe, ich hab Feierabend!".
So ist es. So ist es meist, fast immer. Wenn es einmal eine Abweichung gibt - wenn zum Beispiel Schildkröte mehr als diesen einen Satz sagt -, dann ist das ein Ereignis.
Was ereignet sich sonst? Ein Tresengespräch. Ein Kneipengespräch.
Sie sind ja seltener geworden, diese Kneipen mit dem Tresen, an dem man manchmal auf Barhockern sitzt, meist aber steht. In denen sich Hinz und Kunz treffen und über Gott und die Welt reden. Manchmal mit schwerer, meist aber mit vom Bier und den Klaren gelöster Zunge.
Also wird schwadroniert. Die Gespräche bewegen sich von Thema zu Thema, wie eine Mücke im Zickzack durch die Stube fliegt. Schwer zu klatschen, denn kaum ist sie irgendwo, ist sie schon woanders.
So erratisch sind sie typischerweise, diese Kneipengespräche. Und aufgeladen mit Wissen; ehrlicher gesagt: Mit Besserwisserei. Auch da wirkt der Alkohol lösend. Im nüchternen Zustand verbietet es uns die gute Erziehung, mit Wissen und Ideen zu prahlen; abstruse Gedanken so zu verteidigen, als seien sie "Weltideen".
"Weltideen", die produziert Dittsche; so nennt er sie. Er sprudelt geradezu über vor Weltideen, wenn er mit Ingo - nein, nicht plaudert, sondern um sein Leben diskutiert.
Das ist das sozusagen minimalistisch reduzierte Kneipengespräch. Nur der Wirt und ein einziger Gast (außer dem zweiten, der, auch das ist festes Ritual, gegen Ende der Sendung kurz auftaucht; eigentlich kein Gast, sondern einer, der im Imbiß einkauft). Der Gast also weitgehend sich selbst überlassen, mit dem Wirt Ingo als Sidekick, der Fragen stellt, Zweifel anmeldet, oft den Kopf schüttelt.
Der auch den immer mal wieder ungezogenen und ungesteuerten Dittsche väterlich zurechtweist. Einmal hatte er sogar Lokalverbot; aber wir wußten natürlich, daß Ingo das nicht lange würde durchhalten können. Dazu mag er ihn viel zu sehr, diesen Aufschneider, diesen von gutem Willen überfließenden Idealisten, diesen Underdog, der sich auch schon mal mit kleinen Tricksereien und Lügen zu behaupten versucht. Diesen sentimentalen, im Grunde herzensguten Menschen.
Dittsche ist mehr als nur ein Schwadronierer. Die Figur ist subtil; sie hat menschliche Tiefe.
Dittsche ist der Loser - er ist arbeitslos, unbeweibt, offenbar ohne Freunde - , der sich für das Elend seiner realen Existenz ein wenig schadlos hält, indem er in Wunderwelten entweicht.
Wunderwelten, in denen er wie ein Kara ben Nemsi der Größte ist. Ihm fliegen die Gedanken zu. Er weiß Bescheid, er blickt hinter die Kulissen. Seine Theorien übertreffen an gedanklichem Höhenflug, an Absurdität jeden Hoax im Internet.
Er ist der Leser der "Bild"-Zeitung, aber - aufgepaßt! - einer, der sich nix vormachen läßt. Er saugt die Informationen darin auf, aber er legt sie nicht einfach in seinem Gedächtnis ab, sondern er arbeitet mit ihnen. Er verknüpft sie, er interpretiert sie auf die abenteuerlichste Weise.
Das ist vergnüglich anzuhören. Es hat aber auch etwas Rührendes; denn man sieht hinter all der Aufschneiderei ja nicht nur den armen Kerl, sondern man erkennt auch so etwas wie die Vergeblichkeit unseres menschlichen Bemühens, die Welt zu verstehen.
Dittsche ist ein Sokrates, der nicht aufhören kann, zu fragen und sich seine Gedanken zu machen. Er will alles mit allem verknüpfen, wie nur je ein Hegel. Er stellt Hypothesen auf, deren Kühnheit einen Kosmologen, einen theoretischen Physiker neidisch machen könnte.
Könnte - wenn es nicht alles so entsetzlich falsch, so völlig daneben wäre. Dittsche ist der klassische Clown. Wie dieser fällt er ständig hin, nur eben nicht physisch, sondern durch die geistigen Kunststückchen, die er unermüdlich versucht, und die ihn unweigerlich auf dem Bauch landen lassen.
Das finden wir witzig; wie ja überhaupt die Häme über das Ungeschick anderer eine evolutionäre Wurzel des Lachens sein dürfte.
Heute gibt es in "Spiegel- Online" ein Interview mit Dittsches Partner Ingo. Die erste Sendung der neuen Staffel ist am kommenden Sonntag, dem 1. März, um 23.30 im WDR-Fernsehen.
Ich bin also ein Fan von Dittsche. Jetzt kommt er wieder. Und das Schönste: Er kommt wieder am Sonntag. Als der WDR ihn schnöde auf den Samstag verschoben hatte, habe ich ihn prompt ständig verpaßt.
Dittsche gehört für mich zum Sonntag Abend, wie danach der "Kommissar" in 3Sat. Der eine eine nostalgische, aber auch spannende Erinnerung an die siebziger Jahre. Der andere, Dittsche, derjenige, der uns die Welt von heute erklärt.
Wie? Und wie!
Anfang und Ende einer Folge sind sozusagen genormt: Ingo, der Imbißwirt, sieht durch die Scheibe, daß Dittsche im Anmarsch ist, und murmelt seufzend "Chefvisite". Dann geht die Tür auf. Dittsche erscheint, "Mahlzeit!" rufend, in seinem Bademantel, in der Hand die Plastiktüte mit den leeren Bierflaschen, die er auf den Tresen stellt.
Und los geht's. Bis sich, wenn die halbe Stunde verflogen ist, Dittsche an den bis dahin stumm dasitzenden Gast "Schildkröte" wendet und ihn anspricht. Worauf dieser antwortet: "Halt die Klappe, ich hab Feierabend!".
So ist es. So ist es meist, fast immer. Wenn es einmal eine Abweichung gibt - wenn zum Beispiel Schildkröte mehr als diesen einen Satz sagt -, dann ist das ein Ereignis.
Was ereignet sich sonst? Ein Tresengespräch. Ein Kneipengespräch.
Sie sind ja seltener geworden, diese Kneipen mit dem Tresen, an dem man manchmal auf Barhockern sitzt, meist aber steht. In denen sich Hinz und Kunz treffen und über Gott und die Welt reden. Manchmal mit schwerer, meist aber mit vom Bier und den Klaren gelöster Zunge.
Also wird schwadroniert. Die Gespräche bewegen sich von Thema zu Thema, wie eine Mücke im Zickzack durch die Stube fliegt. Schwer zu klatschen, denn kaum ist sie irgendwo, ist sie schon woanders.
So erratisch sind sie typischerweise, diese Kneipengespräche. Und aufgeladen mit Wissen; ehrlicher gesagt: Mit Besserwisserei. Auch da wirkt der Alkohol lösend. Im nüchternen Zustand verbietet es uns die gute Erziehung, mit Wissen und Ideen zu prahlen; abstruse Gedanken so zu verteidigen, als seien sie "Weltideen".
"Weltideen", die produziert Dittsche; so nennt er sie. Er sprudelt geradezu über vor Weltideen, wenn er mit Ingo - nein, nicht plaudert, sondern um sein Leben diskutiert.
Das ist das sozusagen minimalistisch reduzierte Kneipengespräch. Nur der Wirt und ein einziger Gast (außer dem zweiten, der, auch das ist festes Ritual, gegen Ende der Sendung kurz auftaucht; eigentlich kein Gast, sondern einer, der im Imbiß einkauft). Der Gast also weitgehend sich selbst überlassen, mit dem Wirt Ingo als Sidekick, der Fragen stellt, Zweifel anmeldet, oft den Kopf schüttelt.
Der auch den immer mal wieder ungezogenen und ungesteuerten Dittsche väterlich zurechtweist. Einmal hatte er sogar Lokalverbot; aber wir wußten natürlich, daß Ingo das nicht lange würde durchhalten können. Dazu mag er ihn viel zu sehr, diesen Aufschneider, diesen von gutem Willen überfließenden Idealisten, diesen Underdog, der sich auch schon mal mit kleinen Tricksereien und Lügen zu behaupten versucht. Diesen sentimentalen, im Grunde herzensguten Menschen.
Dittsche ist mehr als nur ein Schwadronierer. Die Figur ist subtil; sie hat menschliche Tiefe.
Dittsche ist der Loser - er ist arbeitslos, unbeweibt, offenbar ohne Freunde - , der sich für das Elend seiner realen Existenz ein wenig schadlos hält, indem er in Wunderwelten entweicht.
Wunderwelten, in denen er wie ein Kara ben Nemsi der Größte ist. Ihm fliegen die Gedanken zu. Er weiß Bescheid, er blickt hinter die Kulissen. Seine Theorien übertreffen an gedanklichem Höhenflug, an Absurdität jeden Hoax im Internet.
Er ist der Leser der "Bild"-Zeitung, aber - aufgepaßt! - einer, der sich nix vormachen läßt. Er saugt die Informationen darin auf, aber er legt sie nicht einfach in seinem Gedächtnis ab, sondern er arbeitet mit ihnen. Er verknüpft sie, er interpretiert sie auf die abenteuerlichste Weise.
Das ist vergnüglich anzuhören. Es hat aber auch etwas Rührendes; denn man sieht hinter all der Aufschneiderei ja nicht nur den armen Kerl, sondern man erkennt auch so etwas wie die Vergeblichkeit unseres menschlichen Bemühens, die Welt zu verstehen.
Dittsche ist ein Sokrates, der nicht aufhören kann, zu fragen und sich seine Gedanken zu machen. Er will alles mit allem verknüpfen, wie nur je ein Hegel. Er stellt Hypothesen auf, deren Kühnheit einen Kosmologen, einen theoretischen Physiker neidisch machen könnte.
Könnte - wenn es nicht alles so entsetzlich falsch, so völlig daneben wäre. Dittsche ist der klassische Clown. Wie dieser fällt er ständig hin, nur eben nicht physisch, sondern durch die geistigen Kunststückchen, die er unermüdlich versucht, und die ihn unweigerlich auf dem Bauch landen lassen.
Das finden wir witzig; wie ja überhaupt die Häme über das Ungeschick anderer eine evolutionäre Wurzel des Lachens sein dürfte.
Heute gibt es in "Spiegel- Online" ein Interview mit Dittsches Partner Ingo. Die erste Sendung der neuen Staffel ist am kommenden Sonntag, dem 1. März, um 23.30 im WDR-Fernsehen.
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