25. November 2018

Rupert Brooke - "The Soldier / Der Soldat"



(Abb. Wikipedia)

Rupert Brooke - "The Soldier"

If I should die, think only this of me:
   That there’s some corner of a foreign field
That is for ever England.  There shall be
   In that rich earth a richer dust concealed;
A dust whom England bore, shaped, made aware,
   Gave, once, her flowers to love, her ways to roam,
A body of England’s, breathing English air,
   Washed by the rivers, blest by suns of home.

And think, this heart, all evil shed away,
   A pulse in the eternal mind, no less
     Gives somewhere back the thoughts by England given;
Her sights and sounds; dreams happy as her day;
   And laughter, learnt of friends; and gentleness,
     In hearts at peace, under an English heaven.

*          *         *


Der Soldat

Und sterbe ich, dann denkt von mir nur das:
Es gibt jetzt einen Fleck auf einem fremden Feld,
Der ewig England sein wird, dessen Maß
An reicher Erde reicheren Staub enthält.
Ein Staub, den England formte und gebar
Dem es die Blumen und die Wege schenkte.
Ein Leib aus England, dessen Luft ihm Atem war
Den seine Flüsse wiegten, den die Heimatsonne wärmte.

Und denkt: dies Herz, dem alles Böse ausgebrannt
- Nicht weniger als ein Puls der Ewigkeit - 
Gibt irgendwo, was England ihm einst gab, zurück:
Sein Anblick, seine Klänge, Träume voller Glück
und Lachen unter Freunden, Freundlichkeit,
Im Herzen Frieden und von Englands Himmel überspannt.

(Nachdichtung von U.E.)

Rupert Brooke, am 3. August 1887 in Rugby im englischen Warwickshire geboren und am 23. April 1915 an Bord eines Truppentransporters im Mittelmeer gestorben, zählte zu den ersten Dichtern, den "war poets", deren zentrales Thema der "große Krieg", the Great War, the War To End All Wars, also die Urkatastrpohe des zwanzigsten Jahrhunderts war, dessen (wenige) Gedichte allein darum kreisen, die der Versuch sind, dieser existentiellen Katastrophe, diesem Bruch mit allem, was das neunzehnte Jahrhundert als bisherige Kulmination der abendländischen Zivilisation geprägt hatte, was es nach den Napoleonischen Kriegen überwunden und gebannt geglaubt hatte und das es jetzt als unabsehbares Gemetzel heimsuchte, einen Sinn zu unterlegen, einen Halt, an den sich die Hoffnung auf das unverbrüchliche Menschsein klammern konnte  -jenseits der Anfeuerungs- und Durchhalteverse, wie sie die Kriegslyrik aller am Krieg beteiligten Mächte (besonders allerdings auf der deutschen Seite) auszeichnete. Brookes Sonette trafen diesen Nerv: hier etwas Unverbrüchliches, Überzeitliches berührt zu haben. Seine Sonette IV (The Dead) und V (das hier zitierte "The Soldier") wurden am 11. März 1915 auf der Titelseite des Times Literary Supplement abgedruckt und "The Soldier" am Ostersonntag vor der Predigt von der Kanzel der St. Paul's Cathedral gelesen. Gerade der Ruhm dieser jedermann geläufigen Verse, ihre Trostfunktion, hat in den Jahren nach dem Krieg Brookes Reputation als Dichter nicht gutgetan: ihnen wurde vorgeworfen, die Schrecken des Kriegs, des millionenfachen Krepieren im Schützengraben, mit Seinsfrömmigkeit und hübschem Versgeklingel zu übertünchen - letztlich also die angebliche "Verlogenheit" des dulce et decorum, mit der die "Kriegsgewinnler", die zuhausegebliebenen Älteren eine ganze Generation der Jüngeren ins Verderben schickte, zu bedienen. Diese zynische Sicht (deren erste Manifestationen sich 1916 in den Albereien der Dadaisten in Zürich zeigten) hat die Haltung vieler, wenn nicht der meisten Künstler und Autoren in der darauffolgenden Zwischenkriegszeit geprägt.

Es liegt, bei aller Tragik auch über dieses zu früh beendete Leben, nichtsdestotrotz eine gewisse und auf ihre Weise ebenso zynisch anmutende Ironie darin beschlossen. Anders als andere War Poets, wie etwa Wilfried Owen oder Edward Thomas, starb Brooke nicht auf den metertief von Granaten umgepflügten Schlachtfeldern Flanderns, erstickte nicht an den Schwaden von Senfgas oder Sarin. Er starb an den Folgen eines Mückenstichs, der sich entzündete und einen toxischen Schock auslöste, an Bord eines Truppentransporters, der ihn nach Gallipoli bringen sollte - wo im Monat darauf die englischen (und das Gros der australischen und neuseeländischen Truppen) ihre desaströse Niederlage beim Versuch, an der türkischen Küste zu landen, hinnehmen mußten.  



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U.E.

© Ulrich Elkmann. Für Kommentare bitte hier klicken.