Dies ist kein politischer Artikel. Es ist auch kein
technischer Artikel. Es ist auch, anders als sonst, keine Aufforderung zum
Gedankenaustausch. Es sind meine persönlichen Gedanken zu Moderation,
Metadiskussion und Höflichkeit in Diskussionsforen im Allgemeinen. Doch auch
wenn es meine Gedanken sind, so spreche ich an dieser Stelle ebenso für meine
Mitautoren (auch wenn sie meinen gleich kommenden Vergleich vielleicht nicht
ganz so kitschig sehen mögen). Es sind meine Gedanken und entsprechend sind sie
gefärbt.
Kommen wir zum ersten Teil: Warum wir moderieren. Wir
moderieren, weil Zettels kleines Zimmer etwas ganz Besonderes ist. Das ist
vielen gar nicht so bewusst, aber ich darf, als inzwischen mehr als 20-jähriger
Nutzer von Netzforen eines klar sagen: Niveau, Ton und Umgang sind in Zettels
kleinem Zimmer, soweit mir bekannt, im deutschen Internet einmalig. Es gibt,
zumindest im technischen Bereich, teilweise fachlich hervorragende Foren und es
gibt ebenso kleinere Foren, in denen eine gute Stimmung herrscht, was sich
vielfach daraus speist, dass sich Leute auch im realen Leben kennen. Aber ich
kenne kein offenes Forum, insbesondere kein politisches, wo ein derart
höflicher Umgang stattfindet und gelebt wird. Das ist die besondere Leistung
des Gründers und ist seinem nicht nachlassenden Furor geschuldet eine
Diskussion nur auf dem von ihm geforderten und erwarteten Niveau führen zu
wollen. Das ist für uns Autoren sowohl ein Vermächtnis, dass Zettel uns
hinterlassen hat, als auch der Grund, warum wir nahezu jeden Tag hier sind.
Wenn ich erklären möchte, was das für mich bedeutet, so
möchte ich Sie, lieber Leser, auffordern sich auf meinen folgenden, etwas
blumigen, respektive kitschigen, Vergleich einzulassen. Denn ich stelle mir gerne
eine wirklich gemütliche, kleine Kneipe vor:
Ich stelle mir den Kollegen vor, der hinter der Bar steht,
der andere Kollege in der Küche (ich nenne jetzt keinen Namen, wen ich wo
assoziiere),
ich stelle mir den einen vor, der immer vor den anderen Gästen da ist, ebenso
wie den, der die Tische abräumt. Ich kann mir so diverse Stereotypen vorstellen,
und welche Rolle gut zu wem passt (so eine Mischung aus dem Cheers und dem
Lite-N-Easy). Und über der Bar hängt irgendwo ein ganz bestimmtes Portrait von
Zettel das die meisten wohl noch vor Augen haben. Und ebenso irgendwo sehe ich
mich da auch selber drin. Und ich komme gerne her. Wenn ich kann, jeden Abend.
Es ist ein Ort wo ein freundlicher Ton herrscht, wo nicht rumgepöbelt wird, wo
nicht geschrien wird, wo Menschen unterschiedlicher Meinung sind und dennoch
miteinander anstoßen. Das heißt nicht, dass jeder miteinander redet und es
heißt auch nicht, dass sich jeder mag. Aber es bedeutet, dass einer nicht dem
anderen ins Gesicht spuckt oder sich über seine Aussprache lustig macht. Es
bedeutet, dass niemand mit seinem Titel oder seiner Stellung kokettiert oder
über des Anderen Bildung oder Aussehen lacht. Ich mag diesen Ort und ich
möchte, dass er genau so erhalten bleibt. Damit ich morgen auch gerne
wiederkomme.
Dazu braucht es aber ein paar Voraussetzungen: Es braucht
Respekt vor dem anderen, auch wenn ich ihn nicht mag. Es braucht Respekt vor
denjenigen, die dort arbeiten. Es braucht die Bereitschaft sich auch mal
zurückzunehmen. Es braucht die Einsicht auch mal zurückzustecken, wenn man zu
Recht gewiesen wird. Es braucht die Notwendigkeit zu unterscheiden zwischen
Gefühl und Argument. Und es braucht auch ein gewisses Verständnis für
gemeinsame Werte. Wer unsere Grundwerte in Frage stellt (den demokratischen
Rechtsstaat), der ist so weit von uns entfernt, dass dieser mit der Atmosphäre,
die bei uns herrscht, nicht zusammenpasst. Wer gerne in einer Diskussion mal
die Fäuste auspackt und „auf die Straße“ möchte, kann das gerne tun, aber nicht
bei uns.
Wenn wir moderieren, dann tun wir das, um genau das zu
erreichen. Wir müssen dazwischen gehen, wenn jemand die Regeln verletzt, die
unseren Raum erhalten und wir müssen auch schon einmal den einen oder anderen
Gast vor die Tür setzen. Letzteres ist besonders traurig, aber es hat nicht
jeder Platz in Zettels Raum, so lange Zettels Raum der Ort sein soll, den wir
uns vorstellen. Es darf ein jeder einmal das „Experiment“ machen und sich
andere Foren ansehen, da schaudert es einen teilweise in welchem Ton sich die
Leute angiften. Würden wir nur moderieren was wirklich strafbar ist, dann wäre
unser Zimmer ein gänzlich anderes und vermutlich eines, in das ich nicht jeden
Tage gerne wiederkomme.
Kommen wir zum zweiten Teil: Warum wir nicht darüber reden.
Das ist etwas, was erst recht von vielen nicht verstanden wird, aber auch das
lässt sich erklären. Wir reden nicht darüber, weil alle Erfahrung lehrt, dass
Metadiskussionen die Atmosphäre noch weit mehr vergiften als der eigentliche
Konflikt es schon getan hat. Warum das im Einzelnen so ist, kann man lange
diskutieren, es ist ein Erfahrungswert, den man sich ebenso zulegen kann, wenn
man Netzforen lange begleitet. Mir erscheint es ein Effekt zu sein, der viel
mit dem zu tun hat, was man auch im Fußball beobachten kann. Pfeift der Schiri
ein Foul, so stürmen vollkommen unabhängig von der Korrektheit der Entscheidung,
mehrere Spieler beider Mannschaften herbei und reden auf den Schiri ein. Auch
der Foulspieler selber hebt gewohnheitsmäßig die Hand: „Ich war das nicht“.
Natürlich weiß er, dass er kein Recht bekommt, aber die Hoffnung geht dahin den
Schiri wenigstens zukünftig für sich einzunehmen. Wenn wir jedes mal, wenn wir
etwas moderieren müssen (was wir nicht gerne tun), dann eine solche
Sinnlosdiskussion führen müssten, hätten wir ebenso jedes Mal das darunter
liegende Thema verdorben. Das wollen wir nicht und das bringt auch nichts.
Deswegen unterbinden wir die Diskussion. Nicht weil wir uns für unfehlbar
halten, wir machen mit Sicherheit genug Fehler, sondern weil die Diskussion in
aller Regel noch mehr Schaden anrichtet. Es ist naheliegend, dass das oftmals
einen gewissen Grad an Willkür aufweist. Damit muss man, auch wenn es einem
schwer fällt, leben. Das ist der Preis dafür, dass wir Themen besprechen und
nicht permanent um den eigene Bauchnabel kreisen.
Ich habe selbst oft genug auf der anderen Seite gesessen.
Und ich habe Metadiskussionen angefangen. Es hat nie eine einzige das
betreffende Forum besser gemacht. Foren werden gut durch niveauvolle
Diskussion, nicht durch Metadiskussion. Ein Moderator wird viel mehr Rücksicht
auf jemanden nehmen, der etwas interessantes beizutragen weiß, als auf
jemanden, der motzt, weil er sich nicht ausdrücken darf, wie er gerne möchte.
Erlauben Sie mir zum letzten Teil zu kommen, und zu
beschreiben, was wir nicht sind, lieber Leser. Wir sind nicht das
Wahrheitsministerium, wir sind nicht das Amt für freie Meinungsäußerung, wir
sind nicht die Abteilung für Verschwörungen und wir sind auch nicht die
Telefonseelsorge. Die Fakten, die wir präsentieren entstammen in aller Regel
frei zugänglichen Quellen und die Meinungen, die wir äußern, sind unsere
persönlichen Gedanken. Und die sind zwangsnotwendig subjektiv, zweifelnd und am
Ende eben genau das, Meinungen. Wir haben keine endgültigen Wahrheiten
anzubieten und wir suchen auch keine endgültige Wahrheit.
Was wir dagegen sind ist eine ziemlich bunte Truppe von
Leuten, die Informationen aufbereiten, ihre Meinungen zur Diskussion stellen
und einen regen Austausch mit anderen darüber suchen. Wer sich unseren Regeln
(und das sind nicht viele) unterwirft ist gerne willkommen sich mit uns
auszutauschen. Darüber freuen wir uns, dafür machen wir uns die Mühe. Und wenn
Sie doch einmal gerüffelt werden, hilft es vielleicht, sich einfach die Theke
vorzustellen, an der wir stehen. Da nimmt man es auch mal hin, wenn das Glas
runtergefallen ist und man wird sich auch den Schlüssel abnehmen lassen, auch
wenn das natürlich ein Eingriff in die persönliche Freiheit ist.
In dem Sinne.
Llarian
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