15. Oktober 2013

Vom Glück des Rennfahrens


Bald ist mal wieder Winter und manch motorsportbegeisterter Fernsehzuschauer stellt sich Fragen der Art, wie sie normalerweise immer ihm gestellt werden.
Was so interessant daran sein soll, Menschen dabei zuzuschauen, wie sie immer im Kreis herumfahren und zwischendurch kurz unterbrechen, was dann über Sieg und Niederlage entscheidet.
Also liegt der Unterschied zwischen der Formel 1 und dem Biathlon nicht in der Motorisierung, sondern in der Popularität.
Denn Motorsport ist im Autoland Deutschland mittlerweile leider ideologisch ähnlich geächtet wie die Kernkraft und entzieht sich damit einer rationalen Betrachtung. Dennoch träfe das, was ich in diesem Beitrag beschreibe, selbstverständlich auch auf den Biathlon zu, aber anhand der Formel 1 war es dank eines neuen Films in den Kinos inspirierender.

Der Fahrer eines Rennwagens scheint eins zu werden mit seiner Maschine – mehr noch: er passt sie sich selbst an, um seine Stärken mit ihrer Hilfe ausschlaggebend für den Sieg einzusetzen.
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Die Persönlichkeit, der Charakter des Rennfahrers, entscheidet dabei, welche dieser Stärken er einsetzt. Grob zusammengefasst geht es dabei um zwei Profile. Gegenübergestellt und in ihrem Wettbewerb gegeneinander hervorragend beschrieben in dem Kinofilm „Rush“, der zur Zeit läuft.
Ich möchte hier nicht den Film besprechen, nicht die exzellente schauspielerische Leistung von Daniel Brühl und nicht die Geschichte von Niki Lauda, einem der wohl außergewöhnlichsten Rennfahrer aller Zeiten.

Was Rennfahrer treibt, ist das Glück. Nicht der Wahnsinn mit dem eigenen Leben zu spielen. Sondern auf eine sehr intensive Weise die Faktoren kennenzulernen, welche das Leben lebenswert machen. Sie teilen sich dabei in die gleichen zwei Typen auf, die sich auch bei den meisten nicht rennfahrenden und das Glück suchenden Menschen, bilden.
In planende, berechnende und analysierende Menschen die dauerhaftes oder zumindest langfristiges Glück suchen und das kurze Glück als Illusion ansehen.
Und in Menschen die den Spaß an einer Sache und allem was mit ihr zusammenhängt, als das Glück empfinden. In seinem langfristigen Erhalt allerdings nur eine Illusion sehen.
Wenn des einen Illusion, das Glück des anderen ist, so nur deshalb, weil man nicht zwei Typen gleichzeitig sein kann.
Die Bewunderung der beiden Rennfahrer Niki Lauda und James Hunt füreinander, fusst m.E. auf dieser Erkenntnis.

Sowie in der Gewissheit, während des Rennens im Flow-Zustand das gleiche Glück zu empfinden, um nicht zu sagen das wahre, pure Glück.
Der Prozess der Fokussierung aller Wahrnehmungen auf die Steuerung des Rennwagens, lassen Körper und Identität aus dem Bewusstsein verschwinden. Die volle Aufmerksamkeit der Sinnesorgane ist dem Rennwagen gewidmet, nichts anderem. Die optimalen, perfekten Bewegungsabläufe auf diesem hohen Anforderungsniveau „fließen“ aus dem Fahrer. In diesem Zustand haben beide das gleiche Glückserlebnis.

Um den Flow-Zustand zu erreichen, gehen die Vertreter beider Gruppen jedoch verschiedene Wege:
Der Partytyp geht über die Erregung. Er feiert viel, setzt seinen Körper unter Druck und schafft eine Überforderung. Diese gleicht er durch den Ausbau seiner Fähigkeiten aus, diverse Handicaps wie Schlafmangel, Blutalkohol und ein abwechslungsreiches Sexualleben zu kompensieren – will er weiter Rennen gewinnen.
Der kontrollierende Typ erhöht die Herausforderung, in dem er das Auto verbessert und noch präziser auf sein bevorzugtes Fahrverhalten abstimmt.

Die Ausbalancierung von Anforderung und Fähigkeit ist Vorraussetzung für den Flow.
Beide Typen treibt das Streben nach dem persönlichen Glück, nach der Ekstase. Nach der Wiederholung des Flow.

Das geschieht natürlich auch außerhalb des Formel 1 Zirkusses.
Immer dann, wenn jemand bei dem was er tut, das Beste gibt.
Wenn man genau weiß was man als nächstes tun wird, ein Feedback bekommt, die Zeit vergisst – und sich selbst.

Dann ist man glücklich.


Erling Plaethe


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