No one can doubt the important role that prayer plays in the spiritual life of a believer. (...)
However, recognizing the importance of prayer to many people does not mean that the government may enact a statute in support of it, any more than the government may encourage citizens to fast during the month of Ramadan, attend a synagogue, purify themselves in a sweat lodge or practice rune magic. In fact, it is because the nature of prayer is so personal and can have such a powerful effect on a community that the government may not use its authority to try to influence an individual’s decision whether and when to pray.
(Niemand kann die wichtige Rolle anzweifeln, die das Gebet im spirituellen Leben eines Gläubigen spielt. (...)
Wenn man die Bedeutung des Betens für viele Menschen anerkennt, bedeutet das jedoch nicht, daß die Regierung es durch einen Erlaß unterstützen darf, so wenig, wie die Regierung es Bürgern nahelegen darf, während des Monats Ramadan zu fasten, eine Synagoge zu besuchen, sich in einer Schwitzhütte zu reinigen oder Runenmagie zu praktizieren. Gerade deshalb, weil das Gebet seinem Wesen nach so persönlich ist und so starke Wirkungen auf eine Gemeinschaft haben kann, darf die Regierung ihre Macht nicht zu dem Versuch verwenden, die Entscheidung eines jeden Menschen, ob und wann er betet, zu beeinflussen.)
Barbara B. Crabb, Richterin am Bundesgericht für den westlichen Distrikt von Wisconsin, in einem Urteil vom 10. April 2010.
Kommentar: Das Urteil gibt einer Klage der Freidenker-Organisation Freedom From Religion Foundation (Stiftung Freiheit von Religion) statt, die gegen Präsident Obama und dessen Regierungssprecher Gibbs geklagt hatte. Anlaß der Klage war ein Erlaß des Präsidenten gewesen, am morgigen Donnerstag in den USA einen "Nationalen Gebetstag" zu feiern.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; das amerikanische Justizministerium hat inzwischen angekündigt, in Berufung zu gehen. Der Nationale Gebetstag wird also morgen stattfinden.
Sie wundern sich, daß ausgerechnet Barack Obama, der bisher nicht eben als ein besonders religiöser Präsident hervorgetreten ist, einen solchen Erlaß unterzeichnet hat?
Nein, das war nicht Obamas Idee. Die Geschichte des National Day of Prayer kann man in der Wikipedia lesen: Er geht auf ein Gesetz vom 17. April 1952 zurück, das von dem Prediger Billy Graham angeregt worden war und das jeden Präsidenten der USA verpflichtet, für ein Datum seiner Wahl einen Nationalen Gebetstag festzusetzen. Im Jahr 1988 wurde das Gesetz revidiert; seitdem liegt der Gebetstag auf dem ersten Donnerstag im Mai. Es bedarf aber nach wie vor eines jeweiligen Erlasses des Präsidenten, um ihn jedes Jahr zu proklamieren.
Einige Präsidenten haben zu diesem Tag spezielle Veranstaltungen organisieren lassen; jährlich oder einmal in ihrer Amtszeit. Präsident Obama hat das 2009 nicht getan. Auch für dieses Jahr ist es offenbar nicht geplant.
Im Vorfeld dieses Tags hat Gallup am ersten und zweiten Mai dieses Jahres im Auftrag der Zeitung USA Today eine Umfrage mit 1000 Befragten durchgeführt. Interessanteste Ergebnisse:
Die Diskussion um den Tag des Gebets spiegelt die Situation in den USA wider, wo einerseits sich die Gesellschaft in ihrer großen Mehrheit als religiös versteht, wo aber andererseits der Staat zu religiöser Neutralität verpflichtet ist. Der Streit geht im Kern um die Frage, ob diese Neutralität nur gegenüber unterschiedlichen Religionen und Bekenntnissen gilt, oder ob sie sich auch auf die Minderheit der Atheisten und Agnostiker erstreckt.
Die Diskussion wird, wie meist in den USA, gründlich und mit einem Traditionsbewußtsein geführt, das uns in Deutschland weitgehend abhanden gekommen ist. Hier geht es um den Ersten Verfassungszusatz von 1791:
Damit hat sich immer wieder das Oberste Gericht der USA beschäftigt. Die Kontroverse geht aber bis in die Gründungszeit der USA zurück. Wer sich dafür interessiert, der findet hier, wie sich zwei Verfassungsväter, Thomas Jefferson und James Madison, dazu geäußert haben.
However, recognizing the importance of prayer to many people does not mean that the government may enact a statute in support of it, any more than the government may encourage citizens to fast during the month of Ramadan, attend a synagogue, purify themselves in a sweat lodge or practice rune magic. In fact, it is because the nature of prayer is so personal and can have such a powerful effect on a community that the government may not use its authority to try to influence an individual’s decision whether and when to pray.
(Niemand kann die wichtige Rolle anzweifeln, die das Gebet im spirituellen Leben eines Gläubigen spielt. (...)
Wenn man die Bedeutung des Betens für viele Menschen anerkennt, bedeutet das jedoch nicht, daß die Regierung es durch einen Erlaß unterstützen darf, so wenig, wie die Regierung es Bürgern nahelegen darf, während des Monats Ramadan zu fasten, eine Synagoge zu besuchen, sich in einer Schwitzhütte zu reinigen oder Runenmagie zu praktizieren. Gerade deshalb, weil das Gebet seinem Wesen nach so persönlich ist und so starke Wirkungen auf eine Gemeinschaft haben kann, darf die Regierung ihre Macht nicht zu dem Versuch verwenden, die Entscheidung eines jeden Menschen, ob und wann er betet, zu beeinflussen.)
Barbara B. Crabb, Richterin am Bundesgericht für den westlichen Distrikt von Wisconsin, in einem Urteil vom 10. April 2010.
Kommentar: Das Urteil gibt einer Klage der Freidenker-Organisation Freedom From Religion Foundation (Stiftung Freiheit von Religion) statt, die gegen Präsident Obama und dessen Regierungssprecher Gibbs geklagt hatte. Anlaß der Klage war ein Erlaß des Präsidenten gewesen, am morgigen Donnerstag in den USA einen "Nationalen Gebetstag" zu feiern.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; das amerikanische Justizministerium hat inzwischen angekündigt, in Berufung zu gehen. Der Nationale Gebetstag wird also morgen stattfinden.
Sie wundern sich, daß ausgerechnet Barack Obama, der bisher nicht eben als ein besonders religiöser Präsident hervorgetreten ist, einen solchen Erlaß unterzeichnet hat?
Nein, das war nicht Obamas Idee. Die Geschichte des National Day of Prayer kann man in der Wikipedia lesen: Er geht auf ein Gesetz vom 17. April 1952 zurück, das von dem Prediger Billy Graham angeregt worden war und das jeden Präsidenten der USA verpflichtet, für ein Datum seiner Wahl einen Nationalen Gebetstag festzusetzen. Im Jahr 1988 wurde das Gesetz revidiert; seitdem liegt der Gebetstag auf dem ersten Donnerstag im Mai. Es bedarf aber nach wie vor eines jeweiligen Erlasses des Präsidenten, um ihn jedes Jahr zu proklamieren.
Einige Präsidenten haben zu diesem Tag spezielle Veranstaltungen organisieren lassen; jährlich oder einmal in ihrer Amtszeit. Präsident Obama hat das 2009 nicht getan. Auch für dieses Jahr ist es offenbar nicht geplant.
Im Vorfeld dieses Tags hat Gallup am ersten und zweiten Mai dieses Jahres im Auftrag der Zeitung USA Today eine Umfrage mit 1000 Befragten durchgeführt. Interessanteste Ergebnisse:
93 Prozent glauben, daß es einen Gott gibt. 83 Prozent glauben, daß dieser Gott Gebete erhört. Eine Untergruppe von 500 Personen wurde gefragt, ob sie den Nationalen Tag des Gebets begrüßen, ihn ablehnen oder ob ihnen das gleichgültig ist. 57 Prozent sagten, sie begrüßten ihn. Nur 4,5 Prozent lehnten ihn ab. 38 Prozent sagten, er sei ihnen gleichgültig. Eine zweite Untergruppe von 500 Befragten sollten sich zustimmend oder ablehnend zu der Zielsetzung christlicher Gruppen äußern, an diesem Tag solle "das christliche Gebet gefördert und in die Öffentlichkeit getragen" werden. 62 Prozent waren dafür, 39 Prozent dagegen.
Die Diskussion um den Tag des Gebets spiegelt die Situation in den USA wider, wo einerseits sich die Gesellschaft in ihrer großen Mehrheit als religiös versteht, wo aber andererseits der Staat zu religiöser Neutralität verpflichtet ist. Der Streit geht im Kern um die Frage, ob diese Neutralität nur gegenüber unterschiedlichen Religionen und Bekenntnissen gilt, oder ob sie sich auch auf die Minderheit der Atheisten und Agnostiker erstreckt.
Die Diskussion wird, wie meist in den USA, gründlich und mit einem Traditionsbewußtsein geführt, das uns in Deutschland weitgehend abhanden gekommen ist. Hier geht es um den Ersten Verfassungszusatz von 1791:
Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof; or abridging the freedom of speech, or of the press; or the right of the people peaceably to assemble, and to petition the government for a redress of grievances."Congress shall make no law respecting an establishment of religion" - auf diese sogenannte Establishment Clause hat sich die Richterin Crabb bei ihrer Entscheidung bezogen. Aber natürlich kann man unterschiedlich interpretiere, was mit "respecting an establishment of religion" genau gemeint ist. Und da verfährt man in den USA, anders als in Deutschland, oft so, daß man herauszufinden versucht, was die Väter der Verfassung denn gemeint haben.
Der Kongreß darf kein Gesetz beschließen, das Religion als etabliert anerkennt oder deren freie Ausübung behindern; oder die Freiheit des Worts oder der Presse einschränken; oder das Recht des Volks, sich friedlich zu versammeln und sich mit Beschwerden an die Regierung zu wenden.
Damit hat sich immer wieder das Oberste Gericht der USA beschäftigt. Die Kontroverse geht aber bis in die Gründungszeit der USA zurück. Wer sich dafür interessiert, der findet hier, wie sich zwei Verfassungsväter, Thomas Jefferson und James Madison, dazu geäußert haben.
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