Daß Barack Obama im November 2012 der Kandidat der Demokraten sein wird, ist so gut wie ausgemacht. Nur dann, wenn er physisch ausfallen sollte, könnte ein anderer an seine Stelle treten. Weil das so ist, richtet sich die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Kandidaten der Republikaner. Auch diese Serie hat sich bis jetzt überwiegend mit dem Vorwahlkampf der Republikanischen Partei (GOP) befaßt.
Aber wenn Obama auch nicht in den Vorwahlkampf muß, so braucht er doch eine Strategie für den eigentlichen Wahlkampf; für einen Wahlkampf, der schon im Gang sein wird, wenn der Kandidat der GOP am 27. August in Tampa, Florida, formell auf den Schild gehoben wird. An dieser Strategie arbeiten Obamas Helfer jetzt.
Es wird für Obama ein schwerer Wahlkampf werden. Der US-Wirtschaft geht es schlecht, und die Unzufriedenheit mit seiner Amtsführung nimmt ständig zu. Das keynesianische Experiment Obamas, durch eine massive Steigerung der Staatsausgaben (und damit der Verschuldung des Staats) die Wirtschaft in Schwung zu bringen, hat bisher nichts gebracht (siehe "Aufschwung in Richtung Etatismus". Warum in den USA die Debatte über die Obergrenze der Verschuldung so erbittert geführt wird; ZR vom 26. 7. 2011). Mit seiner Gesundheitspolitik hat er die Amerikaner nicht vereint, sondern gespalten.
Politiker, die vor einer wichtigen Wahl innenpolitisch schlecht dastehen, sind oft in der Versuchung, die Flucht in die Außenpolitik anzutreten. Nicolas Sarkozy hat das Anfang dieses Jahres so gehandhabt, als er ohne Not und bar jeder Rechtfertigung die Nato-Intervention in Libyen herbeiführte. Sie sollte ihm helfen, im kommenden Frühjahr wiedergewählt zu werden (siehe Scharia, Chuzpe, Sarkozy. Nachrichtensplitter zum freien Libyen; ZR vom 24. 10. 2011).
Barack Obama hat sich damals der Intervention in Libyen angeschlossen; auch er auf der Suche nach außenpolitischen Erfolgen. Am vergangenen Freitag zählte Charles Babington in einem Artikel für Associated Press das auf, was seine Helfer als vier außenpolitische Erfolge Obamas ansehen:
Aber läßt sich darauf ein Wahlsieg bauen? Kaum.
Zum einen zeigt dieselbe Umfrage (wieder einmal), daß den Amerikanern die Innenpolitik wichtiger ist als die Außenpolitik; nicht weniger als 93 Prozent stuften die Wirtschaftspolitik als wichtig oder sehr wichtig ein.
Zum anderen sind zwei getötete Feinde und zwei Länder in einer prekären Lage doch etwas wenig, um das als große außenpolitische Erfolge zu verkaufen. Wenn in gut einem Jahr der Präsident gewählt wird und dann in Libyen das zu erwartende Chaos herrscht, während der Irak auf dem Weg zum Vasallen Teherans ist, könnte der amerikanische Wähler sich sehr wohl fragen, wo denn da eigentlich die Erfolge sind.
Was tun? In der New York Times hat ebenfalls am vergangenen Freitag Richard W. Stevenson die zu erwartende Strategie der Obama-Leute analysiert. Sein Fazit: Obama werde versuchen, es George W. Bush nachzumachen; dessen erfolgreichen Wahlkampf von 2004 zu imitieren.
Bush hatte ähnlich schlechte Umfragewerte gehabt wie jetzt Obama. Eine Zeitlang sah es so aus, als könne ihn sein demokratischer Gegenkandidat, der smarte und weltgewandte Senator John Kerry, leicht schlagen. Ein Millionär ähnlich wie jetzt der wahrscheinliche Gegenkandidat Obamas, Mitt Romney. Souverän wie dieser; an Politik interessiert, aber nicht auf sie angewiesen.
Das hatten damals Bushs Wahlkampf-Strategen gegen Kerry zu wenden gewußt. Damit Bush siegte, mußte eine narrative geschaffen werden; ein Schema, das Bush und Kerry kontrastierte. Die Lösung war die Erfindung von "flip-flop Kerry"; eines Kerry, der mal dieses, mal jenes vertritt. Ein Bruder Leichtfuß. Ihm wurde ein konsequenter, mutiger, verantwortungsbewußter, hart arbeitender George W. Bush gegenübergestellt. Das saß.
Mitt Romney ist nicht nur wie Kerry Millionär und nicht nur wie dieser ein souveräner Mann, der nicht unbedingt die Politik braucht, um erfolgreich zu sein. Sondern auch bei ihm gibt es Schwachstellen, die man für ein "flip-flop"-Image nutzen könnte; beispielsweise bekämpft er jetzt Obamas Gesundheitspolitik, hat aber als Gouverneur von Massachussetts ein ähnliches Programm befürwortet.
Aber eignet sich Barack Obama auch für die Rolle des mutigen, konsequenten Präsidenten? Stevenson zitiert Matthew Dowd, der 2004 in Bushs Wahlkampfteam arbeitete, 2008 aber für Obama stimmte. Er meint, daß diese Rolle schlecht zu Obama paßt, und daß der Wähler das merken werde.
Der amerikanische Wähler suche nach einem "strong and decisive leader at a time of anxiety and challenge", meint Dowd - nach einer starken, entscheidungsfreudigen Führungspersönlichkeit in Zeiten der Angst und der Herausforderung. Um das zu verkörpern, müsse der Betreffende diese Werte selbst haben. Und Obama hätte sie nicht, meint Dowd.
In den Artikeln der Serie zu den Präsidentschaftswahlen 2008 habe ich den Kandidaten Obama gern ein Chamäleon genannt (siehe zum Beispiel Barack Obama, der Opportunist; ZR vom 28. 6. 2008). Er war mal links, mal als Mann der Mitte der große Einiger; mal der Heilsbringer und mal der kühle Staatsmann. Als Präsident gab er anfangs den Friedensfürsten mit der ausgestreckten Hand. Seit einigen Monaten präsentiert er sich als der beinharte Kämpfer gegen Diktatoren und Terroristen.
Und so jemand soll sich nach dem Vorbild Bushs als der Mann verkaufen lassen, der mutig Kurs hält, während seinem Gegenspieler ein "flip-flop"-Etikett aufgepappt werden soll? Das wird schwerlich funktionieren.
Aber wenn Obama auch nicht in den Vorwahlkampf muß, so braucht er doch eine Strategie für den eigentlichen Wahlkampf; für einen Wahlkampf, der schon im Gang sein wird, wenn der Kandidat der GOP am 27. August in Tampa, Florida, formell auf den Schild gehoben wird. An dieser Strategie arbeiten Obamas Helfer jetzt.
Es wird für Obama ein schwerer Wahlkampf werden. Der US-Wirtschaft geht es schlecht, und die Unzufriedenheit mit seiner Amtsführung nimmt ständig zu. Das keynesianische Experiment Obamas, durch eine massive Steigerung der Staatsausgaben (und damit der Verschuldung des Staats) die Wirtschaft in Schwung zu bringen, hat bisher nichts gebracht (siehe "Aufschwung in Richtung Etatismus". Warum in den USA die Debatte über die Obergrenze der Verschuldung so erbittert geführt wird; ZR vom 26. 7. 2011). Mit seiner Gesundheitspolitik hat er die Amerikaner nicht vereint, sondern gespalten.
Politiker, die vor einer wichtigen Wahl innenpolitisch schlecht dastehen, sind oft in der Versuchung, die Flucht in die Außenpolitik anzutreten. Nicolas Sarkozy hat das Anfang dieses Jahres so gehandhabt, als er ohne Not und bar jeder Rechtfertigung die Nato-Intervention in Libyen herbeiführte. Sie sollte ihm helfen, im kommenden Frühjahr wiedergewählt zu werden (siehe Scharia, Chuzpe, Sarkozy. Nachrichtensplitter zum freien Libyen; ZR vom 24. 10. 2011).
Barack Obama hat sich damals der Intervention in Libyen angeschlossen; auch er auf der Suche nach außenpolitischen Erfolgen. Am vergangenen Freitag zählte Charles Babington in einem Artikel für Associated Press das auf, was seine Helfer als vier außenpolitische Erfolge Obamas ansehen:
Gemessen an dem, was man früher einmal außenpolitische Erfolge nannte - den Abschluß von Verträgen, die Verbesserung des Verhältnisses zu anderen Mächten; dergleichen - mag diese Liste ein wenig seltsam erscheinen. Unter wahlstrategischen Gesichtspunkten macht sie aber Sinn: Obama stellt sich als ein Präsident dar, der jedenfalls nicht soft on terrorism ist, weich gegenüber dem Terrorismus. In einer Umfrage für AP waren 64 Prozent der Befragten mit seiner Leistung beim Kampf gegen den Terrorismus einverstanden, aber nur 40 Prozent mit seiner Wirtschaftspolitik.Die Tötung Osama bin Ladens am 2. Mai in Pakistan, die Tötung des Kaida-Führers Anwar al-Awlaki im Jemen im vergangenen Monat, den vollständigen Abzug aus dem Irak bis Ende dieses Jahres, und jetzt den Sieg über Muamar al-Gaddafi.
Aber läßt sich darauf ein Wahlsieg bauen? Kaum.
Zum einen zeigt dieselbe Umfrage (wieder einmal), daß den Amerikanern die Innenpolitik wichtiger ist als die Außenpolitik; nicht weniger als 93 Prozent stuften die Wirtschaftspolitik als wichtig oder sehr wichtig ein.
Zum anderen sind zwei getötete Feinde und zwei Länder in einer prekären Lage doch etwas wenig, um das als große außenpolitische Erfolge zu verkaufen. Wenn in gut einem Jahr der Präsident gewählt wird und dann in Libyen das zu erwartende Chaos herrscht, während der Irak auf dem Weg zum Vasallen Teherans ist, könnte der amerikanische Wähler sich sehr wohl fragen, wo denn da eigentlich die Erfolge sind.
Was tun? In der New York Times hat ebenfalls am vergangenen Freitag Richard W. Stevenson die zu erwartende Strategie der Obama-Leute analysiert. Sein Fazit: Obama werde versuchen, es George W. Bush nachzumachen; dessen erfolgreichen Wahlkampf von 2004 zu imitieren.
Bush hatte ähnlich schlechte Umfragewerte gehabt wie jetzt Obama. Eine Zeitlang sah es so aus, als könne ihn sein demokratischer Gegenkandidat, der smarte und weltgewandte Senator John Kerry, leicht schlagen. Ein Millionär ähnlich wie jetzt der wahrscheinliche Gegenkandidat Obamas, Mitt Romney. Souverän wie dieser; an Politik interessiert, aber nicht auf sie angewiesen.
Das hatten damals Bushs Wahlkampf-Strategen gegen Kerry zu wenden gewußt. Damit Bush siegte, mußte eine narrative geschaffen werden; ein Schema, das Bush und Kerry kontrastierte. Die Lösung war die Erfindung von "flip-flop Kerry"; eines Kerry, der mal dieses, mal jenes vertritt. Ein Bruder Leichtfuß. Ihm wurde ein konsequenter, mutiger, verantwortungsbewußter, hart arbeitender George W. Bush gegenübergestellt. Das saß.
Mitt Romney ist nicht nur wie Kerry Millionär und nicht nur wie dieser ein souveräner Mann, der nicht unbedingt die Politik braucht, um erfolgreich zu sein. Sondern auch bei ihm gibt es Schwachstellen, die man für ein "flip-flop"-Image nutzen könnte; beispielsweise bekämpft er jetzt Obamas Gesundheitspolitik, hat aber als Gouverneur von Massachussetts ein ähnliches Programm befürwortet.
Aber eignet sich Barack Obama auch für die Rolle des mutigen, konsequenten Präsidenten? Stevenson zitiert Matthew Dowd, der 2004 in Bushs Wahlkampfteam arbeitete, 2008 aber für Obama stimmte. Er meint, daß diese Rolle schlecht zu Obama paßt, und daß der Wähler das merken werde.
Der amerikanische Wähler suche nach einem "strong and decisive leader at a time of anxiety and challenge", meint Dowd - nach einer starken, entscheidungsfreudigen Führungspersönlichkeit in Zeiten der Angst und der Herausforderung. Um das zu verkörpern, müsse der Betreffende diese Werte selbst haben. Und Obama hätte sie nicht, meint Dowd.
In den Artikeln der Serie zu den Präsidentschaftswahlen 2008 habe ich den Kandidaten Obama gern ein Chamäleon genannt (siehe zum Beispiel Barack Obama, der Opportunist; ZR vom 28. 6. 2008). Er war mal links, mal als Mann der Mitte der große Einiger; mal der Heilsbringer und mal der kühle Staatsmann. Als Präsident gab er anfangs den Friedensfürsten mit der ausgestreckten Hand. Seit einigen Monaten präsentiert er sich als der beinharte Kämpfer gegen Diktatoren und Terroristen.
Und so jemand soll sich nach dem Vorbild Bushs als der Mann verkaufen lassen, der mutig Kurs hält, während seinem Gegenspieler ein "flip-flop"-Etikett aufgepappt werden soll? Das wird schwerlich funktionieren.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Das Lansdowne-Porträt von George Washington, gemalt von Gilbert Stuart (1796). National Portrait Gallery der Smithsonian Institution. Das Porträt zeigt Washington, wie er auf eine weitere (dritte) Amtszeit verzichtet. Links zu allen Beiträgen dieser Serie finden Sie hier. Siehe auch die Serie Der 44. Präsident der USA von 2008.