22. Oktober 2011

Marginalie: Die Partei "Die Linke" und die Medien. "Gesellschaftliche Umgestaltung" von "revolutionärer Tiefe"

Lesen Sie einmal diese Passagen aus dem Entwurf für das Grundsatzprogramm der Partei "Die Linke" in der Fassung, in der er am 21./22. Mai 2011 vom Parteivorstand verabschiedet wurde:
DIE LINKE will demokratische Kontrolle und Mitbestimmung in der Wirtschaft und im Staat, in den Massenmedien, in Bildung, Wissenschaft und anderen Gesellschaftsbereichen ausbauen.

Demokratisch kontrollierte Medien

Medienmacht und Medienmanipulation sind eine Gefahr für die Demokratie.

Das Internet ist für DIE LINKE ein öffentliches Gut, die Netzinfrastruktur gehört unter gesellschaftliche Kontrolle und muss demokratisiert werden. Demokratische Medien erfordern demokratische Redaktionsstatuten, die Stärkung einer breiten Gegenöffentlichkeit sowie die Anwendung des Kartellrechts auf den Mediensektor.

Die Massenmedien befinden sich überwiegend im Besitz weniger Konzerne und Finanzinvestoren. Sie bestimmen mit, was wir lernen und wissen, worüber wir reden und was wir meinen sollten. Mediennutzung und Kontrolle durch Medien überlappen sich immer mehr. DIE LINKE kämpft gegen diese Spaltung, gegen Überwachung und Kontrolle, für Informations- und Meinungsäußerungs-freiheit und für die Stärkung öffentlichrechtlicher Medien.
Sie finden, das klingt doch ganz gut?

Dann überlegen Sie bitte kurz:

Was sind denn wohl "demokratisch kontrollierte Medien"? Wie kontrolliert man Medien überhaupt? Und wie nun gar "demokratisch"?

Was bedeutet "die Netzinfrastruktur gehört unter gesellschaftliche Kontrolle"? Wer soll da kontrollieren? Wie soll denn das Netz, das jetzt so pluralistisch ist, wie es nur geht, "demokratisiert" werden?

Was bedeutet "demokratische Kontrolle und Mitbestimmung ... in den Massenmedien" in den Augen der Partei "Die Linke"? Was meint diese Partei überhaupt mit "Demokratie"?

Wenn "demokratische Redaktionsstatuten" gefordert werden - wer sind denn dann diejenigen, die "demokratisch" entscheiden? Richtig, die Redakteure. Und von wem wurden diese demokratisch gewählt? Richtig, von niemandem. Was also strebt die Partei "Die Linke" mit "demokratischen Redaktionsstatuten" an?

Die Massenmedien befinden sich "überwiegend im Besitz weniger Konzerne und Finanzinvestoren" heißt es. Ja stimmt das denn?

Die elektronischen Massenmedien - Rundfunk und Fernsehen - sind bekanntlich zu einem erheblichen Teil öffentlich-rechtlich organisiert.

Von den überregionalen Tageszeitungen (laut Wikipedia sind das "Bild", "Die Welt", "Süddeutsche Zeitung", "Frankfurter Allgemeine", "Frankfurter Rundschau", "taz", "Neues Deutschland" und "Junge Welt") gehören genau zwei zu einem "Konzern". Fünf dieser acht Zeitungen lokalisieren sich hingegen im linken Spektrum, zwischen linksliberal und offen kommunistisch. So sieht die Medienmacht der "Finanzinvestoren" aus.



Habe ich Sie jetzt neugierig gemacht, mehr zu diesem Thema zu erfahren? Dann habe ich zwei Leseempfehlungen; eine dringende und eine eher beiläufige.

Beiläufig möchte ich Ihnen empfehlen, nachzulesen, was Oskar Lafontaine - vermutlich künftig wieder der starke Mann der Partei "Die Linke" - unter "Demokratie" versteht: Oskar Lafontaines Verständnis von Demokratie. Eine Spurensuche; ZR vom 21. 10. 2008. Sie werden staunen und dann besser verstehen, was seine Partei mit einer "Demokratisierung der Medien" meint.

Und jetzt meine dringende Leseempfehlung: Auf der WebSite der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit finden Sie eine gerade erschienene Analyse von Boris Eichler "Demokratisch kontrollierte Medien" – die Axt an der Pressefreiheit". Eichler beschäftigt sich ausführlich mit den medienpolitischen Forderungen der Partei "Die Linke" und deren Kontext. Unbedingt lesenswert!

Das Grundsatzprogramm dieser Partei, das an diesem Wochenende beschlossen werden wird, nennt als Zieli:
DIE LINKE kämpft in einem großen transformatorischen Prozess gesellschaftlicher Umgestaltung für den demokratischen Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Dieser Prozess wird von vielen kleinen und großen Reformschritten, von Brüchen und Umwälzungen mit revolutionärer Tiefe gekennzeichnet sein.
Die "demokratische Kontrolle" der Medien soll dabei ein wesentliches Instrument sein. Ein Instrument, mit dem es hinabgehen soll in die "revolutionäre Tiefe".
Zettel



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