11. Oktober 2011

Frankreich hat einen neuen Politstar. Einige Informationen über das Weltbild des Arnaud Montebourg. Ein Grüner in der Maske des Sozialisten

Er wird entscheiden, wer - sehr wahrscheinlich - der nächste Präsident Frankreichs wird: Arnaud Montebourg, der seit gestern der Königsmacher ist.

Nach der ersten Runde der sozialistischen primaires, der Vorwahlen, liegt François Hollande, wie zuvor von den Umfragen prognostiziert, an der Spitze (39 Prozent); gefolgt von Martine Aubry mit 31 Prozent (siehe François Hollande - der nächste Präsident Frankreichs?; ZR vom 9. 10. 2011). Aber keiner der beiden kann ohne die Unterstützung der 17 Prozent gewinnen, die für Arnaud Montebourg gestimmt haben.

Er hat das, was - außer dem nicht mehr angetretenen Dominique Strauss-Kahn - den anderen Kandidaten der Sozialisten fehlt: Glanz. Sex appeal, wenn man so will. Noch hat er sich nicht geäußert, ob er einen der beiden Kandidaten im zweiten Wahlgang unterstützen wird.

Wer ist dieser Mann?

Montebourgs Vater war ein französischer Beamter; seine Mutter, Leïla Ould Cadi, stammt aus dem Maghreb. Er hat in eine reiche Adelsfamilie eingeheiratet.

Ein Mann aus der französischen Oberschicht also; wäre da nicht der Makel, daß ihm das Höchste nicht gelang: Er scheiterte bei der Aufnahmeprüfung zur ENA, der Eliteschmiede für die absolut Besten in Politik und Verwaltung. Seine jetzigen Mitbewerber François Hollande und Ségolène Royal haben sich auf dieser Elite-Uni kennengelernt.



Montebourg ist ein Radikaler. Er will die Fünfte Republik abschaffen und an ihre Stelle eine Sechste Republik setzen, in welcher der Staatspräsident nur noch ungefähr die Rechte des deutschen Bundespräsidenten hätte. Er will zurück zur Vierten Republik.

Er tritt für den Beitritt der Türkei zur EU ein; auch Bosnien-Herzegowina und Albanien möchte er gern in der EU haben. Er tritt für eine démondialisation ein, eine Entglobalisierung also. Der Welthandel soll komplett ökologisch reglementiert werden:
Demain, aux frontières de l'Europe, il faudra faire en sorte que les produits importés payent le juste coût écologique et social défini par des accords bilatéraux. C’est une forme de conditionnalité à l’entrée des produits. Toutefois, il ne s’agit pas de pénaliser les pays du sud pour protéger le nord. Nos industries ne peuvent s’abstraire de l’effort de mutation. Elles aussi, via une taxe carbone, devront supporter le poids de la mutation.

La démondialisation repose ainsi sur la réciprocité et l’adaptation commune à de nouvelles normes. Les sommes ainsi récoltées aux différentes frontières pourraient alors être utilisées dans des fonds de conversion écologique des industries, prévus par le protocole de Kyoto.

Morgen muß es an den Grenzen Europas so zugehen, daß die eingeführten Produkte die gerechten ökologischen und sozialen Kosten beinhalten, die durch bilaterale Verträge festgelegt werden. Das muß die Voraussetzung für die Einfuhr von Waren sein. Aber die Länder des Südens dürfen nicht bestraft werden, um die Länder des Nordens zu schützen. Unsere Industrien dürfen sich nicht der Anstrengung des Wandels entziehen. Mittels einer CO2-Steuer müssen auch sie die Lasten des Wandels tragen.

Die Entglobalisierung beruht so auf Gegenseitigkeit und der gemeinsamen Anpassung an neue Normen. Die so an den einzelnen Grenzen eingezogenen Steuern könnten dann in einen Fonds für den ökologischen Wandel der Industrie eingebracht werden, wie ihn das Protokoll von Kyoto vorsieht.
Der neue Politstar Frankreichs ist ein Grüner in der Maske eines Sozialisten.
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Arnaud Montebourg auf dem "Republikanischen Bankett" der "Neuen Sozialistischen Partei" am 21. April 2005. Unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license freigegeben.