20. September 2010

Zitat des Tages: "Die individuelle Freiheit nach vorn stellen". Frank Schäffler über den "Liberalen Aufbruch"

Unser Mut zum Liberalismus meint, daß wir die individuelle Freiheit nach vorn stellen wollen. In allen Lebensbereichen, in allen Politikfeldern. Und die FDP zu einer umfassenden Rechtsstaatspartei machen wollen.

FDP-MdB Frank Schäffler im Interview mit Daniel Fallenstein und Florian Lindemann; anzusehen seit heute bei antibuerokratieteam.net.


Kommentar: Es geht in dem Interview um den "Liberalen Aufbruch"; eine Initiative innerhalb der FDP, über die ich vor einer Woche berichtet habe ("Der Staat darf keine Glücks- und Wohlfahrtsvorstellungen per Gesetz – und das heißt per Zwang – durchsetzen". Ein liberaler Aufbruch; ZR vom 13. 9. 2010).

Wenn Sie diesen Artikel und das Grundsatzpapier des Liberalen Aufbruchs lesen, das dort verlinkt ist, dann sehen Sie, daß es dieser Gruppe von FDP-Politikern um eine Grundsatzdiskussion geht; etwas also, das in der SPD regelmäßig stattfindet, in der Union hin und wieder (gegenwärtig gilt "wieder" - nämlich in Form der Konservativismus-Debatte). Um etwas, das bei den Grünen als eine permanente Nabelschau und bei den Kommunisten seit März dieses Jahres in Form einer Diskussion des Entwurfs zu ihrem ersten Parteiprogramm gepflegt wird.

In der FDP hingegen hat es die großen Grundsatzdiskussionen eigentlich zuletzt in den siebziger Jahren gegeben, im Anschluß an die Freiburger Thesen von 1971; dann allenfalls noch einmal gut ein Jahrzehnt später anläßlich des sogenannten Lambsdorff-Papiers vom 19. September 1982, das ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Beendigung der sozialliberalen Koalition war. Das ist nun schon fast drei Dekaden her.

Seither meidet die FDP das Grundsätzliche; jedenfalls in Form vertiefter Diskussionen. Man muß sich mit plakativen Zusammenfassungen zufrieden geben wie der Rede Guido Westerwelles auf dem Hannoveraner Wahlparteitag im Mai 2009 (siehe Guido Westerwelle in Hannover: Eine ausgezeichnete Analyse. Treffliche Ziele. Und ein Kurs von beklemmender Unlogik; ZR vom 15. 5. 2009).

Man sollte sich, sofern man der FDP wohlgesonnen ist, über den Liberalen Aufbruch schon deshalb freuen, weil er überhaupt wieder die Frage nach den Zielen, nach der grundsätzlichen Position der FDP aufwirft.

Offenbar sind unsere meinungsbildenden Medien aber der FDP nicht wohlgesonnen. Anfangs war die Berichterstattung noch zurückhaltend säuerlich. Bald wurde das, was als Anstoß zu einer grundsätzlichen Diskussion in der Partei gemeint gewesen war, zu einer parteiinterne Querele verfälscht. Rayson hat das am vergangenen Dienstag in B.L.O.G. trefflich charakterisiert.

In "Spiegel-Online" beispielsweise gab es einen Bericht von Severin Weigand, der bereits mit der Überschrift signalisierte, wie der Liberale Aufbruchheruntergesc hrieben werden sollte: "Liberaler Flügelkampf - FDP-Rebellen nerven Westerwelle". Weiland verbreitete allerlei Aufgeschnapptes oder vielleicht auch Erdachtes aus der FDP; vom Inhalt des Positionspapiers erfuhr der Leser kaum mehr, als daß es die "Ideenwelt Friedrich August von Hayeks" atme, "der einer der großeren Vertreter des Ultra-Liberalismus war".

Diesen Vertreter des Klassischen Liberalismus als "Ultra" zu bezeichnen ist ungefähr so, als würde man August Bebel einen linksextremen Anarchisten nennen.

Ein illustratives weiteres Beispiel, schon fast eine Karikatur von Journalismus, können Sie hier nachlesen: Ein Moderator des Deutschlandfunks namens Dirk Müller interviewt Frank Schäffler und versucht ihn mit dreister Penetranz dazu zu bringen, sich gegen seinen Vorsitzenden Westerwelle zu äußern.

Schäffler hat darauf gelassen reagiert, wie es seine Art ist, und dann doch noch Substanzielles sagen können.

Gelassen, nicht brillant. So ist Frank Schäffler auch in dem Interview zu vernehmen, aus dem das Zitat stammt. Ein Mann mit dem Temperament seiner Wahlheimat Ostwestfalen-Lippe. Ein Mann, der den Mut hat, sich hinzustellen und für das einzutreten, was viele in der FDP wollen und denken, was aber selten offen thematisiert wird.

Recht holzschnittartig. Ein wenig mehr "Butter bei die Fische" würde man sich wünschen, wie man im Ruhrgebiet sagt. Aber vielleicht melden sich ja noch Unterstützer des Liberalen Aufbruchs zu Wort, die dem trotzigen Mut Schäfflers ein wenig intellektuelle Brillanz hinzufügen.

Ich wünsche dem Liberalen Aufbruch jedenfalls Erfolg. Seit vor einem Monat die Sarrazin-Diskussion begann, ist Deutschland politisch in Bewegung geraten. Schäfflers und seiner Mitstreiter Aktion ist deshalb, wie man im Englischen sagt, "timely". Sie paßt in die Zeit, sie paßt in unsere sich wandelnde politische Landschaft.



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