Dieses Porträt von Ludwig Sigismund Ruhl entstand im Jahr 1815. Da war Schopenhauer also 27 Jahre alt, hatte zwei Jahre zuvor mit der Dissertation "Ueber die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde" promoviert und damit bereits die Grundzüge seiner Philosophie umrissen. 1815 hatte er gerade mit seiner Mutter Johanna gebrochen, mit der zusammen er seit Ende 1807 in Weimar gelebt hatte.
In Johannas Salon verkehrte der Geheimrat Goethe gern und oft; aber deren introvertierter, schroffer und in Gesellschaft linkischer Sohn Arthur interessierte ihn nicht.
Bis dieser seine Dissertation geschrieben und sie Goethe gesandt hatte. Nun faßte der Meister ein Interesse an diesem "merkwürdigen und interessanten", "geistreichen" jungen Mann und lud ihn ein, an seinen Experimenten zur Farbenlehre teilzunehmen. Bald verließ Arthur aber Weimar, des Zerwürfnisses mit der Mutter wegen.
Goethe hielt die Arbeit an seiner Farbenlehre für bedeutender als sein dichterisches Werk. Und was machte der junge Mann Arthur Schopenhauer? Er verfaßte seinerseits eine Farbenlehre, die er an Goethe schickte, begierig auf dessen Urteil.
Goethe sagte erst einmal gar nichts. Schopenhauer drängte, zeigte sich enttäuscht ("Mir ist diese Ungewißheit ... unangenehm und quälend"; Brief vom 3. September 1815). Dann antwortete Goethe herablassend-freundlich. Schopenhauer war erst recht enttäuscht, denn er hatte Jubelrufe Goethes erwartet. Und er schrieb diesem am 11. November 1815:
So war er mit 27 Jahren, so blieb er sein Leben lang, der Dr. Arthur Schopenhauer: Von der ernsthaftesten Suche nach der Wahrheit durchdrungen, unerbittlich, ganz und gar von der Richtigkeit seiner Philosophie überzeugt.
Einen wuchtigen Mann hat ihn Arno Schmidt genannt, dessen Lektüre ihn für Nietzsche verdorben hätte. Ich schreibe das ohne Anführungszeichen, weil ich es aus dem Gedächtnis zitiere und nicht habe verifizieren können; aber ich denke, so ungefähr formulierte es Schmidt; vielleicht sprach er auch von Schopenhauers "wuchtiger Männlichkeit".
Schmidt, in manchem Schopenhauer ähnlich; auch er mit dieser Gewissenhaftigkeit, dieser sich nicht um das Urteil anderer scherenden Wahrheitsliebe; auch er menschenscheu, sich selbst genügend und ja, auch "wuchtig".
Die Briefzitate und die Informationen zu ihrem Hintergrund habe ich entnommen:
In Johannas Salon verkehrte der Geheimrat Goethe gern und oft; aber deren introvertierter, schroffer und in Gesellschaft linkischer Sohn Arthur interessierte ihn nicht.
Bis dieser seine Dissertation geschrieben und sie Goethe gesandt hatte. Nun faßte der Meister ein Interesse an diesem "merkwürdigen und interessanten", "geistreichen" jungen Mann und lud ihn ein, an seinen Experimenten zur Farbenlehre teilzunehmen. Bald verließ Arthur aber Weimar, des Zerwürfnisses mit der Mutter wegen.
Goethe hielt die Arbeit an seiner Farbenlehre für bedeutender als sein dichterisches Werk. Und was machte der junge Mann Arthur Schopenhauer? Er verfaßte seinerseits eine Farbenlehre, die er an Goethe schickte, begierig auf dessen Urteil.
Goethe sagte erst einmal gar nichts. Schopenhauer drängte, zeigte sich enttäuscht ("Mir ist diese Ungewißheit ... unangenehm und quälend"; Brief vom 3. September 1815). Dann antwortete Goethe herablassend-freundlich. Schopenhauer war erst recht enttäuscht, denn er hatte Jubelrufe Goethes erwartet. Und er schrieb diesem am 11. November 1815:
Ich weiß mit vollkommener Gewißheit, daß ich die erste wahre Theorie der Farbe geliefert habe, die erste, so weit die Geschichte der Wissenschaften reicht: ich weiß auch, daß diese Theorie einst allgemein gelten und den Kindern in der Schule geläufig seyn wird.Nun hielt sich ja eigentlich Goethe dergleichen zugute. Schopenhauer (27, unbekannt) beschied aber Goethe (66, weltberühmt):
Allein für die eigentliche THEORIE Newtons, die Sie umgestoßen haben, haben Sie keine neue gegeben. Dies eben ist meine Arbeit gewesen. (...) Vergleiche ich Ihre Farbenlehre einer Pyramide, so ist meine Theorie die Spitze derselben, der untheilbare mathematische Punct, von dem aus das ganze Gebäude sich ausbreitet, und der so wesentlich ist, daß es ohne ihn keine Pyramide mehr ist, ...Man kann sich Goethes Reaktion auf diese Frechheit ausmalen. Er riet Schopenhauer sich mit einem gewissen Dr. Thomas Seebeck "in Rapport zu setzen", der auch an der Farbenlehre arbeite.
So war er mit 27 Jahren, so blieb er sein Leben lang, der Dr. Arthur Schopenhauer: Von der ernsthaftesten Suche nach der Wahrheit durchdrungen, unerbittlich, ganz und gar von der Richtigkeit seiner Philosophie überzeugt.
Einen wuchtigen Mann hat ihn Arno Schmidt genannt, dessen Lektüre ihn für Nietzsche verdorben hätte. Ich schreibe das ohne Anführungszeichen, weil ich es aus dem Gedächtnis zitiere und nicht habe verifizieren können; aber ich denke, so ungefähr formulierte es Schmidt; vielleicht sprach er auch von Schopenhauers "wuchtiger Männlichkeit".
Schmidt, in manchem Schopenhauer ähnlich; auch er mit dieser Gewissenhaftigkeit, dieser sich nicht um das Urteil anderer scherenden Wahrheitsliebe; auch er menschenscheu, sich selbst genügend und ja, auch "wuchtig".
Die Briefzitate und die Informationen zu ihrem Hintergrund habe ich entnommen:
Arthur Schopenhauer, Der Briefwechsel mit Goethe und andere Dokumente zur Farbenlehre. Herausgegeben und mit einem Essay von Ludger Lütkehaus. Zürich: Haffmans Verlag, 1992.
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