13. September 2010

Zitate des Tages: Die "Hetztiraden" von Geert Wilders. Lesen Sie selbst

Es war für die USA bislang der Tag der großen Einheit, doch die bekommt sichtbare Risse. Islamfeindliche Proteste störten das Gedenken an die Toten von 9/11. Während US-Präsident Obama zu Toleranz aufrief, provozierte in New York der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders mit Hetztiraden.

"Spiegel-Online" gestern über die Feiern zum Gedenken an den Angriff vom 11. September 2001


When the forces of Jihad attacked New York, they attacked the world. Among those lost were people from 55 nations, people of every religion and every persuasion. No place on earth had a more multi-ethnic, multi-racial, and multi-lingual workforce than New York's proud towers.

That is exactly why they were targeted. They constituted an insult to those who hold that there can be no peaceful cooperation among people and nations without submission to Sharia; to those who wish to impose the legal system of Islam on the rest of us.

But New York and Sharia are incompatible. New York stands for freedom, openness and tolerance. New York's Mayor recently said that New York is "rooted in Dutch tolerance."

Those are true words. New York is not intolerant. How can it be? New York is open to the world.


(Als die Kämpfer des Dschihad New York angriffen, griffen sie die Welt an. Unter den Opfern waren Menschen aus 55 Nationen, Menschen jeder Religion und jeder Überzeugung. Nirgendwo auf der Welt gab es arbeitende Menschen so vieler Kulturen, Rassen und Sprachen als in den stolzen Türmen von New York.

Genau deshalb waren sie das Ziel. Sie stellten eine Beleidigung für diejenigen dar, nach deren Meinung es keine friedliche Zusammenarbeit zwischen Menschen und Nationen geben kann, wenn sie sich nicht der Scharia unterwerfen; für jene, die das Rechtssystem des Islam der übrigen Welt aufzwingen wollen.

Aber New York und Scharia sind unvereinbar. New York steht für Freiheit, Offenheit und Toleranz. Der Bürgermeister von New York sagte kürzlich, daß New York "in holländischer Toleranz wurzelt".

Diese Worte sind wahr. New York ist nicht intolerant. Wie kann es das sein? New York öffnet sich der Welt.)


Aus den - laut "Spiegel-Online" - "Hetztiraden". Die ganze Rede können Sie hier lesen und als Video ansehen.


Kommentar: Sie meinen, ich hätte eine Textstelle aus der Rede ausgewählt, die nicht repräsentativ ist; ich hätte die Hetztiraden unterschlagen? Dann nehmen Sie sich bitte die Zeit und lesen Sie die Rede oder hören Sie sie sich an (14:47 min).

Wilders ist ein geschickter Rhetoriker. Schon die Art, wie er die unruhige Menge - rund zweitausend Personen - am Anfang zur Ruhe brachte, war äußerst geschickt: Er bat sie, einen Augenblick schweigend auf die Geräusche der Großstadt New York zu hören und sich dann an das zu erinnern, was zu hören gewesen war, als die Türme einstürzten.

Wilders appelliert an die patriotischen Gefühle der Amerikaner. Er zitiert Abraham Lincoln und Ronald Reagan. Er versteht es geschickt, durch den Hinweis auf die holländischen Wurzeln der Stadt eine emotionale Verbindung zwischen sich und seinen Zuhörern herzustellen; die klassische captatio benevolentiae. Kurz, er ist als rhetorisch hochbegabter Volkstribun nicht merklich schlechter als Barack Obama im Wahlkampf 2008.

Aber Hetztiraden? Wilders tritt für Freiheit und religiöse ebenso wie kulturelle Vielfalt ein. Er wendet sich gegen die Islamisten, die dieses Gesellschaftsmodell bedrohen und es durch eine totalitäre Gesellschaft ersetzen wollen, in der es nur eine Religion und nur deren Gesetz gibt.

Das Zitat ist repräsentativ für die Rede. Und repräsentativ für die politische Überzeugung von Geert Wilders dürfte das sein, was er von Abraham Lincoln zitierte: "Those who deny freedom to others, deserve it not for themselves" - wer anderen die Freiheit verweigert, der verdient sie nicht für sich selbst.

Darüber kann man streiten. Man kann argumentieren, daß der liberale Rechtsstaat sich gerade darin von anderen Systemen unterscheidet, daß er auch seinen Feinden die Freiheiten zubilligt, die sie selbst, wenn sie die Macht dazu haben, Andersdenkenden verweigern.

Darüber kann man streiten. Aber Hetztiraden sind das nicht, wenn Wilders sich der Position von Abraham Lincoln anschließt.



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