18. September 2010

Marginalie: Statt einer Moschee ein Schachzentrum nah Ground Zero? Nebst neuen Informationen über die Initiatoren des geplanten Moscheebaus

Manchmal findet man Informationen dort, wo man sie am wenigsten sucht. Wer hätte zum Beispiel gedacht, daß Aktuelles zum geplanten Moscheebau in New York ausgerechnet im Schachblog Gambit der New York Times zu lesen ist?

Dort berichtete am Donnerstag Dylan Loeb McClain von einem Vorschlag des Präsidenten des Weltschachbunds FIDE (Fédération Internationale des Échecs), Kirsan Iljumschinow: Statt einer Moschee solle auf dem mittlerweile weltbekannten Grundstück Park51 in Manhattan ein Schachzentrum errichtet werden.

Iljumschinow wurde auch gleich konkret: Er biete für das Grundstück zehn Millionen Dollar. Das Angebot schickte er an den New Yorker Bürgermeister Michael R. Bloomberg und an Hisham Elzanaty, einen der Finanziers des geplanten Moscheebau. In diesem Brief heißt es:
The entire world is following the controversy that has arisen over the possible construction of a mosque near the site of the tragic events of Sept. 11, 2001. This issue has divided society in the United States and across the world, and its repercussions are global.

I believe that religious conflicts are extremely dangerous in complex times such as ours. As president of the World Chess Federation (FIDE), and as a person who has always supported interreligious understanding, I propose the construction of an International Chess Center at the suggested site of the mosque.

Die ganze Welt folgt der Kontroverse, die über den möglichen Bau einer Moschee nah dem Ort der tragischen Ereignisse vom 11. September 2001 entstanden ist. Dieser Streitpunkt spaltet die Gesellschaft in den USA und über die ganze Welt, und sie findet globalen Widerhall.

Ich glaube, daß in komplexen Zeiten wie den unseren religiöse Konflikte außerordentlich gefährlich sind. Als Präsident des Weltschachbunds (FIDE) und als jemand, der immer die Verständigung zwischen den Kulturen unterstützt hat, schlage ich den Bau eines Internationalen Schachzentrums an dem für die Moschee vorgesehenen Ort vor.
Ernst gemeint? Die skurrile Kopfgeburt eines Mannes, der auch schon einmal behauptet hat, von Aliens entführt worden zu sein? Damals war er Präsident der Autonomen Republik Kalmückien in Rußland.

Als solcher trat Iljumschinow allerdings mit allem Ernst für einen Brückenschlag zwischen den Religionen ein. In dem überwiegend buddhistischen Kalmückien förderte er den Bau einer Synagoge, einer Moschee und einer katholischen Kirche; auch die Russisch-Orthodoxe Kirche wurde von ihm unterstützt. Insofern ist das, was er in dem Brief schreibt, nicht unglaubhaft.

Oder ging es ihm doch nur um Publizität? Am 29. September steht er zur Wiederwahl an. Es läuft ein erbitterter verbandsinterner Wahlkampf gegen seinen Herausforderer, den frühren Schachweltmeister Karpow.



Wie auch immer, Iljumschinows Vorstoß lenkt den Blick auf zwei Aspekte dieser Moscheebau-Kontroverse.

Zum einen ist der Gedanke ja eigentlich naheliegend - und wäre ganz im Geist der kapitalistischen USA -, daß die Gegner des Moscheebaus diesen nicht zu verbieten trachten, sondern das Gelände einfach aufkaufen.

In dem Gambit-Artikel erfährt man, daß das in der Tat schon jemand versucht hat, nämlich kein Geringerer als der Milliardär Donald Trump. Allerdings bot er nur sechs Millionen Dollar; Peanuts also in Anbetracht seines Vermögens, das auf drei Milliarden Dollar geschätzt wird.

Aber vielleicht tun sich ja Gegner des Moscheebaus zusammen, denen ihr Patriotismus einen höheren Betrag wert ist? Auch für die momentanen Besitzer des Grundstücks könnte es ein Angebot geben, das sie nicht ablehnen können. Zumal es bei ihnen finanziell nicht zum Besten zu stehen scheint.

Damit sind wir beim zweiten Aspekt. Wem gehört eigentlich das Grundstück Park51? Obwohl sich dieser Name eingebürgert hat, handelt es sich tatsächlich um zwei angrenzende Grundstücke, nämlich Park Place 45-47 und Park Place 49-51. Auf beiden zusammen soll die Moschee errichtet werden.

Das Grundstück Park Place 45-47 wurde von einer den Initiatoren des Moscheebaus nahestehenden, in arabischem Besitz befindlichen Immobilienfirma namens SoHo Properties im Juli 2009 für 4,85 Millionen Dollar erworben. Das Grundstück Park Place 49-51 befindet sich in anderem Besitz und wurde von SoHo Properties lediglich gepachtet, und zwar für 33.000 Dollar im Jahr.

Und nun noch einmal zu Gambit. Dort schrieb der Kommentator "K2K" von den finanziellen Problemen, in denen die Investoren steckten: Der Firma SoHo Properties drohe der Herauswurf aus ihrem Büro, weil sie mit der Miete zum zweiten Mal im Rückstand sei.

Stimmt das? Es stimmt. Die New York Daily News berichteten am vergangenen Mittwoch, daß einer der drei Inhaber von SoHo Properties, Scharif al-Gamal, zum zweiten Mal die 39.000 Dollar Miete für den Bürokomplex der Firma am Broadway 552 schuldig geblieben sei; jetzt drohe der Firma eine Räumungsklage.

Und auch über den Imam Feisal Abdul Rauf weiß der Kommentator "K2K" Neues zu berichten: Gegen ihn sei Anklage wegen der Vernachlässigung von Mietshäusern erhoben worden.

Auch das habe ich nachgeprüft, und auch das stimmt. Es handelt sich um zwei Mietshäuser in Union City im Staat New Jersey. Wie das dortige Lokalblatte The Star-Ledger am vergangenen Montag meldete, klagt die Stadt gegen den Imam, weil er Anordnungen nicht befolgt hatte, was die Instandhaltung seiner Mietshäuser betrifft.

Es handelt sich um zwei benachbarte Häuser, eines mit 16 und eines mit 32 Wohnungen. Das größere Haus steht leer, nachdem in ihm am 8. Februar 2008 ein Brand ausgebrochen war. Der Imam Rauf hatte zuvor zwölfmal Beanstandungen der Stadt wegen unzulänglichen Feuerschutzes ignoriert.

Statt nach dem Brand den Feuerschutz zu verbessern, ließ der Imam die Wohnungen verbarrikadieren. Die Bewohner konnten nicht in ihre Wohnungen zurückkehren. Ein Sprecher des Bürgermeisters von Union City, Brian Stack, sagte dazu, er könne im Augenblick nicht sagen, was aus den vertriebenen (displaced) Familien geworden sei.

Die Klage der Stadt gegen den Imam beinhaltet zum einen dieses Verhalten vor und nach dem Brand, zum anderen Raufs Weigerung, auf die Beschwerden von Mietern zu reagieren. Zwischen 1996 und 2010 seien bei der Stadt nicht weniger als 30 solche Beschwerden eingegangen; beispielsweise über ungeheizte Wohnungen, Schimmel in den Wohnungen, mangelnde Müllentsorgung, Ungeziefer usw.

Die Stadt Union City will durch ihre Klage erreichen, daß die Häuser unter die Verwaltung eines Treuhänders gestellt werden, dem die Mieten zufließen und der diese für die erforderlichen Reparaturen verwendet; und auch dazu, die gegen den Imam Feisal Abdul Rauf verhängten Ordnungsgelder zu zahlen, die dieser bisher nicht beglichen hat.



Man sieht, auch ein so frommer Mann, der große Vermittler zwischen den Religionen, hat offenbar seine kleinen Fehler.

Weitere Artikel zu Imam Feisal Abdul Rauf:

"Eine Moschee wäre eine Entweihung von Ground Zero". Religionsfreiheit und Liberalität. Über die Gefühle von Moslems und Nichtmoslems; ZR vom 17. 8. 2010.

Zweimal Scharia. Eine Operation der Wirbelsäule und das Cordoba-Projekt des Imam Feisal Rauf; ZR vom 21. 8. 2010

Die versteckte Drohung des sanften Imam Feisal Abdul Rauf, der die Moschee nahe Ground Zero bauen will; ZR vom 9. 9. 2010.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Mit Dank an tekstballonnetje, durch dessen Beitrag ich auf den Gambit-Artikel aufmerksam geworden bin.