6. April 2010

Kleines Klima-Kaleidoskop (12): Fünf Gründe für die Klima-Hysterie (Teil 1)

Die Spekulationsblase, die ich in der letzten Folge dieser Serie konstatiert habe, ist kein rein innerwissenschaftliches Problem. Daß die Theorie von der menschengemachten globalen Erwärmung mit katastrophalen Folgen einen so überaus großen Zulauf gewinnen konnte, liegt nicht nur daran, daß sie sich in der Forschung bewährt zu haben schien. Es liegt wesentlich auch daran, daß sie nicht nur eine wissenschaftliche Theorie ist, sondern zugleich ein Glaubensinhalt und ein politisches Instrument.

Das will ich im folgenden erläutern. Ich diskutiere fünf Aspekte der Klimahysterie:
  • den empirischen Aspekt, also den tatsächlichen Anstieg der globalen Temperatur im 20. Jahrhundert,

  • den theoretischen Aspekt in Gestalt der Theorie vom menschengemachten Treibhauseffekt, der den bisherigen Temperaturanstieg verursacht habe und der ohne eine radikale Reduktion der CO2-Emissionen zu einer Klimakatastrophe führen werde,

  • den spirituell-ideologischen Aspekt, unter dem die behauptete menschengemachte globale Erwärmung als die Folge eines generell sündhaften Umgangs "des Menschen" (vor allem des weißen, westlich-liberalen, männlichen Menschen) mit "der Natur" gesehen wird,

  • den gesellschaftspolitischen Aspekt: Die geforderten Maßnahmen gegen die angebliche Klimakatastrophe sollen zur Legitimierung eines neuen Anlaufs zur totalitären Kontrolle des Einzelnen durch den Staat dienen; als Ersatz für den vorerst gescheiterten real existierenden Sozialismus, oder als dessen moderne Variante,

  • und nicht zuletzt den weltpolitischen Aspekt. In den Ländern des sogenannten Südens hat man erkannt, daß die Klimahysterie in den reichen Ländern ein ideales Druckmittel ist, sich ihnen gegenüber in eine moralisch überlegene Position zu verfügen und sie zu Transferzahlungen zu bewegen.
  • In der jetzigen Folge befasse ich mit den beiden ersten Aspekten.



    1. Der empirische Aspekt: Anstieg der Temperatur. Daß es es im Lauf des 20. Jahrhunderts, vor allem in seinen letzten Jahrzehnten, wärmer geworden ist, bestreitet kaum jemand. Hier ist eine graphische Darstellung der Klimaentwicklung in den vergangenen Jahrhunderten, gezeichnet von einem Klimaskeptiker, dem Polen Wiktor Kobyliński:


    Die rote Kurve zeigt die Temperaturenwicklung nach Kobyliński. Die Sterne stehen für die Zahl der Sonnenflecken. Kobyliński möchte auf die Ähnlichkeit zwischen den beiden Datensätzen aufmerksam machen und damit auf die bekannte Beobachtung, daß die Sonnenaktivität mit Schwankungen des Klimas korreliert.

    Das Faktum einer Erwärmung in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts (nicht aber in den ersten zehn Jahren des jetzigen Jahrhunderts; siehe Es ist vorerst vorbei mit der globalen Erwärmung; ZR vom 19. 11. 2009) - diese Tatsache als solche ist nicht das, was "Klimagläubige" und "Klimaskeptiker" entzweit. Sondern es sind
  • das Ausmaß der Erwärmung,
  • ihre Ursache
  • und die Prognose für die kommenden Jahrzehnte.
  • Was das Ausmaß angeht, schauen Sie sich einmal diese Kurve an. Sie basiert auf Daten von zwei einflußreichen Mitgliedern des Weltklimarats (IPCC), P.D. Jones und M.E. Mann, und wird wegen ihrer Form als "Hockeyschläger-Kurve" bezeichnet:
    In dieser Darstellung, die man zum Beispiel in der französischen Wikipedia findet, sticht die Entwicklung seit Anfang des 20. Jahrhunderts nun wahrlich hervor, als etwas nicht zuvor Dagewesenes. Damit auch der Begriffsstutzigste das sieht, hat jemand noch einen steilen roten Strich in die Graphik hineingezaubert.

    Wenn Sie diese beiden Darstellungen desselben Sachverhalts - der Entwicklung der globalen Temperatur in vergangenen Jahrhunderten - vergleichen, dann bekommen Sie eine Vorstellung davon, wie schlecht es um eine allgemein anerkannte Datenbasis bestellt ist.

    Die Diskrepanzen haben erstens damit zu tun, daß es aus vergangenen Jahrhunderten keine direkten Messungen der Temperaturen gibt und man auf Schätzungen aufgrund von indirekten Indikatoren (Baumringe, Eisbohrkerne) angewiesen ist; zum anderen damit, daß auch nach Beginn der direkten Messungen kein festes, sozusagen geeichtes Netz von Meßstationen zur Verfügung stand und steht. Die Zahl und Lage der Stationen veränderte sich; durch die Urbanisation gerieten ehemals ländliche Stationen in die wärmere Umgebung von Städten; Satellitenmessungen kamen hinzu.

    Aber nicht das ist der Punkt, auf den ich hinweisen möchte. Es geht mir jetzt darum, daß trotz dieser Diskrepanzen das Faktum einer globalen Erwärmung in den vergangenen Jahrzehnten nicht Gegenstand der Kontroverse ist. Diese entzündet sich an Theorien; oder vielmehr an einer einzigen Theorie, nämlich derjenigen vom Treibhaus-Effekt als Ursache der Erwärmung (anthropogenic global warming).



    2. Der theoretische Aspekt: Die Theorie des Treibhauseffekts als Ursache der Erwärmung.

    Der Temperaturanstieg im 20. Jahrhundert und vor allem in dessen letzten Jahrzehnten war und ist eine theoretische Herausforderung. Unter normalen Umständen hätten sich die Vertreter der einschlägigen Disziplinen - Meteorologie, Geophysik, Ozeanographie, Glaziologie, Astronomie usw. - zusammengetan und die Faktoren in Augenschein genommen, von denen man weiß, daß sie das Weltklima beeinflussen: Sonnenflecken-Aktivität, Vulkanausbrüche, Änderungen von Meeresströmungen, der El-Niño-Zyklus und weitere Effekte, die in ihrem Zusammenwirken das außerordentlich komplexe Phänomen "globales Klima" hervorbringen.

    Niemand wäre vermutlich auf den Gedanken gekommen, eine einzige Ursache verantwortlich zu machen. Aber da war die Venusforschung.

    Ja, die Venusforschung. Denn der Erfinder der Theorie von der menschengemachten globalen Erwärmung, James Hansen, begann seine wissenschaftliche Karriere als Venusforscher bei der NASA. Ihn interessierte vor allem die Atmosphäre der Venus. Warum ist es auf der Venus so heiß? Antwort: Wegen eines Treibhauseffekts.

    Die Venus ist von dichten Wolken eingehüllt. Diese verhindern eine Abstrahlung von Wärme in den Weltraum und erzeugen damit, ganz wie das Glas eines Treibhauses, hohe Temperaturen. Hansen hat mit seinen Forschungen in den sechziger und siebziger Jahren wesentlich dazu beigetragen, daß man verstand, wie diese Wolken zusammengesetzt sind und wie sie - vermutlich - entstanden.

    Bevor sich durch die Verdunstung von großen Mengen von Wasser dieser Treibhauseffekt aufbaute, war die Venus - so eine von Hansen geteilte Vermutung - viel erdähnlicher als heute. Offensichtlich kann also die Temperatur eines Planeten sich drastisch erhöhen, wenn sich ein Treibhauseffekt entwickelt und wenn er sich unumkehrbar durch Rückkopplung selbst verstärkt (runaway greenhouse effect).

    Soweit die Venus. Und die Erde? In den achtziger Jahren stellte Hansen die Daten von Meßstationen aus allen verfügbaren Regionen zusammen und kam zu dem Schluß, daß es über das vergangene Jahrhundert hinweg eine globale Erwärmung gebe. Im Jahr 1987 publizierte er diese Daten zusammen mit Sergej Lebedeff.

    Ein Jahr später hat er sie vor dem amerikanischen Kongreß erläutert; zusammen mit den Vorhersagen eines Modells (des GISS-Modells, benannt nach dem Goddard Institute for Space Studies, an dem es entstand), das ebenfalls 1988 publiziert wurde. Ende der achtziger Jahre hatte seine Theorie schon viele Anhänger gefunden, wie dieser Übersichtsartikel von S.H. Schneider aus dem Jahr 1989 zeigt.

    Es war eine Theorie, und es ist bis heute eine Theorie geblieben. Über ihre Richtigkeit kann ich nichts sagen. Ich nehme an, es gibt nicht sehr viele Experten in Deutschland, die das beurteilen können; ich jedenfalls gehöre gewiß nicht dazu. Aber einige allgemeine Gesichtspunkte kann ich beurteilen, weil sie für alle Wissenschaften gelten:
  • Modelle wie das GISS bilden nicht "die Realität" ab, sondern virtuelle Realitäten. Sie sind unverzichtbar bei der Analyse komplexer Systeme, aber man muß verstehen was sie aussagen: Welche Folgerungen sich ziehen lassen, wenn bestimmte Annahmen zutreffen. Ob diese Annahmen zutreffen, verrät kein solches Modell. In der zitierten Arbeit von 1988 sprechen Hansen und Mitautoren von "Experimenten", die sie mit dem GISS anstellten. Genau das ist der Fall: Man stattet das Modell mit bestimmten Funktionsmerkmalen aus, füttert es mit bestimmten Daten und schaut sich an, was es dann macht. Ganz wie der Experimentator im Labor mit seinen Meerschweinchen verfährt.

  • Daß ein solches Modell die empirischen Daten zu simulieren vermag, die bei seiner Konstruktion bekannt waren, sagt überhaupt nichts über seine Qualität aus. Denn dafür wurde es ja konstruiert. Man kann mit hinreichendem Geschick jedes Modell so trimmen, daß es einen gegebenen Datensatz zu simulieren vermag. Das Faktum einer globalen Erwärmung (bis ungefähr zur Jahrtausendwende, vorläufig) sagt also überhaupt nichts darüber aus, ob das Modell des menschengemachten Treibhauseffekts richtig ist; so wenig, wie man aus dem Faktum, daß jemand ermordet wurde, schließen kann, daß eine bestimmte Theorie über den Täter stimmt.

  • Modelle können, auch wenn sie gut sind, immer nur einen Teil des tatsächlichen Kausalgeflechts abbilden. Die erwähnten zyklischen Prozesse (Sonnenflecken-Aktivität, der El-Niño-Zyklus usw.) werden zum Beispiel vom GISS-Modell nicht berücksichtigt. Ebenso können solche Modelle immer nur an einem begrenzten Datensatz getestet werden. In Bezug auf das Steigen des Meeresspiegels hat man z.B. allein Daten aus dem Hafen von Hongkong herangezogen, wo sehr spezielle Bedingungen herrschen (siehe Wird der Meeresspiegel wirklich steigen?; ZR vom 15. 2. 2010).
  • Wenn man diese Einschränkungen kennt und gebührend berücksichtigt, dann können Modelle wie diejenigen des GISS und heute des Weltklimarats (IPCC) nützliche Werkzeuge der Forschung sein. Mehr sind sie nicht. Sie wurden aber zu einer Art Zauberkugeln verklärt, aus denen man die Zukunft des Klimas lesen kann.

    Das hatte keine innerwissenschaftlichen Gründe, sondern es rührte daher, daß die Vision einer vom Klimawandel gebeutelten Erde, die irgendwann vom Schicksal der Venus ereilt werden könnte, auf außerwissenschaftliche Faktoren traf. Mit ihnen befaßt sich der zweite Teil.

    Teil 2; Teil 3



    © Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Links zu allen Folgen dieser Serie finden Sie hier. Titelvignette: Drei Bilder, die sich durch das Schütteln eines Kaleidoskops ergeben. Fotografiert und in die Public Domain gestellt von rnbc. Die Grafik von Wiktor Kobyliński wurde von diesem zur beliebigen Verwendung freigegeben. Die Hockeyschläger-Kurve wurde vom Autor Hanno ebenfalls in die Public Domain gestellt.