SPIEGEL: Was aber, wenn ein kämpferischer Islam den Freiraum nur gnadenlos ausnutzt, den unsere Ordnung bietet?
Di Fabio: Wer liberal ist, muss nicht naiv sein. Wenn unsere Hoffnungen sich als Illusionen entpuppen sollten, wenn es etwa an Schulen zu Übergriffen von Gläubigen auf Nichtgläubige käme, wenn Zwang, Gewalt und Fremdbestimmung sich ausbreiten würden, dann darf man nicht einfach nur zu- oder gar wegschauen, sondern muss die Grenzen des Erlaubten klar markieren. Es ist eben eine Fehlvorstellung, dass Liberalität Weichheit bedeutet. Liberalität ist anstrengend. Das gilt auch im Umgang mit Religion.
Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio in einem "Spiegel"-Gespräch mit den Redakteuren Stefan Berg und Dietmar Hipp ("Spiegel" 14/2010 vom 3. 4. 2010, S. 30 - 31).
Kommentar: Die kämpferisch-liberale Haltung, die der Rechtswissenschaftler Di Fabio vertritt, ist gleich weit entfernt von einer pauschalen Ablehnung des Islam wie von der "linksliberal"-indolenten Haltung, die auch noch gegen die Intoleranz grenzenlose Toleranz fordert.
Di Fabios allgemeine rechtsphilosophische Position ist in der Wikipedia - ein ebenso erfreulicher wie seltener Fall - so gut dargestellt, daß ich einfach zitieren möchte:
Es ist Zeit, daß auch in Deutschland Liberale und Konservative zusammenrücken. Sie stehen gemeinsam gegen Etatismus auf der einen und eine Haltung des multikulturellen laissez-faire auf der anderen Seite.
Di Fabio: Wer liberal ist, muss nicht naiv sein. Wenn unsere Hoffnungen sich als Illusionen entpuppen sollten, wenn es etwa an Schulen zu Übergriffen von Gläubigen auf Nichtgläubige käme, wenn Zwang, Gewalt und Fremdbestimmung sich ausbreiten würden, dann darf man nicht einfach nur zu- oder gar wegschauen, sondern muss die Grenzen des Erlaubten klar markieren. Es ist eben eine Fehlvorstellung, dass Liberalität Weichheit bedeutet. Liberalität ist anstrengend. Das gilt auch im Umgang mit Religion.
Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio in einem "Spiegel"-Gespräch mit den Redakteuren Stefan Berg und Dietmar Hipp ("Spiegel" 14/2010 vom 3. 4. 2010, S. 30 - 31).
Kommentar: Die kämpferisch-liberale Haltung, die der Rechtswissenschaftler Di Fabio vertritt, ist gleich weit entfernt von einer pauschalen Ablehnung des Islam wie von der "linksliberal"-indolenten Haltung, die auch noch gegen die Intoleranz grenzenlose Toleranz fordert.
Di Fabios allgemeine rechtsphilosophische Position ist in der Wikipedia - ein ebenso erfreulicher wie seltener Fall - so gut dargestellt, daß ich einfach zitieren möchte:
Der westliche Wertekanon, der im Aufklärungszeitalter aus seinen spezifischen antiken und jüdisch-christlichen Wurzeln erwachsen sei, rechtfertige keinen Absolutheitsanspruch und sei mit Behutsamkeit und Reflexionsbereitschaft an andere gewachsene Kulturen heranzutragen.Der Liberalismus hat sich, historisch bedingt, lange als Gegenbewegung zum Konservativismus verstanden; Whigs gegen Tories. Das ist Geschichte. In den USA werden die liberalen Werte der Selbstbestimmung des Individuums, der Rechte des Einzelnen gegen den Staat, der westlichen Freiheit traditionell von den Konservativen vertreten und gerade nicht von denjenigen, die dort liberals heißen, die aber Linke sind.
Aufgabe der an Selbsterhaltung und am Fortbestehen ihrer Leitwerte interessierten Nationalstaaten aber sei es, die Quellen ihrer Kultur nicht versiegen zu lassen. Zweierlei hält Di Fabio dazu für notwendig: zum einen die Neubelebung Bindung stiftender Kulturgüter und Institutionen, zum anderen und in Verbindung damit die Vorsorge für ausreichende Nachkommenschaft. Denn wo die künftigen Träger fehlen, können kulturbezogene Werte nicht überdauern.
In der Konsequenz fordert Di Fabio eine gesellschaftliche Umorientierung weg von flachen, oft kurzatmigen Selbstverwirklichungsideen und –praktiken hin zu nachhaltigem Wirken und Aufgehobensein in sozialen, vor allem familiären Bindungen. In diesem Sinne finden auch Religionsgemeinschaften als Mittler von gewachsener Kultur und Bindung bei ihm positive Berücksichtigung.
Es ist Zeit, daß auch in Deutschland Liberale und Konservative zusammenrücken. Sie stehen gemeinsam gegen Etatismus auf der einen und eine Haltung des multikulturellen laissez-faire auf der anderen Seite.
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