21. April 2010

Marginalie: Der Flug des Falken. Was die "Falcon" bei der Suche nach Vulkanasche fand. Und was nicht

Der Bericht über den Meßflug des Forschungsflugzeugs "Falcon", das auf die Suche nach Vulkanasche über Deutschland geschickt worden war, liegt jetzt vor. Er ist als PDF-Datei jedermann zugänglich. Die Zusammenfassung lautet vollständig:
A successful Falcon measurement flight was performed on 19 April 2010 for probing plumes over Germany from the Iceland Eyjafjallajökull volcano eruption. Layers of volcanic ash were detected by Lidar and probed in-situ with aerosol instruments. Under suitable viewing conditions, the ash layer was visible as a brownish layer to the observer. The horizontal and vertical distributions of the volcano layers were variable.

In the plume layers particles larger than 3μm were detected at concentrations, not present in the free troposphere during unpolluted conditions. The concentrations of large particles measured in the volcano layers are comparable to concentrations measured typically in Saharan dust plumes but smaller compared to particle concentrations in the polluted boundary layer. An estimation of the particle mass concentration in the volcanic ash plume probed as part of a vertical profile over Leipzig at about 4 km altitude yield 60 μg/m3.

After the flight the Falcon was inspected. So far no damages were observed including engines (after boroscopy) and windows. Further engine inspection is ongoing. Silver foils attached to under-wing stations showed no visible impact from volcanic ash.

Am 19. April wurde erfolgreich ein Meßflug mit der Falcon durchgeführt, um über Deutschland Aschefahnen (plumes) vom Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull zu untersuchen. Mittels Lidar wurden Schichten vulkanischer Asche entdeckt und vor Ort mit Aerosol-Instrumenten untersucht. Unter günstigen Beobachtungsbedingungen war die Ascheschicht vom Beobachter als eine bräunliche Schicht wahrnehmbar. Die horizontalen und vertikalen Verteilungen der Schichten waren variabel.

In den Schichten von Aschefahnen wurden Partikel größer als 3μm in Konzentrationen gefunden, die unter Bedingungen ohne Verunreinigung in der freien Troposphäre nicht vorkommen. Die Konzentrationen großer Partikel, die in den Vulkanschichten gemessen wurden, sind vergleichbar den typischen Konzentrationen in Staubfahnen aus der Sahara, jedoch kleiner im Vergleich zu den Partikel-Konzentrationen in der verunreinigten Grenzschicht. Eine Schätzung der Massen-Partikel-Konzentration in der Fahne vulkanischer Asche, die im vertikalen Profil über Leipzig untersucht wurde, liefert 60 μg/m3.

Nach dem Flug wurde die Falcon untersucht. Bisher wurden keine Schäden festgestellt, einschließlich der Triebwerke (nach Boroskopie) und der Fenster. Eine weitere Untersuchung der Maschine ist im Gang. Silberfolien, die unter den Tragflächen angebracht waren, zeigten keine sichtbare Einwirkung durch Vulkanasche.


Das also ist nach diesen Meßergebnissen das Ereignis, das tagelang den Flugverkehr über Europa lahmlegte:

Eine Konzentration größerer Partikel, wie sie vorkommt, wenn der Wind Sand aus der Sahara nach Europa weht. Überhaupt keine erkennbaren Schäden an Fenstern oder Triebwerken des Flugzeugs, das doch durch alle diese "Aschewolken" gezielt hindurchgeflogen ist. Noch nicht einmal die unter den Tragflächen angebrachte Silberfolien zeigten eine Einwirkung von Partikeln.

Man vergleiche das mit dem Ereignis, das bei der jetzigen - so darf man sie inzwischen wohl nennen - Überreaktion im Hintergrund gestanden hatte: Flug 9 der BEA einer Boeing 747-236B am 24. Juni 1982 in Indonesien. Damals war der Vulkan Mount Galunggung ausgebrochen, durch dessen Vulkanasche die Boeing flog:
As the flight progressed, smoke began to gather throughout the passenger cabin of the aircraft and it was at first assumed to be cigarette smoke. However, it soon began to grow thicker and had an ominous odour of sulphur. Passengers who had a view out of the aircraft windows noted that the engines were unusually bright with the light shining forward through the fan blades and producing a stroboscopic effect.

Im weiteren Verlauf des Flugs begann sich Rauch in der Passagierkabine anzusammeln, der zunächst für Zigarettenrauch gehalten wurde. Jedoch wurde er schnell dicker und hatte einen seltsamen Schwefelgeruch. Passagiere, die durch die Fenster des Flugzeugs blicken konnten, bemerkten, daß die Triebwerke ungewöhnlich hell waren; Licht schien nach vorn durch die Gebläseflügel hindurch und erzeugten einen stroboskopischen Effekt.
Dieses Flugzeug, die City of Edinburgh, war also durch eine wirkliche "Wolke von Vulkanasche" geflogen und nicht nur durch ein "verunreinigtes Gebiet" (zum Unterschied siehe Endlich ein kompetenter Artikel über die Hintergründe des Vulkanasche-Flugverbots; ZR vom 20. 4. 2010).

Die in der Wolke konzentrierten Partikel drangen damals in die Triebwerke ein, schmolzen in deren Hitze und legten sie dadurch vorübergehend lahm. Nachdem der Pilot Moody (Durchsage an die Passagiere: "Wir haben ein kleines Problem. Alle vier Triebwerke sind ausgefallen. (...) Machen Sie sich nicht allzuviele Sorgen") die Maschine im Gleitflug durch die Aschewolke gesteuert hatte, konnten die Triebwerke wieder gestartet werden, und das Flugzeug landete sicher in Djakarta.

Das, was jetzt die "Falcon" gemessen hat, dürfte sich zu der damaligen Aschewolke ungefähr so verhalten wie ein laues Frühlingslüftlein zu einem Orkan.



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