27. Februar 2012

Zettels Meckerecke: Dummsprache, Sprache der Dreistigkeit

Zwei heutige Meldungen, die nichts miteinander zu tun haben, außer der Dummheit ihrer Terminologie; im einen Fall kommt noch Dreistigkeit hinzu:

"Und so wackelt mal wieder die Kanzlerinnenmehrheit" hieß es am Mittag in einem Vorbericht der ARD zur heutigen Abstimmung im Bundestag. Auch auf dem Sender Phoenix, der in seiner Sendung "Vor Ort" über Debatte und Abstimmung informierte, sprachen sowohl der Moderator Klaus Weidmann als auch der Studiogast, der Politologe Volker Kronenberg, von der "Kanzlerinnenmehrheit", die nicht erreicht wurde.

Kanzlerinnenmehrheit!

Dann ist das von einer Köchin zubereitete Schnitzel also kein Jägerschnitzel mehr, sondern ein "Jägerinnenschnitzel". Und umgekehrt mutiert der Brasato di Manzo alla Giardiniera, der Schmorbraten nach Art der Gärtnerin, logischerweise zum Brasato di Manzo al Giardiniero, zum Braten nach Art "des Gärtners", wenn hinter dem Herd Pepe steht und nicht Gina.

Daß "Kanzlermehrheit" ein feststehender Begriff ist, und als solcher keiner geschlechtsbezogenen Markierungen fähig, spielt für die Fanatiker des gender mainstreaming keine Rolle.

Dieses Journalistinnendeutsch hat in Deutschland inzwischen Närrinnenfreiheit; dank der Meisterinnenleistungen unserer feministischen Linguistik.



"Stratfor-Hack - WikiLeaks blamiert die Schatten-CIA" titelt derzeit "Spiegel-Online".

Die "Blamage" besteht darin, daß der Informationsdienst Stratfor bekanntlich Opfer eines Einbruchs in seine Server geworden ist; dabei wurden unter anderem Emails gestohlen, die jetzt von den Tätern an Wikileaks übergeben wurden (zu dem Datendiebstahl siehe Die Leute von Anonymous - ein Fall nur für die Polizei? Oder auch für den Psychologen? Über Rumpelstilzchen und Peeping Toms; ZR vom 27. 12. 2011).

Nach Auffassung von "Spiegel-Online" ist es also eine Blamage, Opfer von Kriminellen zu werden. Der Käufer, der von einem Internet-Kriminellen abgezockt wird - er hat sich blamiert. Der Rentner, der auf der Straße zusammen­geschlagen wird - welch eine Blamage für ihn.

Hier ist es nicht nur die Sprache, die verkommen ist. Es ist auch die Gesinnung, die an einer derart verkommenen Sprache sichtbar wird.­
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Die Seite der ARD habe ich, da sie inzwischen durch eine andere ersetzt worden war, dem Google-Cache vom 27. Februar 2012 12:06:10 GMT entnommen.