In dem Augenblick, in dem ich dies schreibe, sind 81 Prozent der Stimmen der Vorwahl in Florida ausgezählt. Am Ergebnis wird sich nicht viel ändern. Zeit also, einige Randbemerkungen zu machen.
Gestern habe ich die Prognose von Nate Silver mitgeteilt. Er sagte einen 15-Punkte-Vorsprung für Romney vorher (44 Prozent gegenüber 29 Prozent für Gingrich; siehe Heute wählt Florida. Wird es überraschenderweise keine Überraschung geben?; ZR vom 31. 1. 2012). Das Ergebnis nach jetzigem Stand: Romney hat mit einem Vorsprung von exakt 15 Prozentpunkten gewonnen (47 zu 32 Prozent).
Beide haben also etwas besser abgeschnitten, als es Silver vorhergesagt hatte. Das ging hauptsächlich auf Kosten von Ron Paul, den - siehe hier - Silver bei 11 Prozent gesehen hatte; er wird aber nur 7 Prozent erreichen. Santorum bekommt die 13 Prozent, die ihm Silver gegeben hatte.
Ron Paul hat in Florida wohl vor allem an seiner Geldknappheit gelitten. Die beiden Großen Romney und Gingrich lieferten sich bei den TV-Spots eine regelrechte Materialschlacht; da konnte er nicht mithalten.
Aber es lag nach meinem Eindruck nicht nur daran. Während ich schreibe, spricht Ron Paul. Er ist der letzte der Vier. Die drei anderen gingen auf das Ergebnis von Florida ein und ließen (siehe unten) ihre künftige Strategie erkennen. Ron Paul aber hat fast wörtlich seine Standardrede gehalten, die jeder politisch interessierte Amerikaner nun schon fast auswendig kennt.
Er wirkte sympathisch wie immer, aber allmählich doch recht müde, fast schon ausgelaugt und noch fahriger als sonst. Die Strapazen eines solchen Wahlkampfs gehen eben an einem 76jährigen doch nicht spurlos vorüber; auch wenn er - wie in einer der Debatten in Florida - seine jüngeren Kontrahenten herausforderte, mit ihm beim Fahrradfahren mitzuhalten.
Es wird immer deutlicher, was Ron Paul will: Nicht Präsident werden; das kann er nicht schaffen. Sondern neue Anhänger für seine freiheitliche politische Philosophie gewinnen und mit so vielen Delegierten wie möglich auf dem Wahlparteitag im August das Programm (die "Plattform") der Partei mitbestimmen.
Der Sieger Romney hat sich in seiner Rede schon ganz staatsmännisch gegeben. Im Wahlkampf in Florida hatte er auf Gingrichs persönliche Angriffe mit nicht minder heftigen Attacken unterhalb der Gürtellinie reagiert und damit offenbar Boden gutgemacht; jetzt aber war er wieder der eher moderate Mann, den man kennt. Ein CNN-Kommentator meinte, der coole Romney könne das an- und ausknipsen, wie er es für taktisch geboten halte, während Gingrich bei diesen persönlichen Giftigkeiten wirklich emotional beteiligt sei. (Wozu paßt, daß Gingrich noch nicht einmal Romney zu seinem Sieg gratulierte - in den USA eigentlich eine Selbstverständlichkeit; es war danach eine der Hauptmeldungen).
Zu seinen Konkurrenten fand Romney ein paar freundliche Worte - und kein negatives. Umso heftiger griff er Barack Obama an. Seine Strategie war recht offenkundig: Bei den künftigen Vorwahlen und Caucuses (es folgen jetzt ab kommendem Samstag die Caucuses in Nevada, Maine, Colorado und Minnesota) wird er nach dem heutigen Erfolg schon in der Rolle des Herausforderers von Präsident Obama aufzutreten versuchen. Er soll als der sozusagen schon feststehende Nominierte erscheinen, der künftig auf Augenhöhe mit dem Präsidenten agiert.
Newt Gingrichs Strategie wurde in seiner Rede am Wahlabend ebenfalls deutlich: Er setzt jetzt auf gnadenlosen Populismus. Vom "Volk" war ständig die Rede; und Gingrich ging sogar so weit, von einem "Feldzug des Volks" (people's campaign) zu sprechen, das seine Wünsche "beiden Parteien aufzwingen" werde (imposing it on both parties).
Gingrich versucht also jetzt, das Erfolgsrezept Obamas von 2008 zu kopieren: Wahlkampf als eine Volksbewegung gegen "die da oben"; gegen die Parteien, gegen "Washington". Daß er selbst lange Jahre im Zentrum des politicking in Washington gestanden hatte, muß Gingrich bei dieser Strategie freilich erst einmal vergessen machen.
Rick Santorum hatte am Abend Florida schon verlassen, um in Nevada (Caucuses am kommenden Samstag) Wahlkampf zu machen. Seine Bewertung war nüchtern: Er habe in Florida angesichts seiner knappen Kasse nicht mehr erreichen können. Von den jetzt folgenden Caucuses verspricht er sich bessere Ergebnisse; in der Tat war er ja bei den Caucuses von Iowa der Überraschungssieger gewesen.
Er und auch Ron Paul haben bei Caucuses bessere Chancen als in einem Primary, weil ein besonderes politisches Engangement dazu gehört, zu einem solchen unter Umständen stundenlangen Treffen zu gehen. Und sowohl Ron Pauls als auch Santorums Anhänger sind sehr engagierte Leute; die noch dazu in den Debatten eines Caucus Unentschlossene für ihren Kandidaten gewinnen können.
Die Exit Polls lieferten einige interessante Ergebnisse:
Nur Santorum kam bei Männern und Frauen ungefähr gleich gut an. Ron Paul verdankt sein enttäuschendes Abschneiden vor allem den Frauen (5 Prozent), während er von den Männern fast doppelt so viele Stimmen (9 Prozent) erhielt.
Nicht minder drastisch war der Unterschied zwischen den Geschlechtern bei den beiden Hauptkonkurrenten: Bei den Frauen hatte Romney einen gewaltigen Vorsprung vor Gingrich (51 zu 28 Prozent); bei den Männern lag er mit 41 zu 36 Prozent nur knapp vorn. Und Romney punktete bei den Latinos, von denen er 54 Prozent erhielt (Gingrich nur 28).
Besonders beruhigend für Mitt Romney dürfte es sein, daß er auch bei den Konservativen und vor allem bei den Anhängern der Tea Party relativ gut abschnitt. Bei diesen lag der die konservative Karte spielende Gingrich nur knapp (41 zu 37 Prozent) vorn; wie auch bei den Evangelikalen (38 zu 35 Prozent für Gingrich).
Bei Ron Paul zeigte sich erneut das, was man das Altersparadox nennen könnte: Seine Anhänger hat der 76jährige vor allem bei den Jungen (bei den unter 30jährigen lag er sogar vor Gingrich auf Platz zwei); von den Senioren hingegen wählten gerade einmal 3 Prozent ihren Generationsgenossen. Offenbar folgen von den Lebenserfahrenen nur wenige seinem idealistischen Glauben an eine bessere Welt der Freiheit; während er damit junge Menschen zu begeistern vermag. Daß dies ein Liberaler kann, ist immerhin ein ermutigendes Zeichen.
Alles in allem war dies Romneys Tag. Dennoch ist die Nominierung noch lange nicht gelaufen.
In CNN hat John King sich der Übung unterzogen, einmal für alle kommenden Vorwahlen durchzugehen, wie sie - gegeben die momentane Situation - ausgehen könnten.
Romney würde dann zwar vorn liegen, aber lange brauchen, um eine Mehrheit der Delegiertenstimmen zu erreichen. Der Hauptgrund ist, daß Gingrich die konservativen Südstaaten gewinnen dürfte, dazu vielleicht noch den einen oder anderen Staat vor allem im Nordwesten. Das Rennen, meinte King, könnte ähnlich lang - bis in den Sommer hinein - offenbleiben wie 2008 das zwischen Barack Obama und Hillary Clinton.
Gestern habe ich die Prognose von Nate Silver mitgeteilt. Er sagte einen 15-Punkte-Vorsprung für Romney vorher (44 Prozent gegenüber 29 Prozent für Gingrich; siehe Heute wählt Florida. Wird es überraschenderweise keine Überraschung geben?; ZR vom 31. 1. 2012). Das Ergebnis nach jetzigem Stand: Romney hat mit einem Vorsprung von exakt 15 Prozentpunkten gewonnen (47 zu 32 Prozent).
Beide haben also etwas besser abgeschnitten, als es Silver vorhergesagt hatte. Das ging hauptsächlich auf Kosten von Ron Paul, den - siehe hier - Silver bei 11 Prozent gesehen hatte; er wird aber nur 7 Prozent erreichen. Santorum bekommt die 13 Prozent, die ihm Silver gegeben hatte.
Ron Paul hat in Florida wohl vor allem an seiner Geldknappheit gelitten. Die beiden Großen Romney und Gingrich lieferten sich bei den TV-Spots eine regelrechte Materialschlacht; da konnte er nicht mithalten.
Aber es lag nach meinem Eindruck nicht nur daran. Während ich schreibe, spricht Ron Paul. Er ist der letzte der Vier. Die drei anderen gingen auf das Ergebnis von Florida ein und ließen (siehe unten) ihre künftige Strategie erkennen. Ron Paul aber hat fast wörtlich seine Standardrede gehalten, die jeder politisch interessierte Amerikaner nun schon fast auswendig kennt.
Er wirkte sympathisch wie immer, aber allmählich doch recht müde, fast schon ausgelaugt und noch fahriger als sonst. Die Strapazen eines solchen Wahlkampfs gehen eben an einem 76jährigen doch nicht spurlos vorüber; auch wenn er - wie in einer der Debatten in Florida - seine jüngeren Kontrahenten herausforderte, mit ihm beim Fahrradfahren mitzuhalten.
Es wird immer deutlicher, was Ron Paul will: Nicht Präsident werden; das kann er nicht schaffen. Sondern neue Anhänger für seine freiheitliche politische Philosophie gewinnen und mit so vielen Delegierten wie möglich auf dem Wahlparteitag im August das Programm (die "Plattform") der Partei mitbestimmen.
Der Sieger Romney hat sich in seiner Rede schon ganz staatsmännisch gegeben. Im Wahlkampf in Florida hatte er auf Gingrichs persönliche Angriffe mit nicht minder heftigen Attacken unterhalb der Gürtellinie reagiert und damit offenbar Boden gutgemacht; jetzt aber war er wieder der eher moderate Mann, den man kennt. Ein CNN-Kommentator meinte, der coole Romney könne das an- und ausknipsen, wie er es für taktisch geboten halte, während Gingrich bei diesen persönlichen Giftigkeiten wirklich emotional beteiligt sei. (Wozu paßt, daß Gingrich noch nicht einmal Romney zu seinem Sieg gratulierte - in den USA eigentlich eine Selbstverständlichkeit; es war danach eine der Hauptmeldungen).
Zu seinen Konkurrenten fand Romney ein paar freundliche Worte - und kein negatives. Umso heftiger griff er Barack Obama an. Seine Strategie war recht offenkundig: Bei den künftigen Vorwahlen und Caucuses (es folgen jetzt ab kommendem Samstag die Caucuses in Nevada, Maine, Colorado und Minnesota) wird er nach dem heutigen Erfolg schon in der Rolle des Herausforderers von Präsident Obama aufzutreten versuchen. Er soll als der sozusagen schon feststehende Nominierte erscheinen, der künftig auf Augenhöhe mit dem Präsidenten agiert.
Newt Gingrichs Strategie wurde in seiner Rede am Wahlabend ebenfalls deutlich: Er setzt jetzt auf gnadenlosen Populismus. Vom "Volk" war ständig die Rede; und Gingrich ging sogar so weit, von einem "Feldzug des Volks" (people's campaign) zu sprechen, das seine Wünsche "beiden Parteien aufzwingen" werde (imposing it on both parties).
Gingrich versucht also jetzt, das Erfolgsrezept Obamas von 2008 zu kopieren: Wahlkampf als eine Volksbewegung gegen "die da oben"; gegen die Parteien, gegen "Washington". Daß er selbst lange Jahre im Zentrum des politicking in Washington gestanden hatte, muß Gingrich bei dieser Strategie freilich erst einmal vergessen machen.
Rick Santorum hatte am Abend Florida schon verlassen, um in Nevada (Caucuses am kommenden Samstag) Wahlkampf zu machen. Seine Bewertung war nüchtern: Er habe in Florida angesichts seiner knappen Kasse nicht mehr erreichen können. Von den jetzt folgenden Caucuses verspricht er sich bessere Ergebnisse; in der Tat war er ja bei den Caucuses von Iowa der Überraschungssieger gewesen.
Er und auch Ron Paul haben bei Caucuses bessere Chancen als in einem Primary, weil ein besonderes politisches Engangement dazu gehört, zu einem solchen unter Umständen stundenlangen Treffen zu gehen. Und sowohl Ron Pauls als auch Santorums Anhänger sind sehr engagierte Leute; die noch dazu in den Debatten eines Caucus Unentschlossene für ihren Kandidaten gewinnen können.
Die Exit Polls lieferten einige interessante Ergebnisse:
Nur Santorum kam bei Männern und Frauen ungefähr gleich gut an. Ron Paul verdankt sein enttäuschendes Abschneiden vor allem den Frauen (5 Prozent), während er von den Männern fast doppelt so viele Stimmen (9 Prozent) erhielt.
Nicht minder drastisch war der Unterschied zwischen den Geschlechtern bei den beiden Hauptkonkurrenten: Bei den Frauen hatte Romney einen gewaltigen Vorsprung vor Gingrich (51 zu 28 Prozent); bei den Männern lag er mit 41 zu 36 Prozent nur knapp vorn. Und Romney punktete bei den Latinos, von denen er 54 Prozent erhielt (Gingrich nur 28).
Besonders beruhigend für Mitt Romney dürfte es sein, daß er auch bei den Konservativen und vor allem bei den Anhängern der Tea Party relativ gut abschnitt. Bei diesen lag der die konservative Karte spielende Gingrich nur knapp (41 zu 37 Prozent) vorn; wie auch bei den Evangelikalen (38 zu 35 Prozent für Gingrich).
Bei Ron Paul zeigte sich erneut das, was man das Altersparadox nennen könnte: Seine Anhänger hat der 76jährige vor allem bei den Jungen (bei den unter 30jährigen lag er sogar vor Gingrich auf Platz zwei); von den Senioren hingegen wählten gerade einmal 3 Prozent ihren Generationsgenossen. Offenbar folgen von den Lebenserfahrenen nur wenige seinem idealistischen Glauben an eine bessere Welt der Freiheit; während er damit junge Menschen zu begeistern vermag. Daß dies ein Liberaler kann, ist immerhin ein ermutigendes Zeichen.
Alles in allem war dies Romneys Tag. Dennoch ist die Nominierung noch lange nicht gelaufen.
In CNN hat John King sich der Übung unterzogen, einmal für alle kommenden Vorwahlen durchzugehen, wie sie - gegeben die momentane Situation - ausgehen könnten.
Romney würde dann zwar vorn liegen, aber lange brauchen, um eine Mehrheit der Delegiertenstimmen zu erreichen. Der Hauptgrund ist, daß Gingrich die konservativen Südstaaten gewinnen dürfte, dazu vielleicht noch den einen oder anderen Staat vor allem im Nordwesten. Das Rennen, meinte King, könnte ähnlich lang - bis in den Sommer hinein - offenbleiben wie 2008 das zwischen Barack Obama und Hillary Clinton.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Das Lansdowne-Porträt von George Washington, gemalt von Gilbert Stuart (1796). National Portrait Gallery der Smithsonian Institution. Das Porträt zeigt Washington, wie er auf eine weitere (dritte) Amtszeit verzichtet. Links zu allen Beiträgen dieser Serie finden Sie hier. Siehe auch die Serie Der 44. Präsident der USA von 2008.