18. Februar 2012

Marginalie: Zwei originelle Vorschläge für die Wulff-Nachfolge

"Welt-Online" bietet gegenwärtig einen lesenswerten Live-Ticker mit dem Neuesten, was über die Wulff-Nachfolge kolportiert wird.

Wie meistens dann, wenn eine "Findekommission", eine Berufungskommission o.ä. arbeiten, geht man nach dem Ausschlußverfahren vor: Die möglichen Kandidaten werden gesichtet, und dann schließt man in sukzessiven Schritten diejenigen aus, die keine Chance mehr haben; beispielsweise, weil sie von einem Teil des jeweiligen Gremiums vehement abgelehnt werden oder weil ein objektiver Faktor gegen sie spricht.

Aus diesem Grund sind jetzt, folgt man "Welt-Online", sowohl Klaus Töpfer als auch Joachim Gauck aus dem Rennen - der eine, weil er der FDP zu öko sei, der andere, weil sich zu viele im Lager von Union und FDP nicht mit ihm anfreunden könnten. (Warum eigentlich nicht? Einen liberaleren, konservativeren Mann wird man nicht als Präsidenten bekommen können). Der kurzzeitige Favorit Andreas Voßkuhle, derzeit Präsident des Bundesverfassungsgerichts, hat offenbar inzwischen abgesagt.



Einen originellen Vorschlag hat laut diesem Live-Ticker Martin Walser gemacht: Klaus von Dohnanyi.

An ihm paßt in der Tat alles - ein Mann zwar aus der SPD, aber immer auf der Linie Helmut Schmidts; liberaler als mancher in der FDP und konservativer als viele in der Union. Ein souveräner Geist; ein gerader Charakter. Er gehörte zu den wenigen in der SPD, die nicht nur die Hetze gegen Sarrazin nicht mitgemacht haben, sondern er hat ihn sogar ausdrücklich unterstützt.

Es gibt bei von Dohnanyi allerdings ein Problem. Martin Walser (er wird im März 85) mag es übersehen haben; oder - wahrscheinlicher - er hat darüber hinweggeschmunzelt: Klaus von Dohnanyi ist fast ebenso alt wie Walser selbst. Er wird im Juni 84, wäre also am Ende seiner Amtszeit als Präsident nahezu 90 Jahre.

Wenn man ihn in TV-Diskussionen erlebt, dann wirkt Klaus von Dohnanyi unverändert fit. Daß er sich das Amt des Präsidenten mit seinen Verpflichtungen beispielsweise zu Auslandsreisen noch zutraut, wird man aber bezweifeln dürfen.

Ansonsten - ein ausgezeichneter Gedanke. Ein Vorschlag, auf den jeder hätte kommen können. Aber nur einer ist darauf gekommen; wie so oft, wenn etwas eigentlich auf der Hand liegt.

Vermutlich auch nur einer ist auf einen anderen, noch überraschenderen Kandidaten gekommen. In Zettels kleinem Zimmer hat Ulrich Elkmann den Schriftsteller Asfa-Wossen Asserate vorgeschlagen, "nur halb im Scherz", wie er schreibt.

Asfa-Wossen hat in der Tat viele der Eigenschaften, die man sich von einem Bundespräsidenten wünscht: Er ist ein kluger, origineller Kopf. Er hat beste Manieren. Als Großneffe des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie weiß er sich in Gesellschaft zu bewegen. Er hat sich ausführlich mit der deutschen Geschichte und Kultur befaßt und ein vielgerühmtes Buch über die deutsche Gesellschaft geschrieben.

Das Schönste an diesem Kandidaten aber wäre: Er hat einen "Migrationshintergrund" (er wurde in Addis Abeba geboren, wo er an der deutschen Schule Abitur machte, promovierte in Frankfurt und ist seit 1981 Deutscher) und müßte deshalb von den Roten und den Grünen eigentlich mit offenen Armen empfangen werden. Allerdings ist er auch ein liberaler Geist; und in seiner Studienzeit in Tübingen gehörte er gar einer Korporation an, dem Corps Suevia.

Ein Liberalkonservativer also, zu dem SPD und Grüne schlecht nein sagen könnten - der ideale Bundespräsident. Nur hat er sich, soweit bekannt, nie mit deutscher Politik befaßt.­
Zettel



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