Eigentlich ist jetzt die Zeit, wo die Vorwahlen und Caucuses sozusagen eine Atempause machen.
Die ersten Staaten haben bei den Republikanern (GOP) über ihre Delegierten entschieden; Staaten wie Iowa, New Hampshire und South Carolina, in denen normalerweise die Trends sichtbar werden und die deshalb besondere Aufmerksamkeit finden. Das nächste große Ereignis, das in den USA große Beachtung auf nationaler Ebene genießt, ist der Super Tuesday Anfang März, an dem traditionell zahlreiche Entscheidungen zugleich stattfinden.
Vor vier Jahren waren es nicht weniger als 24; diesmal hat es Terminverschiebungen gegeben, und am 6. März werden nur in 10 Bundesstaaten Caucuses und Primaries veranstaltet; in Alaska, Georgia, Idaho, Massachusetts, North Dakota, Ohio, Oklahoma, Tennessee, Vermont und Virginia. Insgesamt wird dann an einem Tag über 437 Delegierte entschieden. In vielen Wahljahren war nach dem jeweiligen Super Tuesday das Rennen gelaufen.
Die Entscheidungen in Colorado, Minnesota und Missouri liegen zwischen dem spannenden Auftakt und diesem spannenden Höhepunkt und finden deshalb meist weniger Beachtung. Das äußert sich auch in diesem Jahr zum Beispiel darin, daß es dort nicht die geballte Meinungsforschung gibt wie etwa kürzlich in Florida. Nur ein einziges der großen Institute (Public Policy Polling; PPP) hat in diesen drei Staaten überhaupt Umfragen gemacht; weswegen Nate Silver diesmal auf Prognosen verzichtet - es fehle dafür die Datenbasis.
Aber dieses Jahr ist doch eben alles anders. Sie können sich das im einzelnen ansehen, wenn sie den einen oder anderen Artikel aus dieser Serie nachlesen; ausführlich habe ich mit den Rückkopplungen, die zu den bisherigen ständigen Überraschungen geführt haben, in einem Artikel außerhalb der Serie befaßt (Gingrichs Aufstieg, Wulffs Affäre, der Niedergang der FDP - drei Beispiele für rückgekoppelte Prozesse; ZR vom 26. 1. 2012).
Dies ist ein Vorwahlprozeß voller Wendungen und verblüffenden Resultaten. Und so könnten diesmal auch diese grauen Mäuse Colorado, Minnesota und Missouri sozusagen Farbe bekommen. Und zwar durch ihre Bedeutung für den Wahlkampf von Rick Santorum.
Dieser gern als "erzkonservativ" bezeichnte Kandidat, der in der Tat ein frommer Katholik ist, aber kein Eiferer, schien lange Zeit aussichtslos im Rennen zu liegen. Dann schaffte er überraschend in Iowa ein ausgezeichnetes Ergebnis (die Nachzählung der Stimmen ergab, daß er sogar, ganz knapp vor Romney, die meisten Stimmen geholt hatte), konnte allerdings anschließend in New Hamphire, South Carolina und Florida nicht an diesen Erfolg anknüpfen. Auch sein Abschneiden in Nevada war für ihn enttäuschend; mit 10,0 Prozent ging er als Letzter durchs Ziel.
Will er im Rennen bleiben, dann braucht Santorum dringend einen Erfolg. Schafft er Siege in Minnesota und Missouri, dann könnte er sein Ziel erreichen, die konservativen Wähler, die sich nicht mit Romney anfreunden können und die bisher überwiegend Gingrich gewählt haben, künftig zunehmend auf seine Seite zu ziehen. Besiegt er gar Romney deutlich, dann bekommt er einen kräftigen Schwung. Es geht also wieder einmal um das momentum; den Erfolg, den ein Kandidat braucht, um auf die Erfolgsspur zu gelangen.
Die Chancen Santorums stehen nicht schlecht. In Iowa hat er gewonnen, und sowohl Minnesota als auch Missouri grenzen unmittelbar an Iowa. Alle drei Staaten liegen in einem Streifen zwischen dem Industriegebiet um die Großen Seen und dem ländlichen Mittleren Westen. Sie können sich das auf dieser Karte ansehen (Bevölkerungszahlen in Tausend; dies gibt einen Eindruck davon, wieviele Delegierte jeweils auf dem Spiel stehen. Für eine vergrößerte Ansicht bittte auf die Abbildung klicken):
Verschiedene Indikatoren deuten auf einen Erfolg Santorums in Minnesota und Missouri hin:
Dies gestern war ein großer Tag für Rick Santorum. Es ist damit sicher, daß er im Rennen bleibt. Newt Gingrich hat im konservativen Minnesota so schlecht abgeschnitten, daß seine Chancen damit nach seinen dürftigen Ergebnissen in Florida und Nevada weiter gesunken sind. Mitt Romney kann nicht zufrieden sein, hat aber auch nicht dramatisch verloren.
Und Ron Paul? Ach ja, Ron Paul. Er ist immer wieder für eine Überraschung gut. In Nevada ging er dort, wo die Militärs testen und die Wissenschaftler forschen, sogar als erster durchs Ziel. Jetzt könnte er es in Minnesota auf den zweiten Rang schaffen.
Aber wie ich schon oft in dieser Serie geschrieben habe: Man darf sich dadurch nicht täuschen lassen. Die GOP ist eine konservative, keine libertäre Partei. Einen Ron Paul wird sie nicht auf ihren Schild heben - es sei denn, es ergäbe sich die unwahrscheinliche Situation, daß allein er Aussichten hätte, Barack Obama zu schlagen.
Nachtrag um 13.30 Uhr: Der Artikel gibt den Stand von heute Nacht kurz nach vier Uhr wieder. Nachzutragen ist jetzt dies:
In diesem Ergebnis stecken eine allgemeine und eine spezielle Überraschung:
Allgemein hat Santorum besser abgeschnitten, als es alle - er und seine Anhänger vielleicht ausgenommen - erwartet hatten. Und speziell ist sein Sieg in Colorado eine große Überraschung, wo ihn niemand vorn gesehen hatte.
Colorado, das erst 1876 zu einem Bundesstaat der USA wurde, gehört nicht wie Minnesota und Missouri teils zum agrarischen Mittelwesten und teils noch zum Industriegebiet um die Großen Seen. Als ein Staat, der teils in den Rocky Mountains liegt, zählt Colorado eher zum Wilden Westen. Im Süden grenzt es (siehe obige Karte) an New Mexico, im Westen an Utah. In Colorado ist man sportlich-progressiv, nicht ländlich-konservativ.
Hinzu kommt: Ähnlich wie in Nevada ist das flache Land dünn besiedelt; rund 62 Prozent der Bevölkerung leben in der städtischen Zone mit den drei Städten Denver, Boulder und Aurora und ihrem Umland. Hier waren somit eigentlich die Bedingungen für Romney optimal, der auch Denver für seine Siegesfeier vorgesehen hatte. Sie fiel ins Wasser. Romney erlebte kein zweites Nevada, sondern ein zweites South Carolina - nur diesmal nicht mit Gingrich, sondern Santorum als demjenigen, der ihm die Butter vom Brot nahm.
Aus dem Zweikampf zwischen Romney und Gingrich ist damit seit gestern ein Kampf zwischen Dreien geworden. Statt daß das Feld sich - wie es im Verlauf von Vorwahlen üblich ist - immer mehr einengt, hat es sich jetzt verbreitert.
Der eigentliche Sieger der vergangenen Nacht heißt Barack Obama. Santorum kann gegen ihn kaum gewinnen; dafür ist er den Wählern der Mitte zu konservativ. Nur Gingrich würde nach den gegenwärtigen Umfragen noch schlechter gegen Obama abschneiden als er.
Santorums Aufschwung hat wieder einmal das Grunddilemma der GOP beleuchtet: Sie muß ihre konservativen Mitglieder und Anhänger mobilisieren, aber sie muß - soll ihr Kandidat den Präsidenten Obama schlagen - auch für Wähler der Mitte attraktiv sein. Romney ist das Letztere; aber die Konservativen können ihm wenig abgewinnen. Santorum könnte die Konservativen mobilisieren, aber unter den independents genießt er wenig Sympathie.
Das Dilemma war 2008 ähnlich, als der GOP-Kandidat John McCain den Konservativen nicht konservativ genug war. Er löste das Problem damals, indem er die konservative Sarah Palin zu seinem running mate machte, also zur Kandidatin für die Vizepräsidentschaft. Sollte Romney am Ende doch das Rennen machen - wofür immer noch am meisten spricht -, dann wird er eine ähnliche Entscheidung treffen müssen. Und wer weiß - vielleicht entscheidet er sich dann ja für Rick Santorum?
Für diesen könnte das attraktiv sein. Er ist zwar nicht ganz so jung, wie er aussieht (im Mai wird er 54), aber jung genug, um auch in acht Jahren aus dem Amt des Vizepräsidenten heraus noch Präsident werden zu können. Solch eine Karriere ist nicht selten. Nixon begann als der Vize Eisenhowers, Bush sen. als der Vize Reagans. Und Al Gore, der knapp gegen Bush jun. verlor, war der Vize Bill Clintons gewesen.
Die ersten Staaten haben bei den Republikanern (GOP) über ihre Delegierten entschieden; Staaten wie Iowa, New Hampshire und South Carolina, in denen normalerweise die Trends sichtbar werden und die deshalb besondere Aufmerksamkeit finden. Das nächste große Ereignis, das in den USA große Beachtung auf nationaler Ebene genießt, ist der Super Tuesday Anfang März, an dem traditionell zahlreiche Entscheidungen zugleich stattfinden.
Vor vier Jahren waren es nicht weniger als 24; diesmal hat es Terminverschiebungen gegeben, und am 6. März werden nur in 10 Bundesstaaten Caucuses und Primaries veranstaltet; in Alaska, Georgia, Idaho, Massachusetts, North Dakota, Ohio, Oklahoma, Tennessee, Vermont und Virginia. Insgesamt wird dann an einem Tag über 437 Delegierte entschieden. In vielen Wahljahren war nach dem jeweiligen Super Tuesday das Rennen gelaufen.
Die Entscheidungen in Colorado, Minnesota und Missouri liegen zwischen dem spannenden Auftakt und diesem spannenden Höhepunkt und finden deshalb meist weniger Beachtung. Das äußert sich auch in diesem Jahr zum Beispiel darin, daß es dort nicht die geballte Meinungsforschung gibt wie etwa kürzlich in Florida. Nur ein einziges der großen Institute (Public Policy Polling; PPP) hat in diesen drei Staaten überhaupt Umfragen gemacht; weswegen Nate Silver diesmal auf Prognosen verzichtet - es fehle dafür die Datenbasis.
Aber dieses Jahr ist doch eben alles anders. Sie können sich das im einzelnen ansehen, wenn sie den einen oder anderen Artikel aus dieser Serie nachlesen; ausführlich habe ich mit den Rückkopplungen, die zu den bisherigen ständigen Überraschungen geführt haben, in einem Artikel außerhalb der Serie befaßt (Gingrichs Aufstieg, Wulffs Affäre, der Niedergang der FDP - drei Beispiele für rückgekoppelte Prozesse; ZR vom 26. 1. 2012).
Dies ist ein Vorwahlprozeß voller Wendungen und verblüffenden Resultaten. Und so könnten diesmal auch diese grauen Mäuse Colorado, Minnesota und Missouri sozusagen Farbe bekommen. Und zwar durch ihre Bedeutung für den Wahlkampf von Rick Santorum.
Dieser gern als "erzkonservativ" bezeichnte Kandidat, der in der Tat ein frommer Katholik ist, aber kein Eiferer, schien lange Zeit aussichtslos im Rennen zu liegen. Dann schaffte er überraschend in Iowa ein ausgezeichnetes Ergebnis (die Nachzählung der Stimmen ergab, daß er sogar, ganz knapp vor Romney, die meisten Stimmen geholt hatte), konnte allerdings anschließend in New Hamphire, South Carolina und Florida nicht an diesen Erfolg anknüpfen. Auch sein Abschneiden in Nevada war für ihn enttäuschend; mit 10,0 Prozent ging er als Letzter durchs Ziel.
Will er im Rennen bleiben, dann braucht Santorum dringend einen Erfolg. Schafft er Siege in Minnesota und Missouri, dann könnte er sein Ziel erreichen, die konservativen Wähler, die sich nicht mit Romney anfreunden können und die bisher überwiegend Gingrich gewählt haben, künftig zunehmend auf seine Seite zu ziehen. Besiegt er gar Romney deutlich, dann bekommt er einen kräftigen Schwung. Es geht also wieder einmal um das momentum; den Erfolg, den ein Kandidat braucht, um auf die Erfolgsspur zu gelangen.
Die Chancen Santorums stehen nicht schlecht. In Iowa hat er gewonnen, und sowohl Minnesota als auch Missouri grenzen unmittelbar an Iowa. Alle drei Staaten liegen in einem Streifen zwischen dem Industriegebiet um die Großen Seen und dem ländlichen Mittleren Westen. Sie können sich das auf dieser Karte ansehen (Bevölkerungszahlen in Tausend; dies gibt einen Eindruck davon, wieviele Delegierte jeweils auf dem Spiel stehen. Für eine vergrößerte Ansicht bittte auf die Abbildung klicken):
Verschiedene Indikatoren deuten auf einen Erfolg Santorums in Minnesota und Missouri hin:
Und schließlich deuten auch die Teilresultate, die einlaufen, während ich dies schreibe, auf einen Sieg Santorums hin; und zwar auf einen noch größeren, als ihn die Umfragen von PPP erwarten ließen:Die Umfragen von PPP sehen ihn in beiden Staaten vorn (in Minnesota mit 33 Prozent vor Romney mit 24 Prozent; in Missouri mit 45 Prozent gegen 32 Prozent für Romney) Beide Staaten haben - das teilen sie mit dem übrigen Mittleren Westen - einen relativ hohen Anteil evangelikaler Christen. Bei den bisherigen Vorwahlen und Primaries hat Santorum in dieser Gruppe weit überdurchschnittlich abgeschnitten (22 Prozent gegenüber nur 9 Prozent bei den übrigen Wählern). Aufgrund ihrer Nähe zu den Industriezentren rund um die Großen Seen haben beide Staaten andererseits aber auch einen relativ hohen Anteil von blue collar workers, von Industriearbeitern; vor allem Minnesota. In Bevölkerungsgruppen mit niedrigerem Einkommen hat bisher Romney schlecht abgeschnitten. Ein neuerdings beliebter Indikator sind die Suchanfragen bei Google. Nate Silver hat sie sich für die vier Kandidaten in den Staaten angesehen, die gestern gewählt haben. In allen drei Staaten lag Santorum mit einem besonders starken Anstieg gegenüber dem Basiswert weit vor Romney, Gingrich und Ron Paul.
Wenn Sie dies lesen, liegen genauere Ergebnisse vor; vielleicht schon das Endergebnis. Beim gegenwärtigen Stand läßt sich soviel sagen:In Missouri liegt Santorum mit 55 Prozent weit vor Romney mit 25 Prozent und Paul mit 12 Prozent (79 Prozent der Stimmen ausgezählt; Gingrich trat nicht an). In Minnesota führt Santorum ebenfalls mit deutlichem Vorsprung; allerdings sind dort erst 24 Prozent ausgezählt (derzeitiger Stand: 45 Prozent Santorum; 27 Prozent Paul; 17 Prozent Romney und nur 11 Prozent für Gingrich). Im weiter westlich gelegenen Colorado, bei dem die Wahllokale später schlossen (dort gilt Mountain Time, nicht Central Time), sind erst 11 Prozent der Stimmen ausgezählt. Hier führt zwar Santorum ebenfalls; aber das besagt noch nichts.
Dies gestern war ein großer Tag für Rick Santorum. Es ist damit sicher, daß er im Rennen bleibt. Newt Gingrich hat im konservativen Minnesota so schlecht abgeschnitten, daß seine Chancen damit nach seinen dürftigen Ergebnissen in Florida und Nevada weiter gesunken sind. Mitt Romney kann nicht zufrieden sein, hat aber auch nicht dramatisch verloren.
Und Ron Paul? Ach ja, Ron Paul. Er ist immer wieder für eine Überraschung gut. In Nevada ging er dort, wo die Militärs testen und die Wissenschaftler forschen, sogar als erster durchs Ziel. Jetzt könnte er es in Minnesota auf den zweiten Rang schaffen.
Aber wie ich schon oft in dieser Serie geschrieben habe: Man darf sich dadurch nicht täuschen lassen. Die GOP ist eine konservative, keine libertäre Partei. Einen Ron Paul wird sie nicht auf ihren Schild heben - es sei denn, es ergäbe sich die unwahrscheinliche Situation, daß allein er Aussichten hätte, Barack Obama zu schlagen.
Nachtrag um 13.30 Uhr: Der Artikel gibt den Stand von heute Nacht kurz nach vier Uhr wieder. Nachzutragen ist jetzt dies:
Ein Endergebnis liegt noch aus keinem der drei Staaten vor. In Missouri sind gegenwärtig 99 Prozent der Stimmlokale ausgezählt, in Minnesota 89 Prozent und in Colorado 99 Prozent. (Dies wie auch die folgenden Zahlen entnehme ich der sehr detaillierten und immer aktuellen Auflistung bei CNN). In Missouri haben sich die oben genannten Zahlen nicht mehr verändert: Santorum 55 Prozent, Romney 25 Prozent und Paul 12 Prozent. 4 Prozent sind uncommitted, d.h. die betreffenden Delegierten sind frei darin, für welchen der Kandidaten sie sich entscheiden, wenn auf der Ebene des Bundesstaats die Delegierten zusammentreten und ihre Vertreter für den Parteitag wählen. Die restlichen 4 Prozent entfielen auf sonstige Kandidaten. Auch in Minnesota hat sich an dem Ergebnis, das ich aufgrund von erst 24 Prozent ausgezählter Stimmen genannt hatte, nichts mehr geändert: 45 Prozent Santorum; 27 Prozent Paul; 17 Prozent Romney und nur 11 Prozent für Gingrich. In Colorado lautet das Ergebnis nach Auszählung fast aller Stimmen: Santorum 40 Prozent, Romney 35 Prozent, Gingrich 13 und Paul 12 Prozent.
In diesem Ergebnis stecken eine allgemeine und eine spezielle Überraschung:
Allgemein hat Santorum besser abgeschnitten, als es alle - er und seine Anhänger vielleicht ausgenommen - erwartet hatten. Und speziell ist sein Sieg in Colorado eine große Überraschung, wo ihn niemand vorn gesehen hatte.
Colorado, das erst 1876 zu einem Bundesstaat der USA wurde, gehört nicht wie Minnesota und Missouri teils zum agrarischen Mittelwesten und teils noch zum Industriegebiet um die Großen Seen. Als ein Staat, der teils in den Rocky Mountains liegt, zählt Colorado eher zum Wilden Westen. Im Süden grenzt es (siehe obige Karte) an New Mexico, im Westen an Utah. In Colorado ist man sportlich-progressiv, nicht ländlich-konservativ.
Hinzu kommt: Ähnlich wie in Nevada ist das flache Land dünn besiedelt; rund 62 Prozent der Bevölkerung leben in der städtischen Zone mit den drei Städten Denver, Boulder und Aurora und ihrem Umland. Hier waren somit eigentlich die Bedingungen für Romney optimal, der auch Denver für seine Siegesfeier vorgesehen hatte. Sie fiel ins Wasser. Romney erlebte kein zweites Nevada, sondern ein zweites South Carolina - nur diesmal nicht mit Gingrich, sondern Santorum als demjenigen, der ihm die Butter vom Brot nahm.
Aus dem Zweikampf zwischen Romney und Gingrich ist damit seit gestern ein Kampf zwischen Dreien geworden. Statt daß das Feld sich - wie es im Verlauf von Vorwahlen üblich ist - immer mehr einengt, hat es sich jetzt verbreitert.
Der eigentliche Sieger der vergangenen Nacht heißt Barack Obama. Santorum kann gegen ihn kaum gewinnen; dafür ist er den Wählern der Mitte zu konservativ. Nur Gingrich würde nach den gegenwärtigen Umfragen noch schlechter gegen Obama abschneiden als er.
Santorums Aufschwung hat wieder einmal das Grunddilemma der GOP beleuchtet: Sie muß ihre konservativen Mitglieder und Anhänger mobilisieren, aber sie muß - soll ihr Kandidat den Präsidenten Obama schlagen - auch für Wähler der Mitte attraktiv sein. Romney ist das Letztere; aber die Konservativen können ihm wenig abgewinnen. Santorum könnte die Konservativen mobilisieren, aber unter den independents genießt er wenig Sympathie.
Das Dilemma war 2008 ähnlich, als der GOP-Kandidat John McCain den Konservativen nicht konservativ genug war. Er löste das Problem damals, indem er die konservative Sarah Palin zu seinem running mate machte, also zur Kandidatin für die Vizepräsidentschaft. Sollte Romney am Ende doch das Rennen machen - wofür immer noch am meisten spricht -, dann wird er eine ähnliche Entscheidung treffen müssen. Und wer weiß - vielleicht entscheidet er sich dann ja für Rick Santorum?
Für diesen könnte das attraktiv sein. Er ist zwar nicht ganz so jung, wie er aussieht (im Mai wird er 54), aber jung genug, um auch in acht Jahren aus dem Amt des Vizepräsidenten heraus noch Präsident werden zu können. Solch eine Karriere ist nicht selten. Nixon begann als der Vize Eisenhowers, Bush sen. als der Vize Reagans. Und Al Gore, der knapp gegen Bush jun. verlor, war der Vize Bill Clintons gewesen.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Das Lansdowne-Porträt von George Washington, gemalt von Gilbert Stuart (1796). National Portrait Gallery der Smithsonian Institution. Karte vom Autor Eddo unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz freigegeben. Links zu allen Beiträgen dieser Serie finden Sie hier. Siehe auch die Serie Der 44. Präsident der USA von 2008.