6. Februar 2012

Kurioses, kurz kommentiert: Emanze von Amts wegen. Das MGEPA von NRW

Ich hatte es zunächst für einen kleinen Scherz gehalten, denn einen Schnitzer leistet er sich selten, der Kolumnist von "Spiegel-Online" und Konservative vom Dienst Jan Fleischhauer. In seiner heutigen Kolumne nämlich, die sich mit Alice Schwarzer und der rotgrünen Landesregierung in NRW befaßt, nennt er das dortige für Frauen zuständige Ministerium kurioserweise "Emanzipationsministerium"; die Ministerin Barbara Steffens eine "Emanzipationsministerin".

Da hat sich Fleischhauer doch sicher eine "Spiegel"-typische Flapsigkeit erlaubt, und das Ministerium heißt in Wahrheit "Ministerium für Frauen und ... etc. pp."?

Nein. Es heißt - so steht es in großen Lettern in der Kopfzeile seines Internet-Auftritts - "MGEPA"; und rechts am Rand erfahren wir in kleiner Schrift, wofür diese hübsche Abkürzung, zu der man "Mega" assoziieren mag, denn steht: Für "Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter".

Ach ja, und als ich das las, fiel mir ein, daß ich darüber ja schon einmal etwas geschrieben hatte; nach der Bildung dieser rotgrünen NRW-Regierung. Damals, im Juli 2010, wurde der Zuschnitt der Ressorts bei dem Machtwechsel radikal verändert, und das betraf auch das Ministerium, dem Barbara Steffens jetzt vorsteht:
Unter der CDU-FDP-Regierung war das Arbeitsministerium auch für Gesundheit zuständig gewesen (...) Die neue Regierung leistet sich hingegen ein eigenes Gesundheitsministerium. Freilich ist dessen Chefin, Barbara Steffens, nicht nur für Gesundheit zuständig, sondern für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter.

Eine aparte Zusammenstellung von Aufgaben, finden Sie nicht? Es gibt nämlich auch noch ein Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport, geleitet von Ute Schäfer. Bis gestern hieß es Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration. (...)

Jetzt also hat man dieses Ministerium (Motto: "Den Zusammenhalt der Gesellschaft im demografischen Wandel aktiv gestalten") zerschlagen. Familie, Kinder und Jugend sind ihm geblieben, aber aus "Frauen" wurde "Emanzipation", und aus "Generationen" wurde "Alter" und "Pflege". Beides gehört nun zur Gesundheit.

Besser läßt sich die Ideologie dieser neuen Regierung kaum illustrieren: Frauenpolitik wird mit Emanzipationspolitik gleichgesetzt, und von den Generationen bleiben Familie, Kinder und Jugend zusammen im einen Ministerium, während die Alten der "Pflege" zugeschlagen und ins Gesundheitsministerium befördert werden. (Schönes neues Nordrhein-Westfalen. Das seltsame Kabinett Kraft; ZR vom 15. z. 2010).
Und von dem allen abgesehen - "Emanzipation" im Namen eines Ministeriums ist auch formal ein Unding.

Denn die Ressorts einer Regierung sind durch die Zuständigkeit für bestimmte Bereiche definiert - Außenbeziehungen, Inneres, Finanzen und so fort. "Emanzipation" aber ist kein Zuständigkeitsbereich, sondern ein politisches Ziel.

Würde man das generell einführen, dann könnte man das Arbeitsministerium vielleicht "Ministerium für Vollbeschäfti­gung" nennen und das Familienministerium "Ministerium für Erhöhung der Geburtenrate".

Und die FDP hätte bei den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2009 fordern müssen, das Finanzministerium in "Ministerium für Steuersenkungen" umzutaufen.
Zettel



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