Wenn der bisherige Verlauf der Primaries eines gelehrt hat, dann dies: In diesem von Volatilität des Wählers - von seinem Hin- und Herschwanken, seinem Wechseln und Rochieren - bestimmten Vorwahlkampf GOP (der Republikanischen Partei) ist nur eines sicher: Daß so gut wie nichts sicher ist.
Jede der drei bisherigen Vorwahlen lieferte mindestens eine Überraschung. In Iowa war es der Wahlsieg des bis dahin als Nachzügler hinter dem Spitzenfeld herlaufenden katholischen Konservativen Rick Santorum; in New Hampshire das gute Abschneiden Ron Pauls, in dessen Anhängerschaft so etwas wie eine politische Jugendbewegung sichtbar wurde; in South Carolina die vielleicht größte Überraschung - der souveräne Sieg von Newt Gingrich über den Favoriten Mitt Romney; jenes Newt Gingrich, der das Rennen schon verloren zu haben schien.
Und jetzt heute, in Florida? Heute könnte die Überraschung darin bestehen, daß es wider alles Erwarten diesmal keine Überraschung gibt.
Florida nämlich ist Romney-Land: Es gibt dort viele Konservative, aber von der moderaten Sorte. Ein Staat, in den viele erst umgezogen sind - als Rentner, die dort ihren Lebensabend verbringen; als cubanische Einwanderer; als diejenigen, die in in diesem Sunshine State - so nennt er sich, Staat des Sonnenscheins - ihr Glück machen wollen. Zwei Drittel der Bevölkerung sind nicht in Florida geboren; kaum ein anderer US-Staat hat so viele Zuwanderer.
Das ist nicht die Gesellschaft, in der Evangelikale und andere strenge Konservative prosperieren. Konservative gemäßigter Art aber eben schon - man träumt den amerikanischen Traum, oder man genießt es im Alter, daß man ihn hat verwirklichen können.
Der strenge Rick Santorum kann da nicht viel erwarten; auch nicht Ron Paul, der alte Herr, dem begeisterungsfähige junge Leute zujubeln. Und eigentlich auch nicht Newt Gingrich, der zwar wankelmütige, aber streckenweise doch arg radikale Konservative.
Vor Gingrichs Wahlerfolg in South Carolina schien Romneys Sieg in Florida deshalb nachgerade eine Formsache zu sein; nach seinem guten Abschneiden in New Hampshire lag er mit einem zweistelligen Abstand vor Gingrich (siehe Informationen zum Verständnis des Wahlergebnisses in New Hampshire; ZR vom 11. 1. 2012).
Dann aber kam, am 21. Januar, das Primary in South Carolina - und innerhalb weniger Tage ging Gingrich auch in Florida in Führung. Nichts ist eben so erfolgreich wie der Erfolg bei diesen seltsamen Vorwahlen, in denen viele Wähler der GOP keinen der Kandidaten ideal finden, sie sich aber einig darin sind, daß Obama nicht wieder Präsident werden darf (siehe Gingrichs Triumph. "Noch nie gab es ein solches Auf und Ab". Obama, Wählbarkeit und Rückkopplung; ZR vom 22. 1. 2012).
War das jetzt das momentum, das Gingrich den Durchbruch bringen würde? Wohl doch nicht. Zwar liegt er auf der nationalen Ebene inzwischen vor Romney, aber die Wähler von Florida hatten offenbar nur so etwas wie einen kurzen Flirt mit ihm.
Sie sind eben volatil, diese Wähler; wie die Schmetterlinge flattern sie mal hierhin, mal dorthin. "Volare", das ist sozusagen der Begleitsong der diesjährigen Primaries. Gingrichs Führung währte nur ganze zwei Tage; dann setzte sich dieser Schwarm wieder in Richtung Romney in Bewegung. Sie können das sehr schön in dieser Graphik aus einem gestrigen Artikel von Nate Silver sehen.
Wesentlichen Anteil an dieser Wendung der Dinge hatten zwei TV-Debatten, die beide Romney "gewann". Ausschnitte aus der Debatte bei NBC gibt es hier, aus derjenigen bei CNN hier. In beiden wirkte Romney entschlossener und angriffslustiger als Gingrich. Nun sah wieder er wie derjenige aus, der Obama am ehesten schlagen könnte.
Silver gibt inzwischen für die heutige Vorwahl Romney einen soliden Vorsprung von 44 Prozent zu 29 Prozent. Das entspräche ungefähr den Werten vor Gingrichs Erfolg in South Carolina. Die Wahrscheinlichkeit, daß Romney siegt, beträgt laut Silvers Modell 97 Prozent.
Silvers Vorhersagen ändern sich oft sehr schnell; die letzten, unmittelbar vor der jeweiligen Wahl, haben sich aber immer als erstaunlich treffsicher erwiesen. Dahinter steckt viel Arbeit - Silver hat ein mathematisches Modell entwickelt, das er ständig verfeinert; er benutzt eine Datenbank mit allen verfügbaren früheren Umfragewerten und Wahlergebnissen; und er füttert das Modell bis buchstäblich zum letzten Augenblick mit jedem neuen Umfrageergebnis.
Seine Erfolge bei der Vorhersage zeigen damit, was die Demoskopie leisten kann. Sie machen aber auch verständlich, warum demoskopische Vorhersagen so oft danebenliegen:
Jede der drei bisherigen Vorwahlen lieferte mindestens eine Überraschung. In Iowa war es der Wahlsieg des bis dahin als Nachzügler hinter dem Spitzenfeld herlaufenden katholischen Konservativen Rick Santorum; in New Hampshire das gute Abschneiden Ron Pauls, in dessen Anhängerschaft so etwas wie eine politische Jugendbewegung sichtbar wurde; in South Carolina die vielleicht größte Überraschung - der souveräne Sieg von Newt Gingrich über den Favoriten Mitt Romney; jenes Newt Gingrich, der das Rennen schon verloren zu haben schien.
Und jetzt heute, in Florida? Heute könnte die Überraschung darin bestehen, daß es wider alles Erwarten diesmal keine Überraschung gibt.
Florida nämlich ist Romney-Land: Es gibt dort viele Konservative, aber von der moderaten Sorte. Ein Staat, in den viele erst umgezogen sind - als Rentner, die dort ihren Lebensabend verbringen; als cubanische Einwanderer; als diejenigen, die in in diesem Sunshine State - so nennt er sich, Staat des Sonnenscheins - ihr Glück machen wollen. Zwei Drittel der Bevölkerung sind nicht in Florida geboren; kaum ein anderer US-Staat hat so viele Zuwanderer.
Das ist nicht die Gesellschaft, in der Evangelikale und andere strenge Konservative prosperieren. Konservative gemäßigter Art aber eben schon - man träumt den amerikanischen Traum, oder man genießt es im Alter, daß man ihn hat verwirklichen können.
Der strenge Rick Santorum kann da nicht viel erwarten; auch nicht Ron Paul, der alte Herr, dem begeisterungsfähige junge Leute zujubeln. Und eigentlich auch nicht Newt Gingrich, der zwar wankelmütige, aber streckenweise doch arg radikale Konservative.
Vor Gingrichs Wahlerfolg in South Carolina schien Romneys Sieg in Florida deshalb nachgerade eine Formsache zu sein; nach seinem guten Abschneiden in New Hampshire lag er mit einem zweistelligen Abstand vor Gingrich (siehe Informationen zum Verständnis des Wahlergebnisses in New Hampshire; ZR vom 11. 1. 2012).
Dann aber kam, am 21. Januar, das Primary in South Carolina - und innerhalb weniger Tage ging Gingrich auch in Florida in Führung. Nichts ist eben so erfolgreich wie der Erfolg bei diesen seltsamen Vorwahlen, in denen viele Wähler der GOP keinen der Kandidaten ideal finden, sie sich aber einig darin sind, daß Obama nicht wieder Präsident werden darf (siehe Gingrichs Triumph. "Noch nie gab es ein solches Auf und Ab". Obama, Wählbarkeit und Rückkopplung; ZR vom 22. 1. 2012).
War das jetzt das momentum, das Gingrich den Durchbruch bringen würde? Wohl doch nicht. Zwar liegt er auf der nationalen Ebene inzwischen vor Romney, aber die Wähler von Florida hatten offenbar nur so etwas wie einen kurzen Flirt mit ihm.
Sie sind eben volatil, diese Wähler; wie die Schmetterlinge flattern sie mal hierhin, mal dorthin. "Volare", das ist sozusagen der Begleitsong der diesjährigen Primaries. Gingrichs Führung währte nur ganze zwei Tage; dann setzte sich dieser Schwarm wieder in Richtung Romney in Bewegung. Sie können das sehr schön in dieser Graphik aus einem gestrigen Artikel von Nate Silver sehen.
Wesentlichen Anteil an dieser Wendung der Dinge hatten zwei TV-Debatten, die beide Romney "gewann". Ausschnitte aus der Debatte bei NBC gibt es hier, aus derjenigen bei CNN hier. In beiden wirkte Romney entschlossener und angriffslustiger als Gingrich. Nun sah wieder er wie derjenige aus, der Obama am ehesten schlagen könnte.
Silver gibt inzwischen für die heutige Vorwahl Romney einen soliden Vorsprung von 44 Prozent zu 29 Prozent. Das entspräche ungefähr den Werten vor Gingrichs Erfolg in South Carolina. Die Wahrscheinlichkeit, daß Romney siegt, beträgt laut Silvers Modell 97 Prozent.
Silvers Vorhersagen ändern sich oft sehr schnell; die letzten, unmittelbar vor der jeweiligen Wahl, haben sich aber immer als erstaunlich treffsicher erwiesen. Dahinter steckt viel Arbeit - Silver hat ein mathematisches Modell entwickelt, das er ständig verfeinert; er benutzt eine Datenbank mit allen verfügbaren früheren Umfragewerten und Wahlergebnissen; und er füttert das Modell bis buchstäblich zum letzten Augenblick mit jedem neuen Umfrageergebnis.
Seine Erfolge bei der Vorhersage zeigen damit, was die Demoskopie leisten kann. Sie machen aber auch verständlich, warum demoskopische Vorhersagen so oft danebenliegen:
Amerikanische Kommentatoren schließen gern mit einer bottom line - einem Fazit, der Quintessenz. Meine bottom line zur Demoskopie bei diesen Vorwahlen lautet: Die Wähler machen es diesmal den Demoskopen besonders schwer; aber gerade das gibt guten Analytikern wie Nate Silver Gelegenheit, zu zeigen, was sie können.Erstens sind die Daten eines einzigen Instituts immer notwendigerweise unzuverlässig - weil es einen Stichprobenfehler gibt; weil jede Methodik ihre Mängel hat. Wenn man gute Vorhersagen machen will, dann muß man in jedem Fall die Daten aller seriösen Institute zusammenfassen (aggregieren). In der Presse werden fast stets (oft beliebig herausgegriffene) Daten eines einzigen Instituts genannt, und daraus wird dann nicht selten ein "Trend" konstruiert. Mit dem Zusammenfassen und der Bildung eines Mittelwerts ist es aber nicht getan. Besser ist es, die Daten der einzelnen Institute zu gewichten - je nach deren bisheriger Leistung; auch nach der Größe der jeweiligen Stichprobe. Weitere Anpassungen - zum Beispiel Erfahrungswerte zur Dynamik des Wählerverhaltens - erhöhen die Genauigkeit der Vorhersage weiter. Ohne eine solche Aufarbeitung hat man eine Momentaufnahme, aber keine Prognose. Vor allem aber muß man aktuell sein. Wenn Vorhersagen deutscher Demoskopen nicht eintrafen, dann wiesen sie zur Erklärung oft auf Änderungen in den letzten Tagen vor den Wahlen hin, die sie nicht mehr hatten erfassen können. Das wurde und wird oft als Schutzbehauptung abgetan. Tag-zu-Tag-Analysen wie die Silvers zeigen aber, daß es solche schnellen Veränderungen wirklich gibt.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Das Lansdowne-Porträt von George Washington, gemalt von Gilbert Stuart (1796). National Portrait Gallery der Smithsonian Institution. Das Porträt zeigt Washington, wie er auf eine weitere (dritte) Amtszeit verzichtet. Links zu allen Beiträgen dieser Serie finden Sie hier. Siehe auch die Serie Der 44. Präsident der USA von 2008.