Gestern ist in Ägypten die dritte Runde der Wahlen für das Parlament zu Ende gegangen (die sogenannte Volksversammlung; Ende des Monats beginnen die Wahlen zum weniger wichtigen Oberhaus).
Nach dem gegenwärtigen Stand der Auszählung werden die Islamisten 62 Prozent der 498 jetzt vergebenen Mandate in der Volksversammlung haben; hinzu kommen 10 vom regierenden Militärrat zu ernennende Abgeordnete. Der Rest der Sitze verteilt sich auf 13 oder 14 kleine Parteien. Nur rund 1,5 Prozent der Abgeordneten werden Frauen sein.
Von den 62 Prozent der Mandate, die an die Islamisten gegangen sind, entfallen 41 Prozent auf die Moslembrüder und 21 Prozent auf die noch radikaleren Salafiten, die einen Gottesstaat mit strenger Anwendung der Scharia wollen. Zum Programm der Salafiten gehört beispielsweise ein striktes Alkoholverbot auch für Touristen. Mitglieder der Salafiten fordern Kopftuchzwang und die Trennung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz.
Die Moslembrüder haben die Möglichkeit einer Koalition mit diesen Salafiten, könnten aber - das bezeichnen sie als ihre erste Option - sich die zur Mehrheit fehlenden Stimmen auch bei den einen oder anderen der kleinen Parteien holen. Das hänge, heißt es, von den jetzt beginnenden Verhandlungen ab.
Ägypten ist nach Tunesien das zweite Land, in dem als Folge des "Arabischen Frühlings" freie Wahlen stattgefunden haben. Das Ergebnis ist im Kern dasselbe: Auch in Tunesien haben, wie erinnerlich, die Islamisten gesiegt (siehe Eine Analyse des Wahlergebnisses in Tunesien; ZR vom 28. 10. 2011).
Allerdings verfehlten sie dort die absolute Mehrheit und regieren jetzt zusammen mit zwei säkularen Parteien, die dem Islamismus freundlich gegenüberstehen. Die liberale, westlich orientierte Opposition ist schwach und wird für die Zukunft Tunesiens kaum eine Rolle spielen.
In Ägypten sieht es jetzt ähnlich aus, nur ist das Spektrum sozusagen nach rechts verschoben. Die als gemäßigt geltenden Islamisten haben in beiden Ländern etwas über 40 Prozent erreicht. Aber in Tunesien fehlt rechts von ihnen eine Partei, die ein ähnlich extremistisches Programm hätte wie die Salafiten.
Anders gesagt: In Tunesien sind die Islamisten der Ennahda die konservativste der Parteien von Belang. Ihre Schwesterpartei in Ägypten, die Moslembruderschaft, wird hingegen in der Mitte verortet - aber eben nur in Relation zu den dortigen Konservativen, den religiösen Eiferern der salafitischen "Partei des Lichts".
Als vor gut einem Jahr der Aufruhr in Arabien begann - ich begleite ihn seither in der gleichnamigen Serie mit Informationen und Kommentaren -, gab es bei vielen der sogenannten westlichen Beobachter eine bemerkenswerte Naivität. Die Diktatoren stürzen, die Demokratie hält ihren Einzug - das war die Vorstellung.
Wenn Sie das eine oder andere aus der Serie noch einmal nachlesen, dann werden Sie finden, daß ich dieser Naivität immer wieder entgegengetreten bin (übrigens auch für Libyen, dem die Entwicklung, die seine Nachbarländer Tunesien und Ägypten genommen haben, noch bevorsteht; siehe zum Beispiel Scharia im neuen Libyen; ZR vom 2. 9. 2011).
Jetzt sieht auch der Naivste, wohin die Reise geht: Strikt hinein in den Islamismus; die Frage ist nur noch, wie gemäßigt oder wie radikal. Also nicht demokratische Gesellschaften treten an die Stelle der Diktaturen, sondern islamistische; die vorerst letzte Spielart des Totalitarismus, wenngleich mit verschiedener Radikalität (siehe Die Modernität des Islamismus; ZR vom 28. 2. 2009). Die Ursachen, die Konsequenzen hat George Friedmann vor vier Wochen eingehend analysiert (Stratfors Analysen: George Friedman über Demokratie, Rechtsstaat und Islamismus am Beispiel Ägypten; ZR vom 9. 12. 2011).
Nach dem gegenwärtigen Stand der Auszählung werden die Islamisten 62 Prozent der 498 jetzt vergebenen Mandate in der Volksversammlung haben; hinzu kommen 10 vom regierenden Militärrat zu ernennende Abgeordnete. Der Rest der Sitze verteilt sich auf 13 oder 14 kleine Parteien. Nur rund 1,5 Prozent der Abgeordneten werden Frauen sein.
Von den 62 Prozent der Mandate, die an die Islamisten gegangen sind, entfallen 41 Prozent auf die Moslembrüder und 21 Prozent auf die noch radikaleren Salafiten, die einen Gottesstaat mit strenger Anwendung der Scharia wollen. Zum Programm der Salafiten gehört beispielsweise ein striktes Alkoholverbot auch für Touristen. Mitglieder der Salafiten fordern Kopftuchzwang und die Trennung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz.
Die Moslembrüder haben die Möglichkeit einer Koalition mit diesen Salafiten, könnten aber - das bezeichnen sie als ihre erste Option - sich die zur Mehrheit fehlenden Stimmen auch bei den einen oder anderen der kleinen Parteien holen. Das hänge, heißt es, von den jetzt beginnenden Verhandlungen ab.
Ägypten ist nach Tunesien das zweite Land, in dem als Folge des "Arabischen Frühlings" freie Wahlen stattgefunden haben. Das Ergebnis ist im Kern dasselbe: Auch in Tunesien haben, wie erinnerlich, die Islamisten gesiegt (siehe Eine Analyse des Wahlergebnisses in Tunesien; ZR vom 28. 10. 2011).
Allerdings verfehlten sie dort die absolute Mehrheit und regieren jetzt zusammen mit zwei säkularen Parteien, die dem Islamismus freundlich gegenüberstehen. Die liberale, westlich orientierte Opposition ist schwach und wird für die Zukunft Tunesiens kaum eine Rolle spielen.
In Ägypten sieht es jetzt ähnlich aus, nur ist das Spektrum sozusagen nach rechts verschoben. Die als gemäßigt geltenden Islamisten haben in beiden Ländern etwas über 40 Prozent erreicht. Aber in Tunesien fehlt rechts von ihnen eine Partei, die ein ähnlich extremistisches Programm hätte wie die Salafiten.
Anders gesagt: In Tunesien sind die Islamisten der Ennahda die konservativste der Parteien von Belang. Ihre Schwesterpartei in Ägypten, die Moslembruderschaft, wird hingegen in der Mitte verortet - aber eben nur in Relation zu den dortigen Konservativen, den religiösen Eiferern der salafitischen "Partei des Lichts".
Als vor gut einem Jahr der Aufruhr in Arabien begann - ich begleite ihn seither in der gleichnamigen Serie mit Informationen und Kommentaren -, gab es bei vielen der sogenannten westlichen Beobachter eine bemerkenswerte Naivität. Die Diktatoren stürzen, die Demokratie hält ihren Einzug - das war die Vorstellung.
Wenn Sie das eine oder andere aus der Serie noch einmal nachlesen, dann werden Sie finden, daß ich dieser Naivität immer wieder entgegengetreten bin (übrigens auch für Libyen, dem die Entwicklung, die seine Nachbarländer Tunesien und Ägypten genommen haben, noch bevorsteht; siehe zum Beispiel Scharia im neuen Libyen; ZR vom 2. 9. 2011).
Jetzt sieht auch der Naivste, wohin die Reise geht: Strikt hinein in den Islamismus; die Frage ist nur noch, wie gemäßigt oder wie radikal. Also nicht demokratische Gesellschaften treten an die Stelle der Diktaturen, sondern islamistische; die vorerst letzte Spielart des Totalitarismus, wenngleich mit verschiedener Radikalität (siehe Die Modernität des Islamismus; ZR vom 28. 2. 2009). Die Ursachen, die Konsequenzen hat George Friedmann vor vier Wochen eingehend analysiert (Stratfors Analysen: George Friedman über Demokratie, Rechtsstaat und Islamismus am Beispiel Ägypten; ZR vom 9. 12. 2011).
Zettel
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