26. Januar 2012

"Vom guten König, dem Weizen und dem Mais". Ein Märchen zur Energiewende, als Gastbeitrag erzählt von Meister Petz

Häufig hört man in der Diskussion um die Energiewende, die Möglichkeit eines großen europäischen Blackouts als mittelbare Folge dieser Wende sei so etwas wie "Propaganda der Energiekonzerne"; so auch kürzlich in Zettels kleinem Zimmer als Reaktion auf einen Beitrag. Dabei wird meist in irgendeiner Form das Argument ins Feld geführt, die Stromhandelsbilanz sei ja nach wir vor positiv, deshalb müssten wir uns keine Sorgen machen.

In einem Land, das seinen ohnehin schon recht geringen Nationalstolz meist aus dem Titel des "Exportweltmeisters" bezieht, ist das nicht verwunderlich; und gerade die Befürworter der Energiewende führen diese Behauptung ins Feld, zum Beispiel die Kölner "Grünen"

Dass aber eine positive Stromhandelsbilanz nicht gleichbedeutend mit einer besseren Versorgungssicherheit ist (so nach dem alten Wirtshauskalauer "Gast: Haben Sie mal ein Pils? - Wirt: Soviel, dass ich es sogar verkaufe!") – diese Überlegung möchte ich mit einem kleinen Märchen illustrieren.



Vom guten König, dem Weizen und dem Mais

Es war einmal der König eines Landes, dessen Bewohner sich von zwei Nahrungsmitteln ernährten: Weizen und Mais.

Da der König ein überzeugter Weizengegner ist, verbietet er den Weizenanbau und verfügt, dass auf allen Weizenanbauflächen nur noch Mais wachsen darf. Zusätzlich lobt er eine Prämie für jeden neuen Maisbauern aus, die deutlich über dem Marktwert von Mais liegt, und schlägt die Maisbauern zu Rittern, während die ehemaligen Weizenbauern künftig als vogelfrei gelten. Dadurch fährt er jedes Jahr eine große Maisernte ein, deren Überschüsse er sogar verkaufen kann.

Allerdings gibt es ein kleines Problem: Das Klima und die Böden sind auf diesem Kontinent so beschaffen, dass Mais nur im Sommer wächst, der Weizen aber das ganze Jahr über. Leider sind auch in dem in dieser Hinsicht etwas rückständigen Land die Kornspeicher noch nicht erfunden oder erst im Versuchsstadium, so dass das Land den Mais entweder gleich verbrauchen muss, oder ihn ins Ausland verkaufen.

Sobald der Winter naht, warnt der Landwirtschaftsminister den König, dass die Nahrung knapp wird, und empfiehlt den Import von Nahrungsmitteln. Zähneknirschend kauft der König gegen seine Ideologie Weizen aus dem Ausland, damit sein Volk im Winter zu essen hat.

Natürlich hat das Volk Angst, dass es im Winter aber möglicherweise hungern muss, wenn in den Nachbarländern die Weizenernte schlecht ist. Also tritt der König auf den Balkon und richtet folgende Worte an seine Untertanen: "Ihr seid ein dummes Volk, das nur auf die Propaganda der Weizenbauern reinfällt. Merkt ihr denn nicht, wie gut es uns geht? Wir exportieren im Sommer viel mehr Mais, als wir im Winter Weizen importieren müssen!"




Natürlich vereinfacht dieses Märchen die Situation in geradezu sträflicher Weise, und man könnte durchaus noch erwähnen,
  • dass die Maisfelder leider in dem großen Land vor allem im Norden angelegt werden, während ein großer Teil Bevölkerung im Süden lebt,

  • dass absonderlicherweise die Fuhrwerke, die den Mais von Norden nach Süden fahren sollen, in der Bevölkerung nicht wohl gelitten sind, und niemand will, dass sie an seinem Dorf vorbeifahren,

  • und nicht zuletzt die allerorten geführte Debatte, ob Weizenanbau den Boden vergiftet und eine Gefahr darstellt.
  • Aber so sind Märchen nun einmal. Und die These, dass die "Energiewende" keinen Einfluss auf die Versorgungssicherheit hat, ist eben auch eines.­
    Meister Petz



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