Das relative Gewicht Europas wird sich aufgrund ... [von] demografischen und damit gekoppelt auch ökonomischen und militärpolitischen Faktoren im Vergleich zu anderen Regionen im Laufe der nächsten Jahrzehnte erheblich reduzieren. Es ist jetzt schon klar, dass es eine ganz erhebliche Machtverlagerung nach Asien geben wird. Fakt ist, dass die Anzahl der rund 500 Millionen Europäer zurückgehen und die Anzahl der bereits jetzt vier oder fünf Milliarden Asiaten weiter zunehmen wird. Das bedeutet einen Zuwachs an ökonomischem sowie militärischem Gewicht. Diese Tatsache ist schon heute allen bewusst; die USA haben diese Entwicklung bereits zum Gegenstand ihrer strategisch-politischen Entscheidungen gemacht.
Kommentar: In knapp zwei Wochen, am 3. Februar, beginnt die diesjährige Münchner Sicherheitskonferenz; eine Veranstaltung, auf der sich die Sicherheitspolitiker der wichtigsten Länder treffen.
Oft werden auf diesen Konferenzen Trends der Außen- und Sicherheitspolitik erstmals für die Öffentlichkeit deutlich. Vor fünf Jahren beispielsweise markierte ein Auftritt Putins die damals neue, auf eine Wiederherstellung der Sowjetunion in Form von Einflußzonen gerichtete Außenpolitik Rußlands (siehe Randbemerkung: Putin 2007, Hitler 1936; ZR vom 10. 2. 2007, sowie Rückblick: Putin 2007 und sein Iwanow; ZR vom 11. 2. 2007).
Dieses Jahr dürfte eines der zentralen Themen dasjenige werden, das Ischinger benennt: der bevorstehende Machtverlust Europas.
Aktuell geworden ist dieses Thema durch die von Präsident Obama angeordnete Kürzung des US-Verteidigungsetats; einhergehend mit tiefgreifenden Umstrukturierungen des US-Militärs, die unter anderem eine Verringerung der Streitkräfte in Deutschland und die Kozentration auf den pazifischen Raum vorsehen. Dazu und zu den geostrategischen Folgen gibt es einen instruktiven Artikel von Matthias Naß in der aktuellen "Zeit"; mit dem doppeldeutigen Titel "Mach's gut, Europa!".
Bemerkenswert ist Ischingers Interview (und sind seine weiteren aktuellen Äußerungen im Vorfeld der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz) aber noch in einer anderen Hinsicht: Nicht nur geht Ischinger auf den bevorstehenden Bedeutungsverlust Europas ein, sondern er insistiert auch auf zwei Faktoren, die in der europapolitischen Diskussion in Deutschland notorisch zu kurz kommen: Demographie und Militärpolitik.
Die deutsche Diskussion kreist um die politische Integration Europas und seine gegenwärtige wirtschaftliche Krise. Beides sind natürlich eminent wichtige Themen. Aber sie existieren nicht isoliert. Das Gewicht eines Kontinents hängt entscheidend von seiner Demographie und seiner militärischen Stärke ab; nicht nur von seinem wirtschaftlichen Erfolg und seinem politischen good will.
Beide Themen werden in Deutschland nachgerade tabuisiert. Als Thilo Sarrazin 2010 die künftige demographische Entwicklung in den Mittelpunkt seines Buchs stellte, war allein dies schon ein zentraler Punkt der Kritik, die ihm entgegenschlug. Daß Europa seine künftige Rüstung an die bevorstehenden geopolitischen Verschiebungen anpassen muß, wird ebenfalls in der Regel ausgeklammert; wir wollen doch, nicht wahr, ein friedlicher Kontinent sein.
Die Sicherheitskonferenz am übernächsten Wochenende verspricht spannend zu werden. Interessant wird auch sein, inwieweit die deutschen Medien auf diese beiden zentralen Fragen der demographischen Entwicklung und der militärischen Stärke Europas eingehen werden.
Wolfgang Ischinger, langjähriger deutscher Spitzendiplomat und gegenwärtig Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, in einem Interview mit The European.
Kommentar: In knapp zwei Wochen, am 3. Februar, beginnt die diesjährige Münchner Sicherheitskonferenz; eine Veranstaltung, auf der sich die Sicherheitspolitiker der wichtigsten Länder treffen.
Oft werden auf diesen Konferenzen Trends der Außen- und Sicherheitspolitik erstmals für die Öffentlichkeit deutlich. Vor fünf Jahren beispielsweise markierte ein Auftritt Putins die damals neue, auf eine Wiederherstellung der Sowjetunion in Form von Einflußzonen gerichtete Außenpolitik Rußlands (siehe Randbemerkung: Putin 2007, Hitler 1936; ZR vom 10. 2. 2007, sowie Rückblick: Putin 2007 und sein Iwanow; ZR vom 11. 2. 2007).
Dieses Jahr dürfte eines der zentralen Themen dasjenige werden, das Ischinger benennt: der bevorstehende Machtverlust Europas.
Aktuell geworden ist dieses Thema durch die von Präsident Obama angeordnete Kürzung des US-Verteidigungsetats; einhergehend mit tiefgreifenden Umstrukturierungen des US-Militärs, die unter anderem eine Verringerung der Streitkräfte in Deutschland und die Kozentration auf den pazifischen Raum vorsehen. Dazu und zu den geostrategischen Folgen gibt es einen instruktiven Artikel von Matthias Naß in der aktuellen "Zeit"; mit dem doppeldeutigen Titel "Mach's gut, Europa!".
Bemerkenswert ist Ischingers Interview (und sind seine weiteren aktuellen Äußerungen im Vorfeld der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz) aber noch in einer anderen Hinsicht: Nicht nur geht Ischinger auf den bevorstehenden Bedeutungsverlust Europas ein, sondern er insistiert auch auf zwei Faktoren, die in der europapolitischen Diskussion in Deutschland notorisch zu kurz kommen: Demographie und Militärpolitik.
Die deutsche Diskussion kreist um die politische Integration Europas und seine gegenwärtige wirtschaftliche Krise. Beides sind natürlich eminent wichtige Themen. Aber sie existieren nicht isoliert. Das Gewicht eines Kontinents hängt entscheidend von seiner Demographie und seiner militärischen Stärke ab; nicht nur von seinem wirtschaftlichen Erfolg und seinem politischen good will.
Beide Themen werden in Deutschland nachgerade tabuisiert. Als Thilo Sarrazin 2010 die künftige demographische Entwicklung in den Mittelpunkt seines Buchs stellte, war allein dies schon ein zentraler Punkt der Kritik, die ihm entgegenschlug. Daß Europa seine künftige Rüstung an die bevorstehenden geopolitischen Verschiebungen anpassen muß, wird ebenfalls in der Regel ausgeklammert; wir wollen doch, nicht wahr, ein friedlicher Kontinent sein.
Die Sicherheitskonferenz am übernächsten Wochenende verspricht spannend zu werden. Interessant wird auch sein, inwieweit die deutschen Medien auf diese beiden zentralen Fragen der demographischen Entwicklung und der militärischen Stärke Europas eingehen werden.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.