11. Februar 2011

Marginalie: Wie steht eigentlich der Iran zu den Revolutionen in Tunesien und Ägypten?

Im Nouvel Observervateur befaßt sich dessen außenpolitischer Redakteur René Backmann mit der ambivalenten Haltung des Regimes der Mullahs zu den Revolutionen in Tunesien und Ägypten.

Ambivalent ist diese Haltung deshalb, weil diese Vorgänge aus der Sicht des Regimes in Teheran eine Chance, aber auch eine Gefahr darstellen.

Die Chance ist, daß auch in Tunis und Kairo Islamisten an die Macht kommen. Der Führer der Revolution und starke Mann des Iran, Ali Khamenei, hat sich - auf Arabisch! - an die Ägypter gewandt und sie aufgefordert, nicht zurückzuweichen, bis eine "in der Religion begründete Volksregierung" im Amt sei. Die ägyptische Geistlichkeit hat Khamenei aufgerufen, die Revolution zu unterstützten; die Armee, sich "dem Volk anzuschließen".

Auf der anderen Seite gleichen die Forderungen der Demonstranten - Freie Wahlen, Freie Presse, Ende der Korruption - wie ein Ei dem anderen der Forderungen, die während der gescheiterten iranischen Revolution im Juni 2009 zu hören gewesen waren. Das Regime der Mullahs ist sich der Gefahr bewußt, daß der Funke nach Teheran überspringen könnte; zumal im Iran die Repression vor dem Hintergrund der ökonomischen Misere im Augenblick verstärkt wird (allein im Januar wurden mehr als hundert Menschen hingerichtet).

Von den demokratischen Forderungen der Protestierer in Ägypten ist folglich im Iran nicht die Rede. Außer bei der Opposition, soweit sie noch existiert.

Sie erinnern sich sicher noch an Hossein Mussawi, einen der Führer der gescheiterten Revolution (siehe Wie wird man Revolutionsführer? Mussawi, Washington, Dubček; ZR vom 21. 6. 2009). Er ist immer noch politisch aktiv und hat zusammen mit einem Mitstreiter jetzt den Antrag gestellt, eine Demonstration in Teheran am kommenden Montag zu genehmigen, mit der die Protestierer in Kairo unterstützt werden sollen.

Eine Zweickmühle für das Regime, das einerseits selbst diese Proteste unterstützt, andererseits aber doch nicht möchte, daß ihre Parolen auch in Teheran zu hören und auf Transparenten zu sehen sind.



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