5. März 2010

Zettels Meckerecke: "Es ist nichts so absurd, daß es Beamte nicht täten". In Brüssel wird eine neue Attacke auf unsere Freiheit vorbereitet

Wie viel jemand verdient, das hängt erstens davon ab, was seine Arbeit dem Arbeitgeber wert ist, und für welches Geld andererseits der Betreffende zu arbeiten bereit ist. Zweitens hängt es von den tariflichen Vereinbarungen ab, die zwischen den Arbeitgebern und den Gewerkschaften ausgehandelt wurden.

Bei Tarifverhandlungen kann - wir haben das gerade erlebt - die Öffentliche Hand als Tarifpartei auftreten. Die Besoldung der Beamten kann der Staat weiterhin im Prinzip nach Gusto und Kassenlage festsetzen; faktisch ist sie aber inzwischen weitgehend an die Entwicklung der Löhne und Gehälter im Öffentlichen Dienst gekoppelt.

Das ist die einzige Rolle des Staats in Bezug auf das, was die Bürger verdienen. Im übrigen geht es die Obrigkeit nichts an, wie viel jemand für seine Arbeit bekommt; so wenig, wie es ihn etwas angeht, wofür der Bürger denn sein Geld ausgibt.

Oder vielmehr: So sollte es sein.

Denn faktisch mischt sich der Staat immer mehr auch in diesen Bereich ein. Während der Großen Koalition versuchten die Sozialdemokraten ein entscheidenden Durchbruch in Richtung auf staatlich festgelegte Mindestlöhne; inzwischen wird schon gefordert, daß der Staat auch noch festlegt, wie viel denn jemand maximal verdienen darf.

Aber wir wären ja noch gut daran, wenn es nur der deutsche Staat wäre, der es auf die Tarifautonomie und auf die Vertragsfreiheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgesehen hat. Viel kräftiger, mit viel weniger Skrupeln macht sich die EU daran, diesen bisher staatsfreien Raum ihrer Kompetenz zu unterwerfen.



Lesen Sie bitte einmal, was heute in FAZ.Net steht:
05. März 2010. Die Europäische Kommission erwägt, Unternehmen künftig für eine schlechtere Bezahlung von Frauen zu bestrafen. Angesichts der nach wie vor großen Differenzen in der Entlohnung von Männern und Frauen in der EU müsse sie alle Optionen prüfen, teilte die Behörde am Freitag in Brüssel mit. Dazu gehöre auch, Sanktionen zu verhängen, wenn eine Frau für dieselbe Arbeit nicht den gleichen Lohn erhalte wie ein Mann.
So weit klingt das harmlos; denn es gibt keinen Tarifvertrag, der für gleiche Arbeit verschiedene Lohngruppen für Männer und Frauen beinhalten würde. Und überhaupt - so lesen wir es in dem Artikel - sei "ungleiche Entlohnung von Männern und Frauen für dieselbe Arbeit ... von der EU schon vor langer Zeit verboten worden". Ja, gewiß, wir haben doch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz; zuvor war die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern für die gleiche Arbeit im Paragraphen 611a des Bürgerlichen Gesetzbuchs verboten worden.

Also besteht offenkundig kein Handlungsbedarf? Da kennen wir sie schlecht, die EU-Bürokraten. Sie haben - hier vertreten durch die Kommissarin Viviane Reding - einen Trick gefunden, einen ziemlich gemeinen, einen im Grunde sprachlichen Trick, um dennoch auch in diesem Bereich in unser Leben hineinregieren zu können: Sie definieren "gleiche" Arbeit nicht als dieselbe Arbeit, sondern als irgendwie gleichwertige Arbeit:
Allerdings werde sich die EU-Kommission in den kommenden Monaten genau anschauen, wie "gleiche Arbeit" in den Mitgliedstaaten definiert sei, kündigte Reding an. Die Kommission hat schon in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen, dass sie zum Beispiel die Arbeit einer Kassiererin und eines Lagerarbeiters in einem Supermarkt für gleichwertig hält, obwohl die beiden Tätigkeiten meist unterschiedlich entlohnt werden.
Ist das nicht genial? Wenn sich diese Position durchsetzt, dann werden künftig Scharen von Beamten sich auf den Weg in die Betriebe machen und entscheiden, welche Arbeiten denn "gleichwertig" sind und also gleich bezahlt werden müssen.

Es geht ja nicht nur um den Lagerarbeiter und die Kassiererin. Ist die Arbeit einer Friseuse denn nicht derjenigen eines KfZ-Mechanikers "gleichwertig"? Schließlich haben beide eine Lehre absolviert.

Und wie steht es mit der Arbeit eines Journalisten - kein Abitur, kein Studium - und derjenigen der Putzfrau, die sein Büro schrubbt? Wieso sollte das, was diese beiden leisten, eigentlich nicht "gleichwertig" sein? Unter dem Gesichtspunkt der Sauberkeit mag die Arbeit der Raumpflegerin sogar als die höherwertige gelten dürfen.

Und ist, um auch das noch anzufügen, die Arbeit der schon von Gerhard Schröder ins Spiel gebrachten Nachtschwester etwa weniger wert als diejenige, sagen wir, eines Oberstudiendirektors, der des Nachts ruhig schlummern darf?

Kurz, wenn sich die EU-Kommission durchsetzt, dann gehen wir herrlichen Zeiten entgegen. Dann werden wir nicht mehr mit Tarifverhandlungen und den sie oft begleitenden Streiks behelligt; sondern dann verordnet Brüssel, wer wie viel verdienen darf.

Bevor die für die Bewertung der Arbeitsplätze benötigten Beamten ausgebildet und hin zu den Betrieben in Marsch gesetzt sind, kann man ja erst einmal die Unternehmen neue Formulare ausfüllen lassen; und genau das prüft Brüssel jetzt:
Unternehmen, die mehrfach auffielen, müssten zudem härter bestraft werden. Bisher gibt es dafür weder auf EU-Ebene noch in Deutschland solche Strafen. Unabhängig davon prüft die Brüsseler Kommission, ob sie Unternehmen oder Verbänden künftig vorschreiben soll, regelmäßig über die Entwicklung und die Höhe der Differenzen bei der Entlohnung zu berichten.
Arno Schmidt: "Es ist nichts so absurd, daß Gläubige es nicht glaubten. Oder Beamte täten".



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