"Die Paraphen 113a und 113b des Telekommunikations-gesetzes ... verstoßen gegen Artikel 10, Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig".
Kernsatz des Urteils des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung.
Nachtrag um 10.55 Uhr: Wenige Minuten nachdem ich diesen Artikel publiziert hatte, mußte ich die Überschrift ändern. Denn zunächst hatte sie nur gelautet "Vorratsdatenspeicherung verfassungswidrig". Ohne Fragezeichen, ohne das "nein". Sie hatte so gelautet, weil ich aus den ersten Sätzen der mündlichen Zusammenfassung des Urteils diesen Eindruck gewonnen hatte.
Ein Jurist hätte natürlich sofort das gemerkt, was mir erst nach einigen weiteren Sätzen deutlich wurde: Wenn das Gericht die beiden Paragraphen 113a und 113b des Telekommunikationsgesetzes für nichtig erklärt, dann muß es damit nicht unbedingt das für verfassungswidrig erklären, was Gegenstand dieser Paragraphen ist.
Die Vorratsdatenspeicherung hat das Gericht erlaubt. Die Art, wie sie in den beiden Paragraphen und in anderen gesetzlichen Bestimmungen geregelt ist, hat es für verfassungswidrig erklärt.
Das BVerfG hat damit den Konflikt vermieden, der entstanden wäre, wenn die Vorratsdatenspeicherung als solche für verfassungswidrig erklärt worden wäre. Denn diese ist ja bekanntlich durch eine Direktive der EU vorgegeben. Es hätte sich also die interessante (und aus meiner Sicht ausgesprochen wünschenswerte) Situation ergeben, daß Deutschland es aus verfassungsrechtlichen Gründen ablehnt, eine EU-Direktive zu exekutieren.
Das wird es also nicht geben, jedenfalls nicht anläßlich dieses Falls. Das Gericht hat die von der EU verlangte Vorratsdatenspeicherung für verfassungskonform erklärt, hat aber an sie strengere Anforderungen gestellt, als sie in der jetzigen Fassung der betreffenden Paragraphen gegeben sind:
Die Bundesregierung wird vermutlich in ihrer Stellungnahme betonen, daß die Vorratsspeicherung verfassungskonform ist, und sie wird es vielleicht sogar begrüßen, daß das Gericht jetzt klare Vorgaben hinsichtlich der Details der gesetzlichen Ausgestaltung gemacht hat.
Die Gegner der Vorratsdatenspeicherung werden sich freuen, daß sie mit ihrer Klage obsiegt haben, und sie können jetzt argumentieren, daß der Bundestag mit der von ihm verabschiedeten Fassung der gesetzlichen Regelung gegen die Verfassung verstoßen habe.
Aber ob sie mit der Entscheidung wirklich glücklich sind? Vielen ging es wohl ums Prinzip; und was das Prinzip angeht, haben sie verloren.
Kernsatz des Urteils des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung.
Nachtrag um 10.55 Uhr: Wenige Minuten nachdem ich diesen Artikel publiziert hatte, mußte ich die Überschrift ändern. Denn zunächst hatte sie nur gelautet "Vorratsdatenspeicherung verfassungswidrig". Ohne Fragezeichen, ohne das "nein". Sie hatte so gelautet, weil ich aus den ersten Sätzen der mündlichen Zusammenfassung des Urteils diesen Eindruck gewonnen hatte.
Ein Jurist hätte natürlich sofort das gemerkt, was mir erst nach einigen weiteren Sätzen deutlich wurde: Wenn das Gericht die beiden Paragraphen 113a und 113b des Telekommunikationsgesetzes für nichtig erklärt, dann muß es damit nicht unbedingt das für verfassungswidrig erklären, was Gegenstand dieser Paragraphen ist.
Die Vorratsdatenspeicherung hat das Gericht erlaubt. Die Art, wie sie in den beiden Paragraphen und in anderen gesetzlichen Bestimmungen geregelt ist, hat es für verfassungswidrig erklärt.
Das BVerfG hat damit den Konflikt vermieden, der entstanden wäre, wenn die Vorratsdatenspeicherung als solche für verfassungswidrig erklärt worden wäre. Denn diese ist ja bekanntlich durch eine Direktive der EU vorgegeben. Es hätte sich also die interessante (und aus meiner Sicht ausgesprochen wünschenswerte) Situation ergeben, daß Deutschland es aus verfassungsrechtlichen Gründen ablehnt, eine EU-Direktive zu exekutieren.
Das wird es also nicht geben, jedenfalls nicht anläßlich dieses Falls. Das Gericht hat die von der EU verlangte Vorratsdatenspeicherung für verfassungskonform erklärt, hat aber an sie strengere Anforderungen gestellt, als sie in der jetzigen Fassung der betreffenden Paragraphen gegeben sind:
Es ist zu vermuten, daß die Kommentare zu diesem Urteil sehr unterschiedlich ausfallen werden. Wie so oft ist das BVerfG einen Mittelweg gegangen. Man kann es auch so sehen, daß es einen faulen Kompromiß einer klaren Entscheidung vorgezogen hat.Das betrifft erstens die Datensicherheit. Unter anderem verlangt das Gericht eine getrennte Speicherung und eine dem Stand der Informatik angemessene Verschlüsselung der Daten sowie ein Sanktions-System für den Fall von Verstößen. An den Abruf der Daten werden ebenfalls strenge Anforderungen gestellt; und zwar dieselben, die bereits jetzt für Online-Durchsuchungen gelten. Erlaubt ist der Abruf beispielsweise zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr. Allgemein soll er auf gesetzlich ausdrücklich genannte Tatbestände von besonderem Gewicht beschränkt sein. Daten bestimmter Verbindungen - beispielsweise zur Telefonseelsorge - dürfen grundsätzlich nicht abgerufen werden Zur Sicherstellung dessen, daß diese hohen Anforderungen erfüllt werden, wird ein Richtervorbehalt verlangt. Gespeicherte Daten dürfen also nur dann übermittelt und abgerufen werden, wenn dies ein Richter erlaubt hat. Weiter muß es ein Rechtsschutzverfahren geben, das eine nachträgliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit ermöglicht.
Die Bundesregierung wird vermutlich in ihrer Stellungnahme betonen, daß die Vorratsspeicherung verfassungskonform ist, und sie wird es vielleicht sogar begrüßen, daß das Gericht jetzt klare Vorgaben hinsichtlich der Details der gesetzlichen Ausgestaltung gemacht hat.
Die Gegner der Vorratsdatenspeicherung werden sich freuen, daß sie mit ihrer Klage obsiegt haben, und sie können jetzt argumentieren, daß der Bundestag mit der von ihm verabschiedeten Fassung der gesetzlichen Regelung gegen die Verfassung verstoßen habe.
Aber ob sie mit der Entscheidung wirklich glücklich sind? Vielen ging es wohl ums Prinzip; und was das Prinzip angeht, haben sie verloren.
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