Als im Januar der Republikaner Scott P. Brown überraschend den Senatssitz von Edward Kennedy in Massachusetts gewann, sah es vorübergehend so aus, als stehe es schlecht um die Gesundheitsreform von Präsident Obama.
Zwar hatte damals sowohl der Senat als auch das Repräsentantenhaus ein entsprechendes Gesetz verabschiedet; aber die beiden Versionen unterschieden sich erheblich. Das normale weitere Verfahren wäre gewesen, daß sich die Mehrheitsfraktionen der beiden Häuser des Kongresses auf eine gemeinsame Kompromißversion verständigen, die dann von beiden Häusern erneut hätte verabschiedet werden müssen.
Nun hatte aber dadurch, daß Brown in den Senat eingezogen war, Präsident Obama dort seine Mehrheit von 60 Sitzen verloren. So viele sind jedoch erforderlich, um das sogenannte filibustering zu verhindern; also das unbegrenzte Reden, mit dem die Verabschiedung jedes Gesetzes faktisch zum Scheitern gebracht werden kann. Wie sollte also Obama eine neue Version seines Gesetzes durch den Senat bringen?
Das jetzt gewählte Verfahren ist trickreich, aber es scheint zu funktionieren. Über seine Hintergründe hat vorgestern die New York Times ausführlich berichtet.
Als vergangene Nacht CNN die Abstimmung übertrug, konnte man zwei Besonderheiten des amerikanischen Parlamentarismus beobachten, die beide ihre Grundlage im Mehrheitswahlrecht haben:
Zwar hatte damals sowohl der Senat als auch das Repräsentantenhaus ein entsprechendes Gesetz verabschiedet; aber die beiden Versionen unterschieden sich erheblich. Das normale weitere Verfahren wäre gewesen, daß sich die Mehrheitsfraktionen der beiden Häuser des Kongresses auf eine gemeinsame Kompromißversion verständigen, die dann von beiden Häusern erneut hätte verabschiedet werden müssen.
Nun hatte aber dadurch, daß Brown in den Senat eingezogen war, Präsident Obama dort seine Mehrheit von 60 Sitzen verloren. So viele sind jedoch erforderlich, um das sogenannte filibustering zu verhindern; also das unbegrenzte Reden, mit dem die Verabschiedung jedes Gesetzes faktisch zum Scheitern gebracht werden kann. Wie sollte also Obama eine neue Version seines Gesetzes durch den Senat bringen?
Das jetzt gewählte Verfahren ist trickreich, aber es scheint zu funktionieren. Über seine Hintergründe hat vorgestern die New York Times ausführlich berichtet.
Schritt eins: Obwohl das Repräsentantenhaus seine Version schon verabschiedet hatte, haben die Demokraten dort ein erneutes Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt und nun diejenige Version eingebracht, die zuvor der Senat verabschiedet hatte. Schritt zwei: Diese Version hätte aber eigentlich keine Chance gehabt, weil sie die Finanzierung von Abtreibungen aus öffentlichen Geldern beinhaltete. Es war bekannt, daß dies von hinreichend vielen konservativen Abgeordneten der Demokraten abgelehnt wurde, um eine Mehrheit unmöglich zu machen. Der Trick bestand darin, daß dem Repräsentantenhaus zwar die Version des Senats zur Abstimmung vorgelegt wurde, zugleich aber Präsident Obama versprach, daß er die betreffenden Bestimmungen nach Inkrafttreten des Gesetzes durch eine Verordnung (executive order) wieder außer Kraft setzen werde. Schritt drei: Das allein hätte aber noch nicht genügt, um der Senatsversion im Repräsentantenhaus zur Mehrheit zu verhelfen. Also hat man eine Prozedur herangezogen, die eigentlich dafür gedacht ist, die Verabschiedung eines Haushalts auch bei Uneinigkeit zwischen den beiden Häusern zu ermöglichen; den sogenannte Reconciliation Act. Dieses Verfahren erlaubte Änderungen an dem Gesundheitsreform-Gesetz, die jetzt noch den Senat passieren müssen, die dort aber nicht durch filibustering aufgehalten werden können. Es genügt bei diesem speziellen Verfahren die einfache Mehrheit von 51 Stimmen.
Als vergangene Nacht CNN die Abstimmung übertrug, konnte man zwei Besonderheiten des amerikanischen Parlamentarismus beobachten, die beide ihre Grundlage im Mehrheitswahlrecht haben:
Formal ist das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Der Reconciliation Act muß jetzt noch den Senat passieren. Es wird damit gerechnet, daß das gelingt; aber die Republikaner sind offenbar dabei, zu prüfen, ob diese ungewöhnliche Prozedur überhaupt juristisch wasserdicht ist.Da die Abgeordneten und Senatoren ihren Wählern persönlich verantwortlich sind, finden Abstimmungen in der Regel namentlich statt; so daß bei den nächsten Wahlen der record jedes Volksvertreters vorliegt - also die Aufzeichnungen darüber, wie er bei welchem Gesetz abgestimmt hat. Danach kann der Wähler entscheiden, ob er ihm weiter sein Vertrauen schenkt.
Meist finden diese Abstimmungen elektronisch statt. Jeder Abgeordnete hat ein Kärtchen in der Art einer Kreditkarte, das er in den entsprechenden Schlitz einer Abstimmungs-Maschine steckt. Falls ein entsprechender Antrag eine Mehrheit erhält, kann aber auch auf die altmodische Art abgestimmt werden, daß jeder Abgeordnete ans Mikrofon tritt und sein "Yea" oder "Nay" zu Protokoll gibt.
Ein solches Verfahren hatte der Fraktionsvorsitzende der Republikaner beantragt. Da die Abstimmung allseits als historisch eingestuft wurde, hätte man eigentlich erwarten können, daß die Demokraten gern zustimmten, um das Ereignis auf Video zu dokumentieren. Aber das war nicht der Fall. Der Antrag wurde abgelehnt.
Warum? CNN erläuterte es: Die Republikaner hatten vorgehabt, die Videos vom Abstimmungsverhalten der einzelnen demokratischen Abgeordneten im Wahlkampf zu verwenden. Ein Gegenkandidat, der für Präsident Obamas Gesetz stimmt - das hätte in vielen Wahlkreisen dem Kandidaten der Republikaner geholfen.
So ist die Stimmung gegenwärtig in den USA: Abgeordnete der Demokraten möchten nicht dabei gefilmt werden, wie sie für ihren eigenen Präsidenten stimmen.Bei der elektronischen Abstimmung werden die Abgeordneten nicht namentlich aufgerufen, sondern sie scharen sich um die Abstimmungs-Maschine, und jeder entscheidet, wann er seine Stimme abgibt. Jede Stimme wird sofort gezählt und erscheint auf einer Anzeigetafel. Man kann also verfolgen, wie sich die Abstimmung entwickelt.
Dabei zeigte sich ein interessanter Verlauf: Anfangs lagen die Ja-Stimmen deutlich vorn; der Abstand betrug zwanzig Stimmen und mehr. Gegen Ende wurde es immer enger. Schließlich kam man bei 219 Ja- gegen 212 Nein-Stimmen an. Mehr als dreißig Abgeordnete der Demokraten hatten gegen das von ihrer Fraktion eingebrachte Gesetz gestimmt.
Was war da passiert? Auch dazu gab es bei CNN eine Erläuterung: Viele Abgeordnete der Demokraten fürchten um ihre Wiederwahl im Herbst, wenn ihr record die Zustimmung zu diesem unpopulären Gesetz enthalten würde. Andererseits hatten sie ihrer Fraktionsführung zugesagt, das Gesetz nicht scheitern zu lassen. Diese Abgeordneten warteten so lange, bis die Verabschiedung des Gesetzes so gut wie sicher war, und konnten sich dann eine Nein-Stimme leisten. So schrumpfte der Abstand zu den Ja-Stimmen gegen Ende immer mehr.
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