23. Juni 2009

Zitat des Tages: "Es ist schlimm". Über Informationsmangel im Zeitalter weltweiter Kommunikation. Nebst Hinweisen auf Quellen zum Iran

It’s bad. You’d prefer to have the information.

(Es ist schlimm. Man hätte doch schon gern die Informationen).

Ein hochrangiges Mitglied der US-Regierung, das nicht namentlich genannt werden wollte, gegenüber der New York Times über die Informationslage zum Iran.

Kommentar: Wir haben uns in diesem Jahrhundert daran gewöhnt, jederzeit umfassend über alles informiert zu werden, was irgendwo auf der Welt geschieht. Selbst von den Vorgängen in China, auf Cuba und in den wenigen anderen verbliebenen Diktaturen meinen wir doch immerhin eine gewisse Vorstellung zu haben.

Gut, Nordkorea ist ein ein kleiner weißer Fleck auf dieser Weltkarte umfassenden Informiertseins. Ein winziges, meist kaum bemerktes Skotom, sozusagen.

Und nun der Iran. Mit einigen wenigen Maßnahmen - ausländischen Journalisten wird schlicht das Berichten verboten; die meisten werden ausgewiesen oder ihr Visum wird nicht verlängert - gelingt es einem totalitären Regime, nahezu perfekt zu verbergen, was im Land eigentlich vor sich geht.

Es nicht nur gegenüber der Weltöffentlichkeit zu verschleiern, sondern auch gegenüber den Regierungen. Davon handelt der Bericht von Mark Landler und Mark Mazzetti in der heutigen New York Times, dem ich das Zitat entnommen habe.

Die beiden Autoren haben sich in der Regierung Obama und bei ehemaligen Mitgliedern der Regierung Bush umgetan. Offiziell wollte sich kaum jemand äußern. Off the record aber erfuhren die Autoren, daß die US-Regierung offenbar weitgehend im Dunklen tappt:
As President Obama and his advisers watch the drama unfolding in Tehran, they are having to cope with a frustrating lack of reliable information (...)

With no diplomatic relations and with foreign journalists largely expelled from the country, an administration that was already struggling to make sense of Iran finds itself picking up tidbits about the crisis in the same ways private citizens do: viewing amateur videos on YouTube and combing posts on social networking sites like Twitter and Facebook.

Während Präsident Obama und seine Berater dem Drama zusehen, das sich in Teheran entwickelt, müssen sie mit einem frustrierenden Mangel an zuverlässigen Informationen zurechtkommen. (...)

Es fehlen die diplomatischen Beziehungen. Ausländische Journalisten wurden weitgehend des Landes verwiesen. So findet sich eine Administration, die ohnehin damit kämpft, sich ein Bild vom Iran zu machen, in der Situation, daß sie häppchenweise Informationen über die Krise sammelt; und zwar genauso, wie das der Privatmann tut: Indem man sich Videos auf YouTube ansieht und Beiträge zu sozialen Netzen wie Twitter und Facebook miteinander kombiniert.
Der Bericht geht dann auf die Möglichkeiten ein, die es für die US-Regierung gibt, Informationen auf anderen Wegen zu gewinnen. 2006 hat Präsident Bush im US-Konsulat in Dubai eine kleine Gruppe - gerade mal ein halbes Dutzend Mann - einrichten lassen, die Informationen über den Iran sammeln soll. Im CIA gibt es eine Iran- Abteilung, von deren Spionen und V-Leuten vor Ort aber viele gefaßt und gefangengesetzt oder hingerichtet wurden.

Vor allem aber, berichtet die New York Times, würden zu wenige Informationen über die Machtstruktur, über politische und gesellschaftliche Trends im Iran gesammelt. Die Dienste seien überwiegend damit ausgelastet, Informationen zu besorgen, die kurzfristig für die Truppen im Irak und in Afghanistan benötigt würden.



Berichte wie dieser der New York Times können einen schon ernüchtern. Man stelle sich das vor - die Regierung des mächtigsten Landes der Welt guckt YouTube und liest Twitter, um etwas darüber zu erfahren, was eigentlich im Iran vorgeht!

Das können, wer weiß, interneterfahrene Blogger am Ende besser als die Schlapphüte in Washington. In der Tat habe ich den Eindruck, daß man - sofern man die Zeit dazu hat - sich durch Blogs so gut über die Lage und die Vorgänge im Iran informieren kann, wie das unter den gegebenen Bedingungen überhaupt möglich ist. Dazu nun ein paar Hinweise:

Auf die beiden trotz der Namen deutschsprachigen Blogs Wind in the Wires und Free Iran Now habe ich schon am Samstag aufmerksam gemacht. Auch im teilweise von Exilpersern geschriebenen Blog Iran Baham Blog findet man aktuelle Informationen. Zuverlässig und kompetent wie immer berichtet auch das Transatlantic Forum seit Beginn des Aufstands über den Iran.

Besonders hervorheben möchte ich The Outside of the Asylum, auch dies ein deutschsprachiger Blog. Dort hat zum Beispiel gestern Califax den besten Überblick über die aktuelle Entwicklung gegeben, den ich irgendwo gelesen habe.

Auch in "Zettels kleinem Zimmer" berichten Califax und andere, die die Lage im Iran beobachten, fortlaufend über das Neueste aus dem Iran.

Und dann gibt es die zahlreichen englischsprachigen Blogs. Eine Liste findet man zum Beispiel in Free Iran Now. Hervorheben möcht ich The Daily Dish von Andrew Sullivan.



Nachtrag um 21.45: Die Termine für die Demonstrationen an den kommenden Tagen hat in "Zettels kleinem Zimmer" Popeye hier zusammengestellt.



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