Wir haben heute über das Web Zugang zu einer Fülle von Informationen, die noch vor drei Jahrzehnten unvorstellbar war. Man kann sich über jeden Standpunkt informieren; wir können uns ergoogeln, was immer wir wissen wollen.
Wie wirkt sich das eigentlich auf unsere Meinungen aus? Auf den ersten Blick könnte man erwarten, daß es uns vor extremen, einseitigen Meinungen bewahrt. Denn zu allem läßt sich ja eine Gegenmeinung finden. Einseitige Informationen werden kompensiert durch Informationen, welche die andere Seite der Medaille zeigen.
Aber es könnte auch anders sein. Es könnte nachgerade umgekehrt sein: Das Internet verschärft Meinungen, macht sie extremer.
Das behauptet der amerikanische Verfassungsrechtler Cass Sunstein, dessen jüngstes Buch gestern Christopher Caldwell im Slate Magazine rezensiert hat. Sunsteins These: Das Internet erlaubt es jedem, sich in seinen Kontakten auf Gleichgesinnte zu beschränken und sich nur solche Informationen zu besorgen, die zu seinen vorgefaßten Meinungen passen. Dadurch werden diese bestätigt. Nicht Weltläufigkeit ist das Resultat, sondern parochialism, Kirchturms- Denken.
Diese These vertritt Professor Sunstein seit ungefähr zehn Jahren. Nun hat er sie ausgeweitet und auf den Extremismus bezogen. In dem jetzigen schmalen Buch (150 Seiten) Going to Extremes untersucht er die gruppendynamischen Prozesse, die in den Extremismus führen.
Empirische Untersuchungen zeigen, so Sunstein, daß Menschen, die in einer Gruppe ein Thema diskutieren, dazu neigen, zu einem extremen Konsens zu kommen. Ärzte entschließen sich gemeinsam zu einem radikalen Eingriff, den kein Arzt allein gewagt hätte. Diskussionen in einer Partei führen oft zu einem radikaleren Beschluß, als er vor der Diskussion zu erwarten gewesen war.
Warum? Weil, meint Sunstein, radikale Argumente einen "automatischen rhetorischen Vorteil" haben. Gemäßigte sind eher bereit, sich Extremisten anzuschließen, als daß diese umgekehrt die Meinung der Gemäßigten übernehmen.
Das gilt für Gruppen, die von vornherein eine gewisse Homogenität besitzen - Mitglieder derselben Partei, beispielsweise. Aber selbst wenn man Gruppen heterogen zusammensetzt, konvergieren die Meinungen selten auf eine moderate Meinung. Vielmehr zerfällt die Gruppe dann, schreibt Sunstein, in eine Reihe von Teilgruppen. "Jede Seite gräbt sich ein".
Hat er Recht? Ich will das nicht beurteilen; schon gar nicht allein aufgrund einer Rezension seines Buchs. Es gibt mir jedenfalls zu denken.
Auch meine eigene Erfahrung ist es, daß in allen den Jahren im Internet meine Ansichten eher prononcierter als neutraler geworden sind. Es ist schon wahr, daß man sich bevorzugt diejenigen Quellen besorgt und daß man sich solche Gesprächspartner aussucht, die eher die eigenen Auffassungen bestätigen, als daß sie diese in Frage stellen würden.
Vergangenen Freitag habe ich auf eine informative Kartierung der deutschen Blogosphäre aufmerksam gemacht. Diese wird in Form einzelner Gruppierungen - links, grün, liberal usw. - dargestellt.
Innerhalb dieser Gruppen gibt es, gemessen an den gegenseitigen Verlinkungen, einen regen Austausch. Zwischen den Gruppen aber kaum; von der einen zur anderen führen sozusagen nur schmale Brücken.
Es könnte also wohl etwas daran sein an der Analyse von Sunstein: Je größer das Angebot an Meinungen und Informationen, umso mehr Gegensätzliches könnte man zwar einerseits in seine Meinungsbildung einbeziehen. Andererseits ist es aber auch umso leichter, sich gezielt das herauszusuchen, was der eigenen Meinung entspricht und sie verstärkt.
Ob das dann immer zu einer Radikalisierung führen muß, ist eine andere Frage. Zumindest im liberalen Teil der politischen Blogsphäre sehe ich das nicht.
Wie wirkt sich das eigentlich auf unsere Meinungen aus? Auf den ersten Blick könnte man erwarten, daß es uns vor extremen, einseitigen Meinungen bewahrt. Denn zu allem läßt sich ja eine Gegenmeinung finden. Einseitige Informationen werden kompensiert durch Informationen, welche die andere Seite der Medaille zeigen.
Aber es könnte auch anders sein. Es könnte nachgerade umgekehrt sein: Das Internet verschärft Meinungen, macht sie extremer.
Das behauptet der amerikanische Verfassungsrechtler Cass Sunstein, dessen jüngstes Buch gestern Christopher Caldwell im Slate Magazine rezensiert hat. Sunsteins These: Das Internet erlaubt es jedem, sich in seinen Kontakten auf Gleichgesinnte zu beschränken und sich nur solche Informationen zu besorgen, die zu seinen vorgefaßten Meinungen passen. Dadurch werden diese bestätigt. Nicht Weltläufigkeit ist das Resultat, sondern parochialism, Kirchturms- Denken.
Diese These vertritt Professor Sunstein seit ungefähr zehn Jahren. Nun hat er sie ausgeweitet und auf den Extremismus bezogen. In dem jetzigen schmalen Buch (150 Seiten) Going to Extremes untersucht er die gruppendynamischen Prozesse, die in den Extremismus führen.
Empirische Untersuchungen zeigen, so Sunstein, daß Menschen, die in einer Gruppe ein Thema diskutieren, dazu neigen, zu einem extremen Konsens zu kommen. Ärzte entschließen sich gemeinsam zu einem radikalen Eingriff, den kein Arzt allein gewagt hätte. Diskussionen in einer Partei führen oft zu einem radikaleren Beschluß, als er vor der Diskussion zu erwarten gewesen war.
Warum? Weil, meint Sunstein, radikale Argumente einen "automatischen rhetorischen Vorteil" haben. Gemäßigte sind eher bereit, sich Extremisten anzuschließen, als daß diese umgekehrt die Meinung der Gemäßigten übernehmen.
Das gilt für Gruppen, die von vornherein eine gewisse Homogenität besitzen - Mitglieder derselben Partei, beispielsweise. Aber selbst wenn man Gruppen heterogen zusammensetzt, konvergieren die Meinungen selten auf eine moderate Meinung. Vielmehr zerfällt die Gruppe dann, schreibt Sunstein, in eine Reihe von Teilgruppen. "Jede Seite gräbt sich ein".
Hat er Recht? Ich will das nicht beurteilen; schon gar nicht allein aufgrund einer Rezension seines Buchs. Es gibt mir jedenfalls zu denken.
Auch meine eigene Erfahrung ist es, daß in allen den Jahren im Internet meine Ansichten eher prononcierter als neutraler geworden sind. Es ist schon wahr, daß man sich bevorzugt diejenigen Quellen besorgt und daß man sich solche Gesprächspartner aussucht, die eher die eigenen Auffassungen bestätigen, als daß sie diese in Frage stellen würden.
Vergangenen Freitag habe ich auf eine informative Kartierung der deutschen Blogosphäre aufmerksam gemacht. Diese wird in Form einzelner Gruppierungen - links, grün, liberal usw. - dargestellt.
Innerhalb dieser Gruppen gibt es, gemessen an den gegenseitigen Verlinkungen, einen regen Austausch. Zwischen den Gruppen aber kaum; von der einen zur anderen führen sozusagen nur schmale Brücken.
Es könnte also wohl etwas daran sein an der Analyse von Sunstein: Je größer das Angebot an Meinungen und Informationen, umso mehr Gegensätzliches könnte man zwar einerseits in seine Meinungsbildung einbeziehen. Andererseits ist es aber auch umso leichter, sich gezielt das herauszusuchen, was der eigenen Meinung entspricht und sie verstärkt.
Ob das dann immer zu einer Radikalisierung führen muß, ist eine andere Frage. Zumindest im liberalen Teil der politischen Blogsphäre sehe ich das nicht.
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