Nicht nur in Deutschland haben die Sozialdemokraten bei diesen Wahlen mit 20,8 Prozent ein miserables Resultat erzielt. Ihre Genossen in Frankreich erreichten nur 16,8 Prozent; kaum mehr als die Grünen (16,2 Prozent). In Italien kam die Vereinte Linke (PD) aus früheren Sozialdemokraten und früheren Kommunisten auf gerade einmal 27,5 Prozent; weit hinter Berlusconis PdL mit 39 Prozent. In Österreich schaffte die SPÖ, deren Kanzler Kreisky einst über mehr als ein Jahrzehnt mit absoluter Mehrheit regiert hatte, noch 23,8 Prozent.
Ähnlich in Schweden, das einmal das sozialdemokratische Land schlechthin gewesen ist: 26 Prozent wählten dort noch die Sozialdemokraten. Und in Großbritannien rangiert Labour, das noch immer über die absolute Mehrheit im Unterhaus verfügt, mit ganzen 15,3 Prozent jetzt sogar hinter der europafeindlichen UKIP.
Was ist da los?
Wie die Sozialdemokraten und die Kommunisten abschneiden würden, das schien mir einer der drei interessanten Aspekte dieser Wahlen zu sein. Wie reagieren die Wähler auf die gegenwärtige Krise? Wollen sie, wie viele in der Krise Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, das Ende des Kapitalismus, oder wollen sie nur einen besseren Kapitalismus?
Das Wahlergebnis gibt eine klare Antwort: Die Linke hat dramatisch verloren. Und keineswegs wurden die Verluste der Sozialdemokraten durch Gewinne der Kommunisten kompensiert. Im alten Europaparlament mit 785 Sitzen hatten Sozialisten und Kommunisten zusammen 256 (214 + 41) Mandate; jetzt sind es, bei 736 Sitzen, noch 192 (159 + 33).
Die Wähler haben in ihrer Mehrheit verstanden, daß die Rezepte der Sozialisten und der Kommunisten nicht aus der Krise führen. Wenn es um die Wirtschaft geht, dann vertrauen sie denen, die etwas von Wirtschaft verstehen. Das ist die klare Botschaft dieser Wahlen.
Mit einem so drastischen Einbruch der Sozialdemokratie europaweit hatte ich freilich nicht gerechnet. Hier könnte noch ein anderer Faktor ins Spiel gekommen sein, den ich in dem Artikel vor den Wahlen auch schon angesprochen habe: Europawahlen sind Gesinnungs- und Stimmungswahlen. Da es im Grund um nichts geht, braucht man nicht pragmatisch abzustimmen.
Und mit einer sozialdemokratischen Gesinnung läßt sich nun kein Staat mehr machen. Im vorigen Jahrhundert, vor allem in den sechziger bis achtziger Jahren, gab es so etwas wie eine Begeisterung für das sozialdemokratische Gesellschaftsmodell. Damals konnten die Sozialdemokraten mobilisieren; viel mehr als die Konservativen und die Liberalen.
Davon ist nichts geblieben. Das liberale Gesellschaftsmodell mag in einer Krise stecken; das sozialdemokratische aber ist gescheitert. Daß Umverteilung, weniger Wachstum, mehr Gleichheit das richtige Rezept sind, um gegen China, Indien und die anderen globalen Herausforderer zu bestehen, glaubt kaum noch jemand.
Wer heute noch sozialdemokratisch wählt, der tut das nicht aus Begeisterung für die Ideen der Sozialdemokratie, sondern weil er sich den einen oder anderen Vorteil erhofft; Schutz gegen Entlassung vielleicht. Aber aus solchen pragmatischen Motiven geht man eben nicht zur Europawahl.
Weil die Europwahlen Gesinnungs- und Stimmungswahlen sind, werden auch gern kleine Parteien gewählt, denen man bei nationalen Wahlen aus Vernunftgründen seine Stimme nicht geben würde. Das war schon immer so; 1979 erzielten die Grünen, damals noch gar nicht als Partei konstituiert, bei den Europawahlen einen ersten Achtungserfolg.
Gestern haben rund zehn Prozent der deutschen Wähler ihre Stimme einer kleinen Partei gegeben. Aber seltsam - kaum irgendwo findet man aufgeschlüsselt, wem eigentlich. Zuverlässig wie immer hilft da wahlrecht.de.
Die kleinen Parteien sind wirklich Splitterparteien. Keine hat auch nur zwei Prozent erreicht. Am besten haben noch die Freien Wähler abgeschnitten, mit 1,7 Prozent. Dann folgen die Republikaner mit 1,3 Prozent.
Dann kommen die Single-Issue-Parteien; Parteien, die sich einem einzigen Thema verschrieben haben: Die Tierschutzpartei mit 1,1 Prozent, die Familienpartei mit 1,0 Prozent, die Internet-Partei "Piraten" mit 0,9 Prozent, die Rentnerpartei mit 0,8 Prozent, die ÖDP, die im Unterschied zu den Grünen wirklich eine Umweltpartei ist, mit 0,5 Prozent.
Und dann? Dann kommen alle diese Gruppen und Grüppchen, die es auch noch gibt. Die DKP gibt es noch, eine Frauenpartei gibt es noch, sogar - Sie erinnern sich? - das Büso der unvergeßlichen Helga Zepp-Larouche. Ergebnis 10.920 Stimmen, gleich 0,0 Prozent.
Warum nicht? Auch das gehört zur Demokratie, daß auch noch das kleinste Grüppchen sich im öffentlichen Raum artikulieren darf.
Sogar die Rechtsextremen. Vor fünf Jahren war für sie die NPD angetreten, diesmal die DVU. Sie erhielt ganze 0,4 Prozent. Das ist aus meiner Sicht der erfreulichste Aspekt dieser Wahl.
Ähnlich in Schweden, das einmal das sozialdemokratische Land schlechthin gewesen ist: 26 Prozent wählten dort noch die Sozialdemokraten. Und in Großbritannien rangiert Labour, das noch immer über die absolute Mehrheit im Unterhaus verfügt, mit ganzen 15,3 Prozent jetzt sogar hinter der europafeindlichen UKIP.
Was ist da los?
Wie die Sozialdemokraten und die Kommunisten abschneiden würden, das schien mir einer der drei interessanten Aspekte dieser Wahlen zu sein. Wie reagieren die Wähler auf die gegenwärtige Krise? Wollen sie, wie viele in der Krise Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, das Ende des Kapitalismus, oder wollen sie nur einen besseren Kapitalismus?
Das Wahlergebnis gibt eine klare Antwort: Die Linke hat dramatisch verloren. Und keineswegs wurden die Verluste der Sozialdemokraten durch Gewinne der Kommunisten kompensiert. Im alten Europaparlament mit 785 Sitzen hatten Sozialisten und Kommunisten zusammen 256 (214 + 41) Mandate; jetzt sind es, bei 736 Sitzen, noch 192 (159 + 33).
Die Wähler haben in ihrer Mehrheit verstanden, daß die Rezepte der Sozialisten und der Kommunisten nicht aus der Krise führen. Wenn es um die Wirtschaft geht, dann vertrauen sie denen, die etwas von Wirtschaft verstehen. Das ist die klare Botschaft dieser Wahlen.
Mit einem so drastischen Einbruch der Sozialdemokratie europaweit hatte ich freilich nicht gerechnet. Hier könnte noch ein anderer Faktor ins Spiel gekommen sein, den ich in dem Artikel vor den Wahlen auch schon angesprochen habe: Europawahlen sind Gesinnungs- und Stimmungswahlen. Da es im Grund um nichts geht, braucht man nicht pragmatisch abzustimmen.
Und mit einer sozialdemokratischen Gesinnung läßt sich nun kein Staat mehr machen. Im vorigen Jahrhundert, vor allem in den sechziger bis achtziger Jahren, gab es so etwas wie eine Begeisterung für das sozialdemokratische Gesellschaftsmodell. Damals konnten die Sozialdemokraten mobilisieren; viel mehr als die Konservativen und die Liberalen.
Davon ist nichts geblieben. Das liberale Gesellschaftsmodell mag in einer Krise stecken; das sozialdemokratische aber ist gescheitert. Daß Umverteilung, weniger Wachstum, mehr Gleichheit das richtige Rezept sind, um gegen China, Indien und die anderen globalen Herausforderer zu bestehen, glaubt kaum noch jemand.
Wer heute noch sozialdemokratisch wählt, der tut das nicht aus Begeisterung für die Ideen der Sozialdemokratie, sondern weil er sich den einen oder anderen Vorteil erhofft; Schutz gegen Entlassung vielleicht. Aber aus solchen pragmatischen Motiven geht man eben nicht zur Europawahl.
Weil die Europwahlen Gesinnungs- und Stimmungswahlen sind, werden auch gern kleine Parteien gewählt, denen man bei nationalen Wahlen aus Vernunftgründen seine Stimme nicht geben würde. Das war schon immer so; 1979 erzielten die Grünen, damals noch gar nicht als Partei konstituiert, bei den Europawahlen einen ersten Achtungserfolg.
Gestern haben rund zehn Prozent der deutschen Wähler ihre Stimme einer kleinen Partei gegeben. Aber seltsam - kaum irgendwo findet man aufgeschlüsselt, wem eigentlich. Zuverlässig wie immer hilft da wahlrecht.de.
Die kleinen Parteien sind wirklich Splitterparteien. Keine hat auch nur zwei Prozent erreicht. Am besten haben noch die Freien Wähler abgeschnitten, mit 1,7 Prozent. Dann folgen die Republikaner mit 1,3 Prozent.
Dann kommen die Single-Issue-Parteien; Parteien, die sich einem einzigen Thema verschrieben haben: Die Tierschutzpartei mit 1,1 Prozent, die Familienpartei mit 1,0 Prozent, die Internet-Partei "Piraten" mit 0,9 Prozent, die Rentnerpartei mit 0,8 Prozent, die ÖDP, die im Unterschied zu den Grünen wirklich eine Umweltpartei ist, mit 0,5 Prozent.
Und dann? Dann kommen alle diese Gruppen und Grüppchen, die es auch noch gibt. Die DKP gibt es noch, eine Frauenpartei gibt es noch, sogar - Sie erinnern sich? - das Büso der unvergeßlichen Helga Zepp-Larouche. Ergebnis 10.920 Stimmen, gleich 0,0 Prozent.
Warum nicht? Auch das gehört zur Demokratie, daß auch noch das kleinste Grüppchen sich im öffentlichen Raum artikulieren darf.
Sogar die Rechtsextremen. Vor fünf Jahren war für sie die NPD angetreten, diesmal die DVU. Sie erhielt ganze 0,4 Prozent. Das ist aus meiner Sicht der erfreulichste Aspekt dieser Wahl.
Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Fahnen vor dem Gebäude der Europäischen Kommission. Autor: Xavier Häpe; frei unter Creative Commons Attribution 2.0 License.