2. Juni 2009

Marginalie: Unsere schlauen Vettern. Das Werkzeugkästlein von Schimpansen in Gabun und im Kongo

Als vor fast einem Jahrhundert, während des Ersten Weltkriegs, Wolfgang Köhler in einer Forschungs- Station auf Teneriffa Experimente mit Schimpansen durchführte, die deren erstaunliche Intelligenz zeigten, stieß er mit seinen Resultaten (veröffentlicht 1917 als "Intelligenzprüfungen an Anthropoiden") weithin auf Ablehnung. Es war die Zeit, in der der Behaviorismus zu dominieren begann. Nicht Einsicht zeigten die Affen, so hielt man Köhler entgegen, sondern in Wahrheit nur konditioniertes Verhalten.

Inzwischen häufen sich die Belege dafür, daß Köhler Recht gehabt hatte: Schimpansen sind nicht nur zu einsichtigem Verhalten fähig, sondern sie basteln sich sogar Werkzeuge.

Und zwar unter Umständen raffinierte Werkzeuge, die ein ganzes Werkzeug- Kästlein ergeben. Über neue Untersuchungen dazu berichtet in seiner aktuellen Ausgabe das Wissenschafts- Magazin Science News. Wissenschaftler des Leipziger Max- Planck- Instituts für Evolutionäre Anthropologie beobachteten Schimpansen im Loango- Nationalpark in Gabun sowie im Goualougo- Dreieck im Kongo. Die Schimpansen in den beiden Regionen haben jeweils unterschiedliche, aber ähnliche "Kulturen" des Werkzeug- Gebrauchs entwickelt.

Ein Leckerbissen für Schimpansen ist Bienenhonig; die Werkezeuge dienen dazu, an diesen heranzukommen.

Die Schimpansen in Loango, die ein Team unter Leitung von Christoph Boesch untersuchte, benutzen die folgenden fünf Arten von Werkzeugen:
  • Dicke Stöcke, mit denen gegen den Bienenstock gehämmert wird, um eine Öffnung zu schaffen

  • Mit dünneren Stöcken werden die Zellen innerhalb des Bienenstocks aufgebrochen

  • Stöcke mit breiten, abgewetzten Enden werden eingesetzt, um den Honig zu schlürfen

  • Hierzu werden als weiteres Werkzeug auch Baumrinden verwendet

  • Und schließlich gibt es noch lange, dünne Stöcke, mit denen auf der Suche nach unterirdischen Bienenstöcken in den Boden gestochert wird.
  • Ganz schön pfiffig also, unsere Vettern.

    Denn Vettern sind es ja, nicht Vorfahren. Seit sich vor ungefähr sechs Millionen Jahren die Entwicklungslinien zu trennen begannen, hat sich auf der einen Linie, die zum Homo Sapiens führte, Gewaltiges getan. Aber auch die heutigen Menschenaffen dürften nicht mehr genau dieselben Wesen sein wie vor sechs Millionen Jahren.

    Gewiß, gemessen an uns sind sie ein wenig zurückgeblieben, unser Verwandten. Aber auf ihre Art doch sehr aufgeweckt.



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