20. September 2012

Zitat des Tages: "Pussy Riot" und der Mohammed-Film. Absurdes Messen mit zweierlei Maß

Umso schwerer tut sich die breite Mehrheit mit denen, die nach wie vor einem Gott, Allah oder Jaweh anhängen und dies nicht verbergen. Das wurde schon in der Beschneidungsdebatte deutlich. Das zeigte sich erneut im Unverständnis im Westen darüber, dass Mitglieder der russischen Frauen-Punk-Gruppe Pussy Riot wegen ihres provokativen Protestes in einer orthodoxen Kirche verurteilt wurden (...) Und das zeigt auch jetzt die aufgeregte Diskussion über ein Verbot des antimuslimischen Videomachwerks eines Islamhassers.
Ludwig Greven gestern in "Zeit-Online" in einem Artikel mit der Überschrift "Mehr Respekt bitte!"

Kommentar: Da schert nun einer über einen Kamm, was nicht über einen Kamm zu scheren ist. 

Die Gruppe Pussy Riot ist bekanntlich in eine Kirche eingedrungen, und zwar in die Khram Khrista Spasitelya in Moskau, die Kathedrale Christi des Erlösers, die von den Kommunisten zerstört worden war und nach deren Sturz mit den Spenden von mehr als einer Million Moskauer wieder aufgebaut wurde; eine Kirche also, die für die russischen orthodoxen Christen eine besondere Bedeutung hat.

Die Gruppe (der Name bedeutet "Muschi-Krawall") bekreuzigte sich vor dem Altar und stimmte dann einen blasphemischen Song an, der sich über die Jungfrau Maria lustig machte (sie möge doch Feministin werden) und die Zeile "Scheiße, Scheiße, Gottes Scheiße" enthielt (siehe Sind Pussy Riot "moderne Heldinnen"?; ZR vom 18. 8. 2012). 

Vergleichbar dieser Provokation wäre es, wenn eine solche feministische Gruppe, sagen wir, in die Ibn-Tulun-Moschee in Kairo eingedrungen wäre, sich über den Propheten Mohammed lustig gemacht hätte (er möge doch Feminist werden) und "Scheiße, Scheiße, Allahs Scheiße" gesungen hätte.

Ich bezweifle, daß eine solche Aktion im Westen so gesehen worden wäre wie die Moskauer Aktion von Pussy Riot, die für ihre Tat beispielsweise in "Zeit-Online" als "moderne Heldinnen" bezeichnet wurden. 


Machen wir die Gegenprobe:

Da hat ein obskurer Filmemacher einen einigermaßen widerwärtiges Filmchen gedreht, das den Propheten Mohammed verunglimpft und das innerhalb der USA weitgehend, außerhalb der USA völlig unbekannt geblieben war, bevor ein Moderator eines islamistischen TV-Senders in Ägypten sich darüber erregte (siehe Wie begann die Affäre um den Mohammed-Film "The Innocence of Muslims?"; ZR vom 16. 9. 2012). 
Die Folge waren Krawalle und Gewalttaten quer durch die islamische Welt mit inzwischen zahlreichen Todesopfern. 

Vergleichbar wäre es, daß in einem islamischen Land, sagen wir in der Türkei, ein obskurer Film produziert wird, den kaum jemand sieht und der Jesus Christus verunglimpft. Ein Moderator von Fox News macht ihn zum Gegenstand einer Sendung. Daraufhin gehen überall in christlichen Ländern gewalttätige Mobs gegen die Botschaften der Türkei vor; es gibt zahlreiche Todesopfer.

Würden dann wohl liberale Journalisten wie Ludwig Greven das schreiben, was Greven zu den jetzigen antiwestlichen Krawallen einfiel? Nämlich dies:
Die Freiheitlichkeit der Gesellschaft könnte sich im aktuellen Fall darin erweisen, nicht auf der "Freiheit" für einen Film zu beharren, der nicht der Rede wert ist. Sondern in vollem Bewusstsein eigener innerer Stärke und in Abwägung mit anderen schutzwürdigen Interessen der Rücksicht auf religiöse Gefühle Vorrang zu geben.


Kurz, es wird offenkundig mit zweierlei Maß gemessen. Dieselben politisch korrekten, sich oft liberal nennenden Medienvertreter, die es als Heldentum feiern, wenn die christliche Religion verunglimpft wird, mahnen zum Respekt vor dem Islam.

Eine wirkliche und massive blasphemische Aktion mitten in einem christlichen Gotteshaus wird als Akt der Freiheit gefeiert; während im anderen Fall ein Film einer Zensur unterworfen werden soll, von dem kaum ein Moslem überhaupt eine Ahnung gehabt hätte, wenn ein Islamist ihn nicht mit Tamtam an die Öffentlichkeit gebracht hätte. Niemandem wurde dieser Film aufgedrängt; es gibt nichts als einen Trailer im Internet.


Was ist da los? Kuschen diejenigen, die derart inkonsistent denken und urteilen, vor der Gewalt von Islamisten? Ist ihnen die islamische Religion wertvoller als die christliche? Sehen sie den Splitter im eigenen Auge, aber nicht den Balken in dem des Anderen? Sind sie Feinde des Christentums, aber Sympathisanten des Islam? 

Ich weiß es nicht. Ich kann mir auf diese Haltung, die mir nachgerade absurd erscheint, keinen Reim machen.
Zettel




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