Clint Eastwood spricht sein Schweigen, so titelt CNN. Wo hat er es gebrochen? Gegenüber einem Provinzblättchen mit dem schönen Namen The Carmel Pine Cone, der Carmeler Pinienzapfen; es erscheint einmal die Woche in Carmel-by-the-Sea.
Carmel-by-the-Sea ist eine kleine Stadt mit einer Künstlersiedlung an der Küste Kaliforniens zwischen San Francisco und Los Angeles. Es hat knapp 4000 Einwohner, gilt als besonders hundefreundlich und hat ein Verbot erlassen, ohne Erlaubnis High Heels zu tragen. Bis 1986 war es dort auch verboten, auf den Straßen Eiscreme zu verkaufen. Ich komme darauf zurück.
Der Name Carmel geht auf die Missionskirche San Carlos Borromeo de Carmelo zurück, um die herum Ende des 19. Jahrhunderts die Siedlung entstand.
Zur Künstlersiedlung wurde Carmel nach dem Erdbeben von San Francisco 1906, als Künstler aus der zerstörten Stadt dort hinzogen. Andere folgten; darunter so bekannte Schriftsteller wie Ambrose Bierce, Upton Sinclair und Sinclair Lewis. Es enstand ein Theater, das für seine Shakespeare-Aufführungen berühmt wurde. Maler und Musiker zogen nach Carmel. Auch Hollywood-Stars wie Joan Fontaine und Doris Day.
Und Clint Eastwood. Er war dort von 1986 bis 1988 Bürgermeister. Und damit sind wir wieder bei dem Verbot des Verkaufs von Eiscreme auf der Straße. Um derartige Verbote zu kippen, wolle Eastwood nämlich Bürgermeister von Carmel werden. Er gewann haushoch.
1987 berichtete die New York Times (NYT), wie erfolgreich er sein Amt führte: Nicht nur war es nun erlaubt, auf der Straße Eis zu verkaufen. Es entstanden auch neue Treppen zum Strand, neue öffentliche Toiletten. Kritiker lobte der (so die NYT), "gerissene Politiker" Eastwood geschickt auf andere Posten weg.
Mit seiner Amtsführung waren die meisten Einwohner laut NYT sehr zufrieden. Dennoch wollten viele ihn nicht wiederwählen. Denn dieser prominente Bürgermeister lockte Scharen von Touristen an, die den Frieden des kleinen Städtchens störten. Für eine zweite Amtszeit trat Eastwood 1988 nicht mehr an.
Jetzt wissen Sie, warum Clint Eastwood gerade dem Carmel Pine Cone erzählt hat, wie es zu der Sache mit dem leeren Stuhl gekommen war. Heute erschien der Artikel von Paula Miller.
Es begann im August, nachdem Eastwood den Kandidaten Romney auf einer Veranstaltung in Sun Valley, Idaho, unterstützt hatte. Aber erst eine Woche vor der National Convention wurde die Sache festgeklopft; und es wurde vereinbart, Eastwoods Auftritt bis zuletzt geheimzuhalten.
In der Republikanischen Partei ging man davon aus, daß Eastwood als ehemaliger Bürgermeister darin geübt sei, eine politische Ansprache zu halten. Zu Paula Miller sagte er jetzt: "I never gave speeches. I gave talks". Er habe nie Ansprachen gehalten, sondern nur geredet.
Donnerstag Morgen startete Eastwood mit seinem Privatflugzeug von San Jose nach Florida. Was er sagen würde, wußte er noch nicht. In Tampa angekommen, hatte er immer noch keine Idee. Romneys Wahlmanager wollte wissen, was zu erwarten sei. Clintwood sagte: Jedenfalls werde alles, was er sagen würde, nett gegenüber Romney sein.
Dann hielt Eastwood im Hotel ein Nickerchen; und danach dachte er sich drei Themen für seinen Auftritt aus: Daß nicht ganz Hollywood links sei; daß Obama Versprechen gebrochen habe; und daß das Volk der Souverän sei, der Politiker davonjagen kann, wenn sie einen schlechten Job gemacht haben.
Das war eine Stunde vor dem Auftritt. Was genau er sagen würde, wußte Eastwood immer noch nicht. Er wurde dann an den Veranstaltungsort gefahren und hinter die Bühne gebracht, um auf sein Stichwort zu warten. Und da, backstage, traf ihn die Inspiration.
Da stand ein Stuhl. Jemand fragte ihn, den 82jährigen, ob er darauf nicht Platz nehmen wolle. Von seiner Inspiration getroffen, sagte Eastwood: Nein, man solle den Stuhl bitte auf die Bühne stellen.
Der Rest ist Geschichte.
Die Reaktion im Saal war freundlich bis belustigt. Auch hinter der Bühne war man angetan.
Die Journalisten aber waren fast durchweg entsetzt. War Eastwood senil geworden? War er am Ende gar betrunken auf die Bühne gegangen? Auch ich habe - ohne solche Spekulationen anzustellen - in diesem Sinn kommentiert (Romneys Rede. Clint Eastwoods peinlicher Auftritt; ZR vom 31. 8. 2012; sowie Wie kam es zu Clint Eastwoods Rede?; ZR vom 1. 9. 2012).
In Zettels kleinem Zimmer gab es allerdings auch sehr andere Meinungen. Sie waren Vorboten dessen, was sich inzwischen im Internet abgespielt hat: Der Auftritt ist dabei, Kult zu werden. Ein neues Wort ist geboren: "Eastwooding".
Carmel-by-the-Sea ist eine kleine Stadt mit einer Künstlersiedlung an der Küste Kaliforniens zwischen San Francisco und Los Angeles. Es hat knapp 4000 Einwohner, gilt als besonders hundefreundlich und hat ein Verbot erlassen, ohne Erlaubnis High Heels zu tragen. Bis 1986 war es dort auch verboten, auf den Straßen Eiscreme zu verkaufen. Ich komme darauf zurück.
Der Name Carmel geht auf die Missionskirche San Carlos Borromeo de Carmelo zurück, um die herum Ende des 19. Jahrhunderts die Siedlung entstand.
Zur Künstlersiedlung wurde Carmel nach dem Erdbeben von San Francisco 1906, als Künstler aus der zerstörten Stadt dort hinzogen. Andere folgten; darunter so bekannte Schriftsteller wie Ambrose Bierce, Upton Sinclair und Sinclair Lewis. Es enstand ein Theater, das für seine Shakespeare-Aufführungen berühmt wurde. Maler und Musiker zogen nach Carmel. Auch Hollywood-Stars wie Joan Fontaine und Doris Day.
Und Clint Eastwood. Er war dort von 1986 bis 1988 Bürgermeister. Und damit sind wir wieder bei dem Verbot des Verkaufs von Eiscreme auf der Straße. Um derartige Verbote zu kippen, wolle Eastwood nämlich Bürgermeister von Carmel werden. Er gewann haushoch.
1987 berichtete die New York Times (NYT), wie erfolgreich er sein Amt führte: Nicht nur war es nun erlaubt, auf der Straße Eis zu verkaufen. Es entstanden auch neue Treppen zum Strand, neue öffentliche Toiletten. Kritiker lobte der (so die NYT), "gerissene Politiker" Eastwood geschickt auf andere Posten weg.
Mit seiner Amtsführung waren die meisten Einwohner laut NYT sehr zufrieden. Dennoch wollten viele ihn nicht wiederwählen. Denn dieser prominente Bürgermeister lockte Scharen von Touristen an, die den Frieden des kleinen Städtchens störten. Für eine zweite Amtszeit trat Eastwood 1988 nicht mehr an.
Jetzt wissen Sie, warum Clint Eastwood gerade dem Carmel Pine Cone erzählt hat, wie es zu der Sache mit dem leeren Stuhl gekommen war. Heute erschien der Artikel von Paula Miller.
Es begann im August, nachdem Eastwood den Kandidaten Romney auf einer Veranstaltung in Sun Valley, Idaho, unterstützt hatte. Aber erst eine Woche vor der National Convention wurde die Sache festgeklopft; und es wurde vereinbart, Eastwoods Auftritt bis zuletzt geheimzuhalten.
In der Republikanischen Partei ging man davon aus, daß Eastwood als ehemaliger Bürgermeister darin geübt sei, eine politische Ansprache zu halten. Zu Paula Miller sagte er jetzt: "I never gave speeches. I gave talks". Er habe nie Ansprachen gehalten, sondern nur geredet.
Donnerstag Morgen startete Eastwood mit seinem Privatflugzeug von San Jose nach Florida. Was er sagen würde, wußte er noch nicht. In Tampa angekommen, hatte er immer noch keine Idee. Romneys Wahlmanager wollte wissen, was zu erwarten sei. Clintwood sagte: Jedenfalls werde alles, was er sagen würde, nett gegenüber Romney sein.
Dann hielt Eastwood im Hotel ein Nickerchen; und danach dachte er sich drei Themen für seinen Auftritt aus: Daß nicht ganz Hollywood links sei; daß Obama Versprechen gebrochen habe; und daß das Volk der Souverän sei, der Politiker davonjagen kann, wenn sie einen schlechten Job gemacht haben.
Das war eine Stunde vor dem Auftritt. Was genau er sagen würde, wußte Eastwood immer noch nicht. Er wurde dann an den Veranstaltungsort gefahren und hinter die Bühne gebracht, um auf sein Stichwort zu warten. Und da, backstage, traf ihn die Inspiration.
Da stand ein Stuhl. Jemand fragte ihn, den 82jährigen, ob er darauf nicht Platz nehmen wolle. Von seiner Inspiration getroffen, sagte Eastwood: Nein, man solle den Stuhl bitte auf die Bühne stellen.
Der Rest ist Geschichte.
Die Reaktion im Saal war freundlich bis belustigt. Auch hinter der Bühne war man angetan.
Die Journalisten aber waren fast durchweg entsetzt. War Eastwood senil geworden? War er am Ende gar betrunken auf die Bühne gegangen? Auch ich habe - ohne solche Spekulationen anzustellen - in diesem Sinn kommentiert (Romneys Rede. Clint Eastwoods peinlicher Auftritt; ZR vom 31. 8. 2012; sowie Wie kam es zu Clint Eastwoods Rede?; ZR vom 1. 9. 2012).
In Zettels kleinem Zimmer gab es allerdings auch sehr andere Meinungen. Sie waren Vorboten dessen, was sich inzwischen im Internet abgespielt hat: Der Auftritt ist dabei, Kult zu werden. Ein neues Wort ist geboren: "Eastwooding".
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Clint Eastwood 2007. Vom Autor Army.mil unter Creative Commons Attribution 2.0 Generic-Lizenz freigegeben. Bearbeitet.