2. Juli 2008

Ketzereien zum Irak (31): Wie war das doch gleich mit "Blut für Öl"? Über eine Meldung, die Beachtung verdient hat, sie aber bisher nicht findet

Noch vor einem Jahr wäre die Meldung eine Sensation gewesen. Jetzt interessiert sie in Deutschland offenbar kaum noch. Null Treffer liefert im Augenblick Paperball, wenn man "Irak Öl" eingibt.

Worum geht es? Der Irak hat am Montag eine weltweite Ausschreibung für den Zugang zu seinen Ölfeldern eröffnet.

Zugang ("access") - das heißt nicht etwa, daß die Ölfelder verkauft oder auch nur verpachtet werden sollen. Es heißt "to provide services, equipment, training and advice on the country's biggest oil fields" - Hilfsdienste, Ausrüstungen, Schulung und Beratung in Bezug auf die größten Ölfelder des Landes zur Verfügung zu stellen.

Nun gut, darunter kann sich vieles verbergen. Natürlich werden - so dürften viele denken - doch die Amis am Ende diese Ölfelder ausbeuten, wenn auch nur in der formalen Gestalt von Beratung und Hilfe.

Die Amis? Ja, natürlich die Amis, werden sie denken, die Vielen. Denn sie haben doch schon im Januar 2003, wenn sie den "Spiegel" gelesen haben, eindringlich mitgeteilt bekommen, daß in diesem Krieg das Blut von Soldaten und Zivilisten allein für die Interessen der amerikanischen Ölindustrie, und nicht zuletzt der Familie Bush, vergossen werden würde.



Wer das verinnerlicht hat, der wird sich freilich über das wundern, was der irakische Ölminister am Montag gesagt hat:

"Shahristani said 35 companies -- including firms from the United States, Britain, France, Russia, China and India -- had been selected to bid on long-term contracts"; Schahristani erklärte, daß 35 Firmen - unter anderem aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Rußland, China und Indien - ausgewählt wurden, um Angebote abzugeben.

Es geht um den Ausbau und die weitere Erschließung von Ölquellen in Kirkuk und Bai Hassan im Norden des Irak und in Rumaila, Zubair, Maysan und West- Kurnah im Süden. Von deren Entwicklung werden also sowohl die Kurden als auch die Schiiten profitieren.

Angebote müssen bis März 2009 abgegeben werden, und bis zum Juni 2009 soll die Entscheidungen gefällt und sollen die Kontrakte unterzeichnet sein, für die eine Laufzeit von zehn Jahren vorgesehen ist. Den Zuschlag wird nur erhalten, wer eine irakische Partnerfirma vorweisen kann und sich verpflichtet, Iraker zu beschäftigen.

Seit 1972 sind die irakischen Ölquellen verstaatlicht, so wie die in den meisten Förderländern. Es gibt niemanden von Bedeutung im Irak oder in der US-Regierung, der daran etwas ändern möchte. An der Behauptung, die USA hätten "Blut für Öl" vergossen, ist nichts, buchstäblich nichts dran.



Nicht nur, weil diese gestrige Meldung den "Spiegel" und andere, die diese Propaganda vor fünf Jahren angeführt hatten, eindrucksvoll widerlegt, sollte sie eigentlich in Deutschland Beachtung finden. Sondern auch, weil es ja nur deshalb möglich ist, internationale Anbieter zum Engagement im Irak einzuladen, weil dort das Schlimmste überwunden ist.

Der Irak ist nicht den Weg in den Bürgerkrieg gegangen, den viele in Deutschland ihm prophezeit (und wie viele wohl ihm klammheimlich gewünscht?) haben. Man kann es in dem Artikel der Washington Post lesen:
In recent months, sharp declines in violence have allowed Iraq to increase production levels to 2.5 million barrels a day, its highest since the U.S.-led invasion in 2003. With the new foreign deals, said Jehad, Iraq hopes to boost production to 4.5 million barrels a day within five years.

In den vergangenen Monaten hat ein massiver Rückgang der Gewalt es dem Irak erlaubt, das Niveau der Produktion auf 2,5 Millionen Barrel am Tag zu steigern; das höchste seit der von den USA geführten Invasion im Jahr 2003. Mit den neuen Vereinbarungen mit ausländischen Firmen hofft der Irak nach den Worten von [dem Sprecher des Erdölministeriums] Dschehad, die Produktion in den nächsten fünf Jahren auf 4,5 Millionen Barrel zu steigern.
Sie haben sich in Bezug auf den Irak geirrt, diejenigen, die aus einer ideologischen Verblendung heraus im Irak- Krieg nur einen Krieg um Öl sehen wollten; so, wie sie sich meist irren. Sie haben sich ebenso geirrt, als sie dachten - als sie es jedenfalls verkündeten - , der Irak werde in Gewalt versinken. Nur scheint es recht lange zu dauern, bis sich das jeweils herumspricht.

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