Es mag daran gelegen haben, daß die Sache der EU-Skeptiker von zwei brillanten Juristen - dem Verwaltungsrechtler Hans Herbert von Arnim und vor allem dem Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider - vertreten wurde, denen die beiden ihnen gegenübersitzenden Befürworter des Vertrags von Lissabon weder fachlich noch intellektuell gewachsen waren.
Jedenfalls war die gestrige Phoenix-Runde nachgerade so etwas wie moralische Aufrüstung für diejenigen, die fürchten, daß im Vertrag von Lissabon mehr an Gefahren lauert, als der Laie auf den ersten Blick sehen kann, oder auch auf den zweiten.
Auch wir Nichtjuristen können erkennen, daß man das "Nein" der Franzosen und Niederländer zum Verfassungsvertrag unterlaufen will, indem man faktisch dieselben Bestimmungen in einem Vertragswerk unterbringt, das nur halt nicht mehr den Namen "Verfassung" trägt.
Das geben Verantwortliche auch ganz ungehemmt zu. Die Öffentlichkeit werde unwissentlich das akzeptieren, was sie, wenn es ihr direkt vorgelegt werde, ablehnen würde - so unverhüllt hat es kein Geringerer als Valéry Giscard d'Estaing gesagt; ähnlich auch der Obereuropäer Claude Juncker.
Auch wir juristischen Laien können die Chuzpe erkennen, die Barroso und seine Getreuen an den Tag legen, wenn sie als Reaktion auf das "Nein" der Iren nicht etwa überlegen, wie man dieser neuen Lage gerecht werden, sondern nur wie man sie umschiffen kann. Statt eine ernsthafte Diskussion zu führen, wird man erneut die Patschehändchen ganz tief in die Trickkiste stecken.
Auch wir Laien merken, daß etwas faul sein muß an diesen heutigen Europa, wenn - Christian Hannover hat es bei den Kollegen von "Freunde der Offenen Gesellschaft" und Boche hat es bei den Bissigen Liberalen aufgespießt - die Abgeordnete Koch-Mehrin erklärt, die EU dürfe sich jetzt "nicht aufhalten lassen". Das wäre ja auch noch schöner, wenn die Politiker sich durch das renitente Volk würden aufhalten lassen.
Also - das alles kann man auch erkennen, wenn man nichts von Staatsrecht versteht. Was ich aber gestern Abend von Arnim und Schachtschneider gelernt habe, das betrifft die Fallstricke, die im Kleingedruckten lauern.
Ein Beispiel, das vermutlich drastischste Beispiel, ist der Artikel 48, Absatz 6. Dort wird ein "vereinfachtes Veränderungsverfahren" eingeführt, das dem Europäischen Rat - er besteht aus den Staats- und Regierungschefs der EU sowie dem Präsidenten der Kommission, ist also ein rein exekutives Organ - eine "Änderung aller oder eines Teils der Bestimmungen ... über die Arbeitsweise der EU" erlaubt.
Dieser Paragraph ist eines der Kernstücke der Klage des Abgeordneten Peter Gauweiler, die beim Bundes- Verfassungsgericht anhängig ist und die Schachtschneider dort vertritt.
Es geht - so erläuterten es die beiden Juristen - um das, was sie in ihrem Jargon die "Kompetenz-Kompetenz" nennen: Wer hat die Kompetenz, Kompetenzen zu verteilen?
Nach dem Vertrag von Lissabon jedenfalls nicht der Souverän in Gestalt gewählter Volksvertreter. Abgesehen davon - darauf wies Arnim hin -, daß das Europäische Parlament schon deshalb nicht demokratisch gewählt wird, weil die Stimme eines Maltesers oder eines Luxemburgers ein Vielfaches des Gewichts der Stimme eines Deutschen hat.
Ein anderer kritischer Punkt ist die Subsidiarität. Das Subsidiaritäts- Prinzip soll durch den Vertrag von Lissabon erweitert werden (siehe dazu die Diskussion in "Zettels kleinem Zimmer"; für einen schnellen Überblick hier klicken). Klingt zunächst gut. Aber wie steht es mit der Kompetenz-Kompetenz? Wenn es Differenzen über die Anwendung dieses Prinzips gibt, dann entscheidet der EuGH, der "Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften". Der bisher fast durchgängig zugunsten europäischer Institutionen entschieden hat.
Dessen interne Verfahrenssprache ist Französisch. Entscheidungen beispielsweise zur Subsidiarität diesem Gericht vorzulegen hieße, so meinte Herbert von Arnim, den Bock zum Gärtner zu machen.
Jedenfalls war die gestrige Phoenix-Runde nachgerade so etwas wie moralische Aufrüstung für diejenigen, die fürchten, daß im Vertrag von Lissabon mehr an Gefahren lauert, als der Laie auf den ersten Blick sehen kann, oder auch auf den zweiten.
Auch wir Nichtjuristen können erkennen, daß man das "Nein" der Franzosen und Niederländer zum Verfassungsvertrag unterlaufen will, indem man faktisch dieselben Bestimmungen in einem Vertragswerk unterbringt, das nur halt nicht mehr den Namen "Verfassung" trägt.
Das geben Verantwortliche auch ganz ungehemmt zu. Die Öffentlichkeit werde unwissentlich das akzeptieren, was sie, wenn es ihr direkt vorgelegt werde, ablehnen würde - so unverhüllt hat es kein Geringerer als Valéry Giscard d'Estaing gesagt; ähnlich auch der Obereuropäer Claude Juncker.
Auch wir juristischen Laien können die Chuzpe erkennen, die Barroso und seine Getreuen an den Tag legen, wenn sie als Reaktion auf das "Nein" der Iren nicht etwa überlegen, wie man dieser neuen Lage gerecht werden, sondern nur wie man sie umschiffen kann. Statt eine ernsthafte Diskussion zu führen, wird man erneut die Patschehändchen ganz tief in die Trickkiste stecken.
Auch wir Laien merken, daß etwas faul sein muß an diesen heutigen Europa, wenn - Christian Hannover hat es bei den Kollegen von "Freunde der Offenen Gesellschaft" und Boche hat es bei den Bissigen Liberalen aufgespießt - die Abgeordnete Koch-Mehrin erklärt, die EU dürfe sich jetzt "nicht aufhalten lassen". Das wäre ja auch noch schöner, wenn die Politiker sich durch das renitente Volk würden aufhalten lassen.
Also - das alles kann man auch erkennen, wenn man nichts von Staatsrecht versteht. Was ich aber gestern Abend von Arnim und Schachtschneider gelernt habe, das betrifft die Fallstricke, die im Kleingedruckten lauern.
Ein Beispiel, das vermutlich drastischste Beispiel, ist der Artikel 48, Absatz 6. Dort wird ein "vereinfachtes Veränderungsverfahren" eingeführt, das dem Europäischen Rat - er besteht aus den Staats- und Regierungschefs der EU sowie dem Präsidenten der Kommission, ist also ein rein exekutives Organ - eine "Änderung aller oder eines Teils der Bestimmungen ... über die Arbeitsweise der EU" erlaubt.
Dieser Paragraph ist eines der Kernstücke der Klage des Abgeordneten Peter Gauweiler, die beim Bundes- Verfassungsgericht anhängig ist und die Schachtschneider dort vertritt.
Es geht - so erläuterten es die beiden Juristen - um das, was sie in ihrem Jargon die "Kompetenz-Kompetenz" nennen: Wer hat die Kompetenz, Kompetenzen zu verteilen?
Nach dem Vertrag von Lissabon jedenfalls nicht der Souverän in Gestalt gewählter Volksvertreter. Abgesehen davon - darauf wies Arnim hin -, daß das Europäische Parlament schon deshalb nicht demokratisch gewählt wird, weil die Stimme eines Maltesers oder eines Luxemburgers ein Vielfaches des Gewichts der Stimme eines Deutschen hat.
Ein anderer kritischer Punkt ist die Subsidiarität. Das Subsidiaritäts- Prinzip soll durch den Vertrag von Lissabon erweitert werden (siehe dazu die Diskussion in "Zettels kleinem Zimmer"; für einen schnellen Überblick hier klicken). Klingt zunächst gut. Aber wie steht es mit der Kompetenz-Kompetenz? Wenn es Differenzen über die Anwendung dieses Prinzips gibt, dann entscheidet der EuGH, der "Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften". Der bisher fast durchgängig zugunsten europäischer Institutionen entschieden hat.
Dessen interne Verfahrenssprache ist Französisch. Entscheidungen beispielsweise zur Subsidiarität diesem Gericht vorzulegen hieße, so meinte Herbert von Arnim, den Bock zum Gärtner zu machen.
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