3. Juli 2008

Marginalie: Funktionalität und Irrationalität der Todesstrafe

Unter den Stichwörtern, die Googelnde in "Zettels Raum" führen, taucht regelmäßig "Hinrichtungsarten" auf.

Das liegt an diesem Artikel, in dem ich mich mit dem eigenartigen Umstand befaßt habe, daß die in den USA gängigen Hinrichtungsarten - der Elektrische Stuhl, die Vergasung, die Todesspritze - alle dadurch gekennzeichnet sind, daß kein Blut fließt. Die Hinrichtung mit diesen Methoden ist zwar potentiell schmerzhafter und durch ihre Dauer qualvoller als die klassischen Methoden des Köpfens oder Erschießens; aber man hat am Ende eine schöne Leiche.

Daß dieser Artiikel zu den am häufigsten ergoogelten Beiträgen in diesem Blog gehören würde, hatte ich nicht erwartet. Es deutet auf ein eigenartiges Interesse an der Todesstrafe hin, die doch eigentlich in Deutschland kein Thema ist.

Als ich jetzt ein wenig recherchiert habe, bin ich gar auf ein Informationsmagazin zum Thema Todesstrafe gestoßen. Das angeschlossene Forum läßt vermuten, daß es dort zumindest nicht ausschließlich darum geht, gegen die Todesstrafe zu argumentieren. Eher ist ein starkes und ambivalentes Interesse an dem Thema wahrzunehmen.

Es ist ein, so scheint mir, archaisches Interesse. Ein Interesse am Tod, am Töten, am rituell eingerahmten Töten.

"Capital Punishment" heißt die Todesstrafe auf englisch, die äußerste - man könnte auch übersetzen: die oberste - Bestrafung. Töten ist die schlechthinnige Ausübung von Macht gegenüber einem Menschen. Auch wenn jemand, der weder Arzt noch sonstwie beruflich mit dem Thema befaßt ist, sich dazu drängt, Sterbehilfe zu leisten, liegt es nahe, an dieses Motiv der Macht über Leben und Tod zu denken.



Im Blog "The Outside of the Asylum" des sehr geschätzten Kollegen Califax ist Anfang der Woche ein kluger Artikel zur Todesstrafe erschienen, der über deren soziale Funktionen reflektiert.

Ich widerspreche Califax nicht. Mir hat insbesondere gefallen, daß er diese Funktionen nüchtern untersucht, ohne den Leser gleich mit seiner eigenen Auffassung zur Todesstrafe (er ist dagegen) zu überfallen.

Nur bin ich nicht sicher, daß diese sozialwissenschaftliche Betrachtungsweise, die nur die Funktionalität der Todesstrafe in den Blick nimmt, uns die ganze Geschichte erzählt. Es gibt da, denke ich, noch diese psychologische, die archaische Ebene des Faszinosums, das der Akt des Tötens ist. Als die ultimative Machtausübung; als der ultimative Schrecken auch.



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