Thilo Sarrazins Essay "Was tun?", aus dem ich am Sonntag zwei Absätze als Zitat des Tages verwendet habe, steht noch immer nicht in "Spiegel-Online".
Das ist bedauerlich, denn es vermindert die Wahrscheinlichkeit, daß diejenigen, die über den Text reden, ihn gelesen haben. Viele haben das offenbar nicht. Wenn man sich die Reaktionen von Politikern ansieht, wie sie gestern "Welt-Online" zusammengestellt hat, dann entsteht der Eindruck, daß es sich nicht um Diskussionsbeiträge handelt, sondern um Pawlow'sche Reflexe, ausgelöst durch bestimmte Reizwörter.
"Diffamierend und verletzend" nannte die für Integration zuständige Staatsministerin Maria Böhmer Äußerungen von Sarrazin. Welche? Sie zitiert keine einzige. Aber sie sagt das, was auch die Kernaussage Sarrazins ist: "Wer dauerhaft in Deutschland leben wolle, müsse seinen Willen zur Integration deutlich machen".
Die Staatsministerin Böhmer stimmt Sarrazin zu, versieht diese Zustimmung aber mit einem Tritt ans Schienbein.
"Welt-Online":
Ein Interkultureller Rat in Deutschland - man hört und liest sonst selten von ihm - "forderte die SPD auf, sich mit ihrem Mitglied Sarrazin inhaltlich auseinanderzusetzen". Ja, das wäre schön.
Tut das die SPD?
Sie tut es nicht. Bisher ist mir keine Äußerung aus der SPD bekannt, die auch nur in Ansätzen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Thesen Sarrazins enthalten würde.
Wohl aber hat sich gestern der Chef dieser Partei zu Wort gemeldet; auf einer Bootsfahrt auf dem schönen Rhein. Vielleicht kann man Sigmar Gabriel zugutehalten, daß er auf seiner "Sommerreise" schon den einen oder anderen Schoppen kredenzt bekommen hatte, als er das sagte, worüber "Welt-Online" heute so berichtet:
Denn was hat Sarrazin an "Charakterisierungen zu bestimmten Bevölkerungsgruppen" vorgetragen? Dies, in seinem Essay im "Spiegel" dieser Woche (Heft 34/2010) auf Seite 138 zu lesen:
Für Sigmar Gabriel gilt dasselbe wie für Volker Beck: Hat er den Text gelesen, dann diffamiert er bewußt. Hat er ihn nicht gelesen, dann äußert er sich leichtfertig.
Ich habe schon am Ende des Artikels vom Sonntag angeregt, daß Sie sich das "Spiegel"-Heft kaufen, um sich selbst ein Bild von dem zu machen, was Sarrazin vertritt. Nach den diffamierenden Reaktionen der vergangenen beiden Tage möchte ich diese Anregung wiederholen.
Glauben Sie bitte nicht dem, was über diesen Text behauptet wird. Lesen Sie ihn selbst. Übrigens kann man ihn auch über "Spiegel-Online" kaufen. Gehen Sie dazu auf diese Seite und klicken Sie auf E-Paper.
Das ist bedauerlich, denn es vermindert die Wahrscheinlichkeit, daß diejenigen, die über den Text reden, ihn gelesen haben. Viele haben das offenbar nicht. Wenn man sich die Reaktionen von Politikern ansieht, wie sie gestern "Welt-Online" zusammengestellt hat, dann entsteht der Eindruck, daß es sich nicht um Diskussionsbeiträge handelt, sondern um Pawlow'sche Reflexe, ausgelöst durch bestimmte Reizwörter.
"Diffamierend und verletzend" nannte die für Integration zuständige Staatsministerin Maria Böhmer Äußerungen von Sarrazin. Welche? Sie zitiert keine einzige. Aber sie sagt das, was auch die Kernaussage Sarrazins ist: "Wer dauerhaft in Deutschland leben wolle, müsse seinen Willen zur Integration deutlich machen".
Die Staatsministerin Böhmer stimmt Sarrazin zu, versieht diese Zustimmung aber mit einem Tritt ans Schienbein.
"Welt-Online":
Die Grünen sprachen von Hasstiraden Sarrazins. Sie gefährdeten nicht die von Sarrazin "scheinbar so geliebte deutsche Volksgemeinschaft", sondern Anstand, Vernunft und Menschlichkeit, so der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Volker Beck.Hat Beck den Aufsatz von Sarrazin gelesen? Dann lügt er. Nirgends spricht Sarrazin von einer deutschen Volksgemeinschaft; Beck will, sollte er den Text kennen, diffamieren, indem er Sarrazin in die Nähe der Nazis rückt. Oder hat Beck den Text nicht gelesen? Dann äußert er sich leichtfertig.
Ein Interkultureller Rat in Deutschland - man hört und liest sonst selten von ihm - "forderte die SPD auf, sich mit ihrem Mitglied Sarrazin inhaltlich auseinanderzusetzen". Ja, das wäre schön.
Tut das die SPD?
Sie tut es nicht. Bisher ist mir keine Äußerung aus der SPD bekannt, die auch nur in Ansätzen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Thesen Sarrazins enthalten würde.
Wohl aber hat sich gestern der Chef dieser Partei zu Wort gemeldet; auf einer Bootsfahrt auf dem schönen Rhein. Vielleicht kann man Sigmar Gabriel zugutehalten, daß er auf seiner "Sommerreise" schon den einen oder anderen Schoppen kredenzt bekommen hatte, als er das sagte, worüber "Welt-Online" heute so berichtet:
Bei einer Bootsfahrt nahe Worms sagte Gabriel auf seiner Sommerreise, er wolle genau prüfen, ob Sarrazins Zuordnung von Charakterisierungen zu bestimmten Bevölkerungsgruppen wie Afrikaner oder Asiaten nicht rassistisch sei. Sollten diese Charakterisierungen so erfolgt sein, dann wäre das für ihn "eindeutig" rassistisch. Gabriel fügte bei der Veranstaltung hinzu: "Wenn Sie mich fragen, warum der noch bei uns Mitglied sein will – das weiß ich auch nicht." Sarrazin agiere in der Debatte mit "sprachlich gewalttätigen Aussagen", sagte Gabriel weiter.Offenbar hat auch Gabriel den ausgesprochen kühl und rational argumentierenden Text von Sarrazin nicht gelesen. Offenbar flossen auch ihm nur auf Reizwörter hin die Gedanken zu wie Pawlows Hunden der Speichel aus dem Mund.
Denn was hat Sarrazin an "Charakterisierungen zu bestimmten Bevölkerungsgruppen" vorgetragen? Dies, in seinem Essay im "Spiegel" dieser Woche (Heft 34/2010) auf Seite 138 zu lesen:
Diskriminierung scheidet als Grund für die mangelhaften Erfolge der muslimischen Migranten im Bildungs- und Beschäftigungssystem aus, denn andere Migrantengruppen, die - aus Fernost oder Indien kommend - eher noch fremdartiger aussehen als Türken und Araber, schneiden teilweise sogar besser ab als die Deutschen. Der relative Misserfolg kann wohl auch kaum auf angeborene Fähigkeiten und Begabungen zurückgeführt werden, denn er betrifft muslimische Migranten unterschiedlicher Herkunft gleichermaßen.Sie haben richtig gelesen: "... kann wohl auch kaum auf angeborene Fähigkeiten und Begabungen zurückgeführt werden". Charakterisierungen von Asiaten und Afrikanern kommen in dem Essay Sarrazins überhaupt nicht vor.
Für Sigmar Gabriel gilt dasselbe wie für Volker Beck: Hat er den Text gelesen, dann diffamiert er bewußt. Hat er ihn nicht gelesen, dann äußert er sich leichtfertig.
Ich habe schon am Ende des Artikels vom Sonntag angeregt, daß Sie sich das "Spiegel"-Heft kaufen, um sich selbst ein Bild von dem zu machen, was Sarrazin vertritt. Nach den diffamierenden Reaktionen der vergangenen beiden Tage möchte ich diese Anregung wiederholen.
Glauben Sie bitte nicht dem, was über diesen Text behauptet wird. Lesen Sie ihn selbst. Übrigens kann man ihn auch über "Spiegel-Online" kaufen. Gehen Sie dazu auf diese Seite und klicken Sie auf E-Paper.
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