9. August 2010

Brigitte Bardot und Michelle Obama. Wie man von einem Klischee in ein anderes purzelt

Gemeinsamkeiten zwischen Brigitte Bardot und Michelle Obama? Ja natürlich, beide sind attraktive Frauen. Manche werden vielleicht auch zwischen den beiden physiognomische Gemeinsamkeiten wahrnehmen. Der Zufall wollte es, daß ich mich gestern mit beiden beschäftigt habe.

Mit Brigitte Bardot wegen des schönen Themenabends bei Arte, der nicht nur den Louis-Malle-Film Vie Privée zeigte, sondern vor allem auch die Show aus dem Jahr 1968, wo B. B. umwerfend singt, zusammen manchmal mit Serge Gainsbourg, Sacha Distel, Claude Brasseur. In Frankreich hört man ihre Chansons auch heute noch oft; in Deutschland wissen viele gar nicht, daß sie parallel zu ihrer Filmkarriere eine Karriere als eine exzellente, stimmlich sehr aparte Sängerin hatte.

Michelle Obama war gestern in den Schlagzeilen, weil sie offenbar etwas Ähnliches gemacht hatte wie das, wofür B. B. in ihrer Jugend berühmt gewesen war: Sie hatte sich der Lebensfreude, dem Luxus hingegeben; Nonchalance gezeigt.

Zwar nicht in Saint Tropez, wie einst B.B., sondern in Spanien. Aber eben auch recht weit außerhalb puritanischer Vorstellungen davon, wie sich ein ordentlicher Mensch zu verhalten hat. "Spiegel-Online":
Michelle Obamas fünftägiger Privatbesuch in Andalusien ist rein imagetechnisch ein Desaster. Im Washingtoner Sommerloch bringt die fatale Reise ein Phänomen hervor, das man in dieser Qualität noch nicht kannte: First-Lady-Bashing.

Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da Barack Obamas Umfragewerte so schlecht sind wie noch nie, entsteht der Eindruck, als genösse Michelle Obama einen Luxustrip auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers.
Ja, wie entsetzlich!

Sie wohnte nicht etwa, nein sie - so die Chefin des Ressorts "Panorama" von "Spiegel-Online", Patricia Dreyer - "residierte" in einem - horribile dictu - Fünf-Sterne-Hotel. Und das, wo es doch ihren Landsleuten so schlecht geht:
Während die Berichte über das spanische Luxushotel die Runde machten und zudem Erwähnung fand, dass eigens ein Strandabschnitt von der spanischen Polizei gesperrt wurde, damit die neunjährige Sasha Obama ungestört planschen konnte, wurde in den USA bekannt, dass dort im Monat Juli erneut 131.000 Jobs abgebaut wurden, deutlich mehr als erwartet.
Ja dann. Wie verantwortungslos von Michelle Obama. Sie hätte doch das für ihren Urlaub vorgesehene Geld spenden können, nach dem Vorbild der spendenfreudigen Milliardäre.



Selbstbewußte Frauen, wenn sie dazu auch noch attraktiv sind und einen Sinn für die Freuden des Lebens haben, sind der Schrecken des Puritaners und zumal der Puritanerin.

Nein, "Schrecken" trifft es nicht; sie erzeugen wohl eher eine Reaktion, gemischt aus Faszination, Abscheu und Ressentiment.

Brigitte Bardot, von vielen Nichtpuritanern freilich bewundert, wenn nicht verehrt, hat das ihr Leben lang erfahren; wenn Sie Französisch lesen, können Sie hier alle Einzelheiten finden. Sie hat nach dem Ende ihrer Karriere im Jahr 1973 eine Stiftung zum Tierschutz aufgebaut und ist auch dafür noch angefeindet worden, weil sie auch gegen das rituelle Schächten eintrat und damit gegen den Islam Stellung bezog.

Michelle Obama wurde bisher überwiegend in das Klischee der erfolgreichen Unterprivilegierten eingeordnet; der tüchtigen Schwarzen, die es ganz nach oben geschafft hat. Die Powerfrau neben dem Präsidenten.

Jetzt zeigt sie eine andere Seite. Vom einen Klischee in ein anderes zu purzeln, das geht mitunter blitzschnell.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Brigitte Bardot 2002. Vom Autor Cdrik b06 unter GNU Free Documentation License, Version 1.2 oder später, freigegeben.