16. August 2010

Marginalie: Wann kommt die Wiedervereinigung Koreas? Die Vorbereitungen dafür laufen

Die Teilung Koreas ist in vielerlei Hinsicht nicht mit der deutschen Teilung vergleichbar. Das Klima zwischen den beiden Staaten war immer eisig; es gab nie etwas, das mit dem seinerzeitigen "innerdeutschen Dialog" vergleichbar wäre. Die Grenze war und ist noch weniger durchlässig, als es die Berliner Mauer zu den meisten Zeiten war.

Hinzu kommt, daß der Gegensatz zwischen den Systemen extrem ist; größer als derjenige zwischen der alten Bundesrepublik und der DDR. Die Verhältnisse in Nordkorea sind vergleichbar denen in der UdSSR zu den schlimmsten Zeiten Lenins und Stalins; siehe "Sie leben und sterben in Lumpen". Über den Gulag Nordkoreas; ZR vom 26. 6. 2009.

Wir sind angesichts dieser Kluft zwischen den beiden Staaten daran gewöhnt, uns die Teilung Koreas als noch auf lange Zeit unverbrüchlich vorzustellen. Aber die Wiedervereinigung könnte schon bald bevorstehen. Die Vorbereitungen dazu laufen, wie heute Chico Harlan in der Washington Post schreibt.

Kim Jong Il gilt als schwer krank; in Nordkorea wird die Thronbesteigung seines Sohns Kim Jong Eun vorbereitet. Das könnte ein Zeitpunkt für den Zusammenbruch der Diktatur der Kim-Dynastie sein; diesen jedenfalls einleiten.

Jedenfalls muß sich Südkorea auf diesen Fall vorbereiten. Der südkoreanische Präsident Lee Myung-bak hat gestern einen Dreistufenplan für die Wiedervereinigung vorgelegt und - offenbar nach dem Vorbild des deutschen Solidaritätszuschlags - eine Sondersteuer zur Finanzierung der Kosten der Vereinigung angekündigt.

Diese werden immens sein, angesichts der Armut, die in Nordkorea herrscht und der heruntergekommenen Wirtschaft; auch dies noch schlimmer als 1989 in der DDR.

Der Plan sieht als eine erste Stufe ein Ende der nordkoreanischen Atomrüstung vor und dann eine schrittweise Wiedervereinigung, die von einer "Friedensgemeinschaft" zur "nationalen Gemeinschaft" führen soll. Der Präsident Lee Myung-bak laut der Nachrichtenagentur Yonhap:
Inter-Korean relations demand a new paradigm. (...) It is imperative that the two sides choose co-existence instead of confrontation, progress instead of stagnation. The two of us need to overcome the current state of division and proceed with the goal of peaceful reunification.

Die innerkoreanischen Beziehungen verlangen nach einem neuen Paradigma (...). Es ist zwingend erforderlich, daß die beiden Seiten Koexistenz statt Konfrontation wählen, Fortschritt statt Stillstand. Wir müssen beide den jetzigen Zustand der Spaltung überwinden und uns auf den Weg zum Ziel einer friedlichen Wiedervereinigung machen.



Natürlich ist dieser Vorstoß auch ein Schachzug innerhalb der jetzigen Auseinandersetzungen.

Aber das nordkoreanische Regime ist ein Anachronismus. Es wird verschwinden wie die Herrschaft der Kommunisten in der UdSSR und in Osteuropa.

Die Frage ist natürlich, wie das friedlich hinzubekommen sein wird. Eine große Herausforderung für die Politik nicht nur Südkoreas, sondern auch der USA. Gut möglich, daß Korea demnächst zu einem Brennpunkt der internationalen Politik werden wird.



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