17. August 2010

Zitat des Tages: "Eine Moschee wäre eine Entweihung von Ground Zero". Religionsfreiheit und Liberalität. Über die Gefühle von Moslems und Nichtmoslems

Location matters. Especially this location. Ground Zero is the site of the greatest mass murder in American history -- perpetrated by Muslims of a particular Islamist orthodoxy in whose cause they died and in whose name they killed.

Of course that strain represents only a minority of Muslims. Islam is no more intrinsically Islamist than present-day Germany is Nazi -- yet despite contemporary Germany's innocence, no German of goodwill would even think of proposing a German cultural center at, say, Treblinka.


(Es kommt auf den Ort an. Vor allem auf diesen Ort. Ground Zero ist die Stelle des größten Massenmords in der amerikanischen Geschichte - begangen von Moslems einer besonderen islamistischen Orthodoxie, für deren Sache sie starben und in deren Namen sie mordeten.

Natürlich stellt diese Strömung nur eine Minderheit der Moslems dar. Der Islam ist nicht in seinem Wesen islamistischer, als ein heutiger Deutscher ein Nazi ist - aber trotz dieser Schuldlosigkeit des heutigen Deutschland würde kein Deutscher guten Willens auch nur daran denken, ein deutsches Kulturzentrum in, sagen wir, Treblinka vorzuschlagen.)

Charles Krauthammer in seiner aktuellen Kolumne in der Washington Post über den beabsichtigten Bau einer Moschee nah bei Ground Zero, wo die Anschläge vom 11. September 2001 stattfanden


Kommentar: Eine Moschee gehört so wenig neben Ground Zero, schreibt Krauthammer, wie Japan ein japanisches Kulturzentrum ausgerechnet in Pearl Harbor bauen sollte - so gern solche Zentren sonst in den USA gesehen sind. Und er erinnert weiter an den Fall des Konvents von Karmelitinnen in Auschwitz, den Papst Johannes Paul II schließen ließ; nicht, weil er die reinen und guten Absichten der Nonnen bezweifelt hätte, sondern weil es ihm darum ging, jüdische Gefühle nicht zu verletzen.

Ich stimme Charles Krauthammer, wie so oft, zu.

Ja aber, wie steht es mit liberalen Prinzipien? Mit Religionsfreiheit; auch mit der banalen Freiheit, auf die gestern der von mir sehr geschätzte Autor Rayson in B.L.O.G. aufmerksam machte: "Aus liberaler Sicht ist die Sache eindeutig: Wem der Grund und Boden gehört, der darf darauf selbstverständlich auch eine Moschee errichten"?

Juristisch ist das zwar nicht so; es bedarf einer baurechtlichen Genehmigung. Eine erste Stufe dieses Genehmigungsprozesses hat das Projekt durchlaufen, als der Finanzausschuß des zuständigen Community Board von New York zustimmte. (Community Boards sind eine Art Bezirksparlamente).

Aber was liberale Prinzipien angeht, finde ich Raysons Argumentation einleuchtend und teile sie weitgehend. Sein Artikel ist auch unbedingt lesenswert wegen der informativen Einzelheiten, der klugen Argumentation und der Links, die er enthält. Im entscheidenden Punkt aber bin ich anderer Meinung als Rayson:

Für die Anwendung aller Prinzipien gibt es Grenzen. Auch für die liberalen. Ich selbst muß, wenn ich mir zu einem Thema eine Meinung zu bilden versuche, beispielsweise oft liberale gegen konservative Prinzipien abwägen. "Meinen liberalkonservativen Vermittlungsausschuß" habe ich das einmal halb im Scherz genannt; ZR vom 6. 1. 2007.

Natürlich haben Moslems das Recht, auch in den USA Moscheen zu errichten; das ist Teil der Religionsfreiheit. Aber sie haben auch in den USA - so, wie jedermann - nicht das Recht, auf jedem beliebigen Baugrund, der ihnen gehört, jedes beliebige Gebäude zu errichten. Die Kommunen erstellen Baupläne und genehmigen Bauten; das ist das Spannungsfeld zwischen der Freiheit des Eigentums und dem Interesse der örtlichen Gemeinschaft.

Wenn die New Yorker Behörden endgültig über das Projekt entscheiden, dann sind sie verpflichtet, alle relevanten Gesichtspunkte zu prüfen. Zu diesen gehört eben auch die symbolische Bedeutung eines solchen Orts; eines, wie Krauthammer sogar schreibt, "geheiligten Orts", der den Opfern und den Hinterbliebenen gehört. Der durch die Moschee eine Entweihung erfahren würde.



Nun sehen allerdings diejenigen, die diese Moschee bauen wollen, durchaus die Symbolik des Orts.

Imam Feisel Abdul Rauf, einer der Initiatoren, erklärte, das Projekt sei "dazu gedacht, bessere Beziehungen zwischen dem Westen und Moslems zu fördern". Eine andere Initiatorin, Daisy Khan, sagte laut CNN im Mai dieses Jahres:
The time for a center like this has come because Islam is an American religion. (...) We need to take the 9/11 tragedy and turn it into something very positive.

Die Zeit für ein solches Zentrum ist gekommen, weil der Islam eine amerikanische Religion ist. (...) Wir müssen die Tragödie von 9/11 nehmen und sie in etwas sehr Positives umkehren.
Das mag gut gemeint sein, obwohl etwas eigenartig formuliert. Aber auf genau dieses "gut gemeint" zielt die Argumentation von Krauthammer; auch die Karmelitinnen hatten es vermutlich gut gemeint, als sie in Auschwitz einen Konvent einrichteten.

Und wie immer die guten Absichten - man sollte, besonders die Stadt New York sollte auch die Außenwahrnehmung im Auge haben. Eine Moschee just am Ort des Verbrechens von 9/11 würde nicht nur von vielen Amerikanern, sondern auch von vielen Moslems weltweit als ein weiterer Sieg des Islam wahrgenommen werden.

Und möglicherweise, entgegen ihren Beteuerungen, auch von den Initiatoren.

In der Wikipedia werden eine ganze Reihe von Stimmen von Moslems zitiert, die das belegen. In der vergangenen Woche schrieben beispielsweise im kanadischen Ottawa Citizen die beiden moslemischen Autoren Rahel Raza und Tarek Fatah:
... we Muslims know the idea behind the Ground Zero mosque is meant to be a deliberate provocation to thumb our noses at the infidel. The proposal has been made in bad faith (...) Building an exclusive place of worship for Muslims at the place where Muslims killed thousands of New Yorkers is not being considerate or sensitive (...) As Muslims we are dismayed that our co-religionists have such little consideration for their fellow citizens and wish to rub salt in their wounds and pretend they are applying a balm to sooth the pain.

... wir Moslems wissen, daß die Idee hinter der Moschee auf Ground Zero so gemeint ist, daß wir in einer bewußten Provokationen die Ungläubigen vor den Kopf stoßen. Der Vorschlag wird in unredlicher Weise gemacht. (...) Der Bau einer Andachtsstätte exklusiv für Moslems dort, wo Moslems Tausende von New Yorkern ermordeten, ist nicht rücksichtsvoll oder sensibel. (...) Als Moslems sind wir bestürzt, daß unsere Glaubensbrüder so wenig Achtung für ihre Mitbürger haben und Salz in ihre Wunden streuen wollen, wobei sie vorgeben, den Schmerz mit einer Salbe zu lindern.
Neben dem Artikel von Rayson möchte ich Ihnen diesen Artikel von zwei moslemischen Autoren, die beide Bücher über den Islam publiziert haben, besonders zur Lektüre empfehlen; Sie haben dann die ganze Spanne der Sichtweisen zu diesem Thema.



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