Sie ist ausgegangen wie das sprichwörtliche Hornberger Schießen, die Debatte zwischen Joe Biden und Paul Ryan. Es gibt keinen Sieger und keinen Verlierer.
Wer Polemik mag, der sah eine Sendung nach seinem Geschmack. Der Unterhaltungswert war beträchtlich. Der Wert für die Siegeschances des einen oder des anderen Teams dürfte gering sein. Das Transkript der Debatte können Sie hier lesen.
Es war alles wie in der Debatte zwischen Romney und Obama, und es war doch alles anders.
Fast identisch waren die Regularien: Der Moderator - diesmal war es eine Moderatorin, Martha Raddatz von der TV-Kette ABC - gibt für jeden Block das Thema in Form einer Frage vor. Jeder darf zunächst zwei Minuten antworten; danach gibt es eine Diskussion.
Aber wie anders wurden diese Regularien von den Beteiligten umgesetzt! Der Moderator Jim Lehrer hatte sich so benommen wie der weise Richter in einem amerikanischen Prozeß: Zurückhaltend, den anderen Beteiligten die Bühne überlassend. Raddatz hingegen spielte die Rolle der Journalistin, die nachhakt, die sich mit ihren Fragen in die Debatte einmischt.
Das paßte zu den beiden Diskutanten. Die Ausgangslage war klar (siehe US-Präsidentschaftswahlen 2012 (36): Romneys Aufschwung - "Bounce" oder Wende? Die Lage vor der heutigen Debatte zwischen Paul Ryan und Joe Biden; ZR vom 11. 10. 2012):
Biden hatte die Aufgabe, das Versagen seines Bosses Obama in dessen eigener Debatte mit Romney vergessen zu machen. Obama war schlaff und passiv erschienen; also mußte Biden scharfe Attacken reiten.
Das hat er in der vergangenen Nacht getan. Zugleich blieb er aber - so hatte ich ihn gestern zu charakterisieren versucht - der ewig Lächelnde; der Typ Politiker, der seinen Arm um jeder Schulter legt, derer er habhaft werden kann. Der Kumpel, der jetzt aber einmal richtig böse wird - das war Biden in dieser Debatte. Er attackiete Ryan und sprach doch ständig von ihm als my friend, seinem Freund.
Ryan andererseits mußte zeigen, daß er nicht nur a sharp mind ist; ein scharfer Intellekt, sondern daß er auch die Statur hat, im Falle des Falles Präsident der USA zu sein. Er mußte kompetent und sympathisch wirken. Das hat er erreicht.
Zu Beginn der Debatte dachte ich, es würde schiefgehen. Denn schon beim ersten Redebeitrag Bidens sah man Ryan (auch hier blieb bei CNN wieder der nicht Sprechende ständig in einer Bildhälfte eingeblendet) grinsen und sich Notizen machen - fast wie Obama letzte Woche. Aber danach ließ er das sein; und Biden seinerseits brillierte darin, Ryans Ausführungen ein mimisches Begleitkonzert zu widmen; instrumentiert vor allem mit ungläubigem Lachen und Kopfschütteln.
Beim Hornberger Schießen sollen die Hornberger zur Ankunft eines Potentaten aus allen Rohren Salut geschossen haben; aber dann war er es gar nicht, sondern nur - so die Legende - eine in einer Staubwolke nahende Postkutsche. Das Gedröhne war umsonst gewesen.
So könnte es auch mit dieser Debatte sein. Gestern hatte ich geschrieben, daß sie, je nach Sieger, darüber entscheiden könnte, ob Romneys Aufschwung der letzten Tage ein bounce bleibt oder zum Beginn einer Wende im Wahlkampf wird. Es scheint, daß weder das eine noch das andere eingetreten ist.
Wie nach der Debatte Romney-Obama hat auch hier wieder CNN eine Blitzumfrage vorgenommen. Das Ergebnis fiel diesmal ganz anders aus als damals, als eine Zweidrittel-Mehrheit Romney als den Sieger gesehen hatte.
Berücksichtigt wurden für die Auswertung wiederum nur registrierte Wähler, welche die Debatte verfolgt hatten. 48 Prozent sahen Ryan als den Sieger, 44 Prozent Biden. 28 Prozent sagten, aufgrund der Debatte sei die Wahrscheinlichkeit gestiegen, daß sie Romney wählen würden; 24 Prozent sagten das für Obama.
Da in solchen Umfragen Republikaner leicht überrepräsentiert sind, bedeuten diese Daten ein perfektes Patt. (Sie sind überrepräsentiert, weil sie im Schnitt politisch mehr interessiert sind und deshalb eher die Telefonumfrage beantworten als Demokraten).
Die vielleicht wichtigste Frage wird in dem Artikel bei CNN nur allgemein angesprochen. Man kann sich das Ergebnis aber in der pdf-Datei mit allen Daten ansehen. Es ist die Frage 7: "Halten Sie Paul Ryan für qualifiziert, das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten auszuüben?". Das bejahten 60 Prozent. Bei Biden (Frage 6) waren es 57 Prozent.
Bedenkt man, daß Biden nun schon fast vier Jahre ein diplomatisch sehr aktiver Vizepräsident ist, dann ist das ein ausgezeichneter Wert für Ryan; wie auch sein Sympathiewert von 53 Prozent (Biden: nur 43 Prozent).
Das Fazit lautet, daß Ryan eine gute Figur gemacht hat, daß aber auch Biden die ihm gestellte Aufgabe, Obamas Schlaffheit durch forsches Auftreten wettzumachen, bestens erfüllt hat. Daß diese Debatte die Umfragwerte von Romney und Obama stark beeinflussen wird, ist danach eher unwahrscheinlich.
Die letzten Daten (erhoben natürlich vor der Debatte Ryan-Biden) deuten übrigens darauf hin, daß Romneys Höhenflug vorerst gestoppt sein könnte: Sowohl bei RealClearPolitics als auch bei Pollster weist Romneys Kurve jetzt wieder leicht nach unten, die Obamas leicht nach oben.
Wer Polemik mag, der sah eine Sendung nach seinem Geschmack. Der Unterhaltungswert war beträchtlich. Der Wert für die Siegeschances des einen oder des anderen Teams dürfte gering sein. Das Transkript der Debatte können Sie hier lesen.
Es war alles wie in der Debatte zwischen Romney und Obama, und es war doch alles anders.
Fast identisch waren die Regularien: Der Moderator - diesmal war es eine Moderatorin, Martha Raddatz von der TV-Kette ABC - gibt für jeden Block das Thema in Form einer Frage vor. Jeder darf zunächst zwei Minuten antworten; danach gibt es eine Diskussion.
Aber wie anders wurden diese Regularien von den Beteiligten umgesetzt! Der Moderator Jim Lehrer hatte sich so benommen wie der weise Richter in einem amerikanischen Prozeß: Zurückhaltend, den anderen Beteiligten die Bühne überlassend. Raddatz hingegen spielte die Rolle der Journalistin, die nachhakt, die sich mit ihren Fragen in die Debatte einmischt.
Das paßte zu den beiden Diskutanten. Die Ausgangslage war klar (siehe US-Präsidentschaftswahlen 2012 (36): Romneys Aufschwung - "Bounce" oder Wende? Die Lage vor der heutigen Debatte zwischen Paul Ryan und Joe Biden; ZR vom 11. 10. 2012):
Biden hatte die Aufgabe, das Versagen seines Bosses Obama in dessen eigener Debatte mit Romney vergessen zu machen. Obama war schlaff und passiv erschienen; also mußte Biden scharfe Attacken reiten.
Das hat er in der vergangenen Nacht getan. Zugleich blieb er aber - so hatte ich ihn gestern zu charakterisieren versucht - der ewig Lächelnde; der Typ Politiker, der seinen Arm um jeder Schulter legt, derer er habhaft werden kann. Der Kumpel, der jetzt aber einmal richtig böse wird - das war Biden in dieser Debatte. Er attackiete Ryan und sprach doch ständig von ihm als my friend, seinem Freund.
Ryan andererseits mußte zeigen, daß er nicht nur a sharp mind ist; ein scharfer Intellekt, sondern daß er auch die Statur hat, im Falle des Falles Präsident der USA zu sein. Er mußte kompetent und sympathisch wirken. Das hat er erreicht.
Zu Beginn der Debatte dachte ich, es würde schiefgehen. Denn schon beim ersten Redebeitrag Bidens sah man Ryan (auch hier blieb bei CNN wieder der nicht Sprechende ständig in einer Bildhälfte eingeblendet) grinsen und sich Notizen machen - fast wie Obama letzte Woche. Aber danach ließ er das sein; und Biden seinerseits brillierte darin, Ryans Ausführungen ein mimisches Begleitkonzert zu widmen; instrumentiert vor allem mit ungläubigem Lachen und Kopfschütteln.
Beim Hornberger Schießen sollen die Hornberger zur Ankunft eines Potentaten aus allen Rohren Salut geschossen haben; aber dann war er es gar nicht, sondern nur - so die Legende - eine in einer Staubwolke nahende Postkutsche. Das Gedröhne war umsonst gewesen.
So könnte es auch mit dieser Debatte sein. Gestern hatte ich geschrieben, daß sie, je nach Sieger, darüber entscheiden könnte, ob Romneys Aufschwung der letzten Tage ein bounce bleibt oder zum Beginn einer Wende im Wahlkampf wird. Es scheint, daß weder das eine noch das andere eingetreten ist.
Wie nach der Debatte Romney-Obama hat auch hier wieder CNN eine Blitzumfrage vorgenommen. Das Ergebnis fiel diesmal ganz anders aus als damals, als eine Zweidrittel-Mehrheit Romney als den Sieger gesehen hatte.
Berücksichtigt wurden für die Auswertung wiederum nur registrierte Wähler, welche die Debatte verfolgt hatten. 48 Prozent sahen Ryan als den Sieger, 44 Prozent Biden. 28 Prozent sagten, aufgrund der Debatte sei die Wahrscheinlichkeit gestiegen, daß sie Romney wählen würden; 24 Prozent sagten das für Obama.
Da in solchen Umfragen Republikaner leicht überrepräsentiert sind, bedeuten diese Daten ein perfektes Patt. (Sie sind überrepräsentiert, weil sie im Schnitt politisch mehr interessiert sind und deshalb eher die Telefonumfrage beantworten als Demokraten).
Die vielleicht wichtigste Frage wird in dem Artikel bei CNN nur allgemein angesprochen. Man kann sich das Ergebnis aber in der pdf-Datei mit allen Daten ansehen. Es ist die Frage 7: "Halten Sie Paul Ryan für qualifiziert, das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten auszuüben?". Das bejahten 60 Prozent. Bei Biden (Frage 6) waren es 57 Prozent.
Bedenkt man, daß Biden nun schon fast vier Jahre ein diplomatisch sehr aktiver Vizepräsident ist, dann ist das ein ausgezeichneter Wert für Ryan; wie auch sein Sympathiewert von 53 Prozent (Biden: nur 43 Prozent).
Das Fazit lautet, daß Ryan eine gute Figur gemacht hat, daß aber auch Biden die ihm gestellte Aufgabe, Obamas Schlaffheit durch forsches Auftreten wettzumachen, bestens erfüllt hat. Daß diese Debatte die Umfragwerte von Romney und Obama stark beeinflussen wird, ist danach eher unwahrscheinlich.
Die letzten Daten (erhoben natürlich vor der Debatte Ryan-Biden) deuten übrigens darauf hin, daß Romneys Höhenflug vorerst gestoppt sein könnte: Sowohl bei RealClearPolitics als auch bei Pollster weist Romneys Kurve jetzt wieder leicht nach unten, die Obamas leicht nach oben.
Zettel
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