31. Oktober 2012

Kurioses, kurz kommentiert: Erdogans Augenzwinkern

Wenn einer im Zustand schon sehr fortgeschrittener Trunkenheit am Tresen sitzt, dann fällt er vielleicht auf dieses Angebot eines Zechgenossen herein: "Also, wir würfeln jetzt. Bei einer ungeraden Augenzahl gibst du mir zehn Euro, und bei gerade bekomme ich von dir zehn Euro - das ist doch fair, oder?"

Nach diesem Prinzip möchte der türkische Ministerpräsident bei der Auswahl von Botschaftern verfahren. Sie glauben das nicht? Dann lesen Sie:
Der türkische Ministerpräsident Erdogan und der deutsche Außenminister Guido Westerwelle eröffneten am Dienstag in Berlin die neue Türkische Botschaft. Der Botschafter, selbst Sohn eines Gastarbeiters, solle als Vorbild für Deutschland dienen, so Erdogan. Ein Deutsch-Türke sei genau der richtige Botschafter für Deutschland in der Türkei.
So zu lesen in den "Deutsch-Türkischen Nachrichten" von heute.

Also, die Türkei wird in Berlin durch jemanden mit türkischen Wurzeln vertreten, der in Deutschland aufgewachsen ist. Im Gegenzug hätte es Erdogan gern, daß Deutschland in Istanbul durch jemanden mit türkischen Wurzeln vertreten wird, der in Deutschland aufgewachsen ist. Kurios, nicht wahr?

Was ich zitiert habe, ist die Zusammenfassung des Artikels im Vorspann. Im Text wird erläutert, daß Erdogan seinen Vorschlag an Außenminister Westerwelle richtete, und zwar "mit einem Augenzwinkern":
Deutschland solle sich überlegen, einen Deutsch-Türken, der die deutsche Staatsbürgerschaft hat, hier geboren und aufgewachsen ist, als deutschen Botschafter in die Türkei zu schicken. Was Erdogan mit einem Augenzwinkern in Richtung Westerwelle, der ebenfalls an der Eröffnung teilgenommen hatte, sagte, bezog sich auf den türkischen Botschafter. Hüseyin Avni Karslioglu sei ja nach Deutschland "zurückgekehrt", so Erdogan.
Denn Karslioglu sei "in Deutschland aufgewachsen", sagte Erdogan. Im offiziellen Lebenslauf des Botschafters ist davon allerdings nicht die Rede. Dort erfährt man nur, daß er in Yozgat (Türkei) geboren wurde und in Ankara (Türkei) studiert hat.

Wie auch immer. Erdogan hat ja mit den Augen gezwinkert.
Zettel



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