21. Oktober 2012

Zitat des Tages: Vor Direktverhandlungen Iran-USA? Obama bekommt Wahlkampf-Hilfe

Die Vereinigten Staaten und der Iran haben sich nach Angaben aus der Regierung Obama zum ersten Mal auf Direktverhandlungen über das Nuklearprogramm des Iran geeinigt und damit die Grundlage dafür geschaffen, daß durch diplomatische Bemühungen ein Militärschlag gegen den Iran in letzter Minute verhindert wird.

In einem Exklusivbericht in der Sonntagsausgabe der
New York Times schreiben Helene Cooper und Mark Lander mit Berufung auf Angehörige der Obama-Administration, daß iranische Regierungskreise auf einem Aufschub der Gespräche bis nach der Wahl des Präsidenten bestanden hätten, damit sie dann wissen, mit welchem amerikanischen Präsidenten sie es zu tun haben.

Die Nachricht von der Übereinkunft fällt in einen kritischen Augenblick im Kampf um die Präsidentschaft. Sie hat das Potential, Präsident Obama bei der Argumentation zu helfen, daß er bei den Bemühungen, die nuklearen Ambitionen des Iran zu beschneiden, vor einem Durchbruch steht. Sie könnte aber auch ein Risiko bergen, wenn der Eindruck entsteht, daß der Iran diese Aussicht einsetzt, um Zeit zu gewinnen. Es ist auch alles andere als klar, daß Obamas Gegenspieler Mitt Romney im Fall seiner Wahl die Verhandlungen weiterführen würde.
Inhalt einer Eilmeldung (Breaking News Alert), die kurz vor Mitternacht von der New York Times an die Abonnenten dieses Dienstes verschickt wurde. Meine Übersetzung; den Originaltext finden Sie unten. Der Artikel von Cooper und Lander ist hier zu lesen.

Kommentar: Im Rennen um die Präsidentschaft steht es derzeit Spitz auf Knopf. Zwar hat Obama im Augenblick noch etwas bessere Chancen, weil er weiterhin in einigen kritischen Staaten wie Ohio einen Vorsprung hat; aber dieser ist inzwischen knapp, und in den Umfragen liegen die beiden Kandidaten seit nicht ganz zwei Wochen gleichauf. Sie können das in den Grafiken der beiden polls of polls, den Zusammenfassungen aller Umfrageergebnisse, von Pollster und von RealClearPolitics sehen.

Der Debatte zwischen den beiden Kandidaten am kommenden Dienstag - der dritten und letzten - kommt damit eine möglicherweise wahlentscheidende Bedeutung zu. Ihr Thema wird die Außenpolitik sein.

Sollte die Information, die jetzt US-Regierungskreise der New York Times zugespielt haben, frisch aus Teheran kommen, dann wäre dies ein eindeutiges Indiz dafür, wie sehr dem Iran daran gelegen ist, daß Barack Obama Präsident bleibt. Mit dem Aufschub der Gespräche bis nach der Wahl wird ja unverhohlen signalisiert, daß man erst einmal sehen möchte, ob man es dann immer noch mit dem Partner zu tun hat, mit dem man diese Vereinbarung ausgehandelt hat.

Es könnte aber auch sein, daß diese Nachricht gar nicht so frisch ist, sondern daß sie lediglich jetzt als Hilfe für Obama in der kommenden Debatte lanciert wurde. Das allerdings würde bedeuten, daß die Obama-Administration in einer beispiellosen Weise die Interessen der Nation mit Obamas persönlichem Interesse an einer Wiederwahl vermischt.



Wortlaut der von der New York Times versandten Email:

U.S. Officials Say Iran Has Agreed to Nuclear Talks

The United States and Iran have agreed for the first time to one-on-one negotiations over Iran’s nuclear program, according to Obama administration officials, setting the stage for what could be a last-ditch diplomatic effort to avert a military strike on Iran.

In an exclusive report in Sunday’s New York Times, Helene Cooper and Mark Landler, citing Obama administration officials, write that Iranian officials have insisted that the talks wait until after the presidential election so that they know which American president they would be dealing with.

News of the agreement comes at a critical moment in the presidential contest. It has the potential to help President Obama make a case that he is nearing a diplomatic breakthrough in the effort to curb Tehran’s nuclear ambitions, but it could pose a risk if Iran is seen as using the prospect of the direct talks to buy time. It is also far from clear that Mr. Obama’s opponent, Mitt Romney, would go through with the negotiation should he win election.
Zettel



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