5. Oktober 2012

Marginalie: Noch einmal Cuba. Erinnern Sie sich an Yoani Sánchez?

Wenn Sie schon lange ZR lesen und ein gutes Gedächtnis haben, dann erinnern Sie sich vielleicht an Yoani Sánchez. Ich habe diese unerschrockene cubanische Bloggerin vor viereinhalb Jahren gewürdigt; in diesem Artikel: In Cuba dürfen Privatleute jetzt ein Handy besitzen. Aber interessanter ist, was dem Blog von Yoani Sánchez widerfuhr; ZR vom 29. 3. 2008.

Dort können Sie Näheres über Yoani Sánchez lesen. Was widerfuhr ihr damals? Dies:
Die bekannteste Bloggerin Cubas, Yoani Sánchez, habe behauptet, daß die Regierung den Zugang zu ihrem Blog gesperrt habe. (...)

Ihr Blog trägt den ironischen Titel Generación Y, was zum einen natürlich eine Anspielung auf die "Generation X" ist, zum anderen aber auf den Vornamen der Autorin verweist. Sie rechnet sich zu
... gente como yo, con nombres que comienzan o contienen una "y griega". Nacidos en la Cuba de los años 70s y los 80s, marcados por las escuelas al campo, los muñequitos rusos, las salidas ilegales y la frustración

... Menschen wie ich, mit Vornamen, die mit einem Ypsilon anfangen oder es enthalten. Geboren im Cuba der 70er und 80er Jahre, geprägt von den Schulen im Freien, den russischen Männeken, den illegalen Ausreisen und der Frustration.
(...) Was hat es nun mit der Sperrung von Generación Y auf sich? Am 26. März, also am vergangenen Mittwoch, schrieb Sánchez dazu einen erläuternden Artikel. Danach wurde sie am Donnerstag vergangener Woche von einer Freundin darauf aufmerksam gemacht, daß ihr Blog nicht mehr aufgerufen werden konnte. Sie hat das dann nachgeprüft und festgestellt, daß etliche andere "gefährliche" WebSites betroffen waren. (...)

Yoani Sánchez schließt den Artikel mit einem ironischen Gruß an die mitlesenden Geheimdienst-Leute. Sie würde es begrüßen, wenn diese sich zur Ruhe begäben und aufhörten, den Surfern auf den Leib zu rücken. "No es que vayamos a tocar una sinfonía para ellos, pero quién sabe si llegamos a hilvanar algunos acordes." Nicht, daß wir ihnen dann eine Sinfonie spielten, aber wer weiß, vielleicht käme es dazu, daß wir ein paar Akkorde aneinanderreihen würden.
Inzwischen lesen die Polizisten des cubanischen Regimes offenbar nicht mehr nur mit. Wie man seit heute Abend beispielsweise in "Zeit-Online" lesen kann, ist die
Bloggerin Yoani Sánchez ... Berichten zufolge festgenommen worden. Sie sei auf dem Weg in die ostkubanische Stadt Bayamo gewesen, teilte der regimefreundliche Blogger Yohandri Fontana mit. Nach Angaben der kubanischen Opposition wurden Dutzende weitere Regimekritiker festgenommen. In Bayamo beginnt der Prozess um einen Autounfall, bei dem zwei Menschen starben – darunter der bekannte kubanische Dissident Oswaldo Payá.

Eine Sprecherin der Kubanischen Menschen­rechts­kommission sagte, Sánchez und die anderen Festgenommenen sollten daran gehindert werden, zu dem Prozess zu gelangen.
Vor vier Jahren, am Beginn der angeblichen "Liberalisierung" Cubas, begnügte sich das Regime noch mit der Sperrung des Blogs. Jetzt schlägt es gegen die Bloggerin zu.

Die Vorstellung, daß ein kommunistisches Regime sich allmählich "liberalisieren" könnte, ist naiv. Eine Ausbeuter­schicht, die derart von den politischen Verhältnissen profitiert wie die Nomenklatura eines kommunistischen Regimes, wird sich nicht liberalisieren, sondern erst dann aufgeben, wenn sie keine andere Wahl mehr hat.

Die Partei der Ausbeuterschicht der DDR pflegt übrigens nach wie vor beste Beziehungen zum sozialistischen Bruderstaat Cuba. Siehe Die deutschen Kommunisten preisen das kommunistische Cuba. Was daran bemerkenswert ist, und was nicht; ZR vom 22. 8. 2011.



Warum "Noch einmal" Cuba? Ich weiß nicht, ob Sie es bemerkt haben, aber das Kleine Quiz von heute Morgen hatte nicht nur mit dem US-Lager Guantánamo zu tun, sondern auch mit dem cubanischen Gefängnis Guantánamo. Damit befaßte sich der erste der Artikel, die ich dazu im Kleinen Zimmer verlinkt habe.
Zettel



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