15. Oktober 2012

Marginalie: Die katastrophale Syrienpolitik des Friedenspräsidenten Barack Obama. Eine Analyse in der "Washington Post"

In seiner Rede zur Außenpolitik vor einer Woche hat Mitt Romney hervorgehoben, wie Präsident Obamas wankelmütige Politik zu der jetzigen Lage im Nahen Osten beigetragen habe. Er sagte:
... it is the responsibility of our President to use America’s great power to shape history — not to lead from behind, leaving our destiny at the mercy of events. Unfortunately, that is exactly where we find ourselves in the Middle East under President Obama.

... es ist die Verantwortlichkeit unseres Präsidenten, die große Macht Amerikas zu nutzen, um die Geschichte zu gestalten - nicht sich im Hintergrund zu halten und unser Schicksal dem Gang der Dinge auszuliefern. Genau dort aber befinden wir uns im Nahen Osten unter Präsident Obama.
In der Washington Post hat jetzt Jackson Diehl, stellvertretender Leiter des Meinungsressorts, sich unter der Überschrift "How Obama bungled the Syrian revolution" (Wie Obama die syrische Revolution verbockt hat) mit Obamas Syrienpolitik befaßt. Was er beschreibt, bestätigt Romneys Bewertung:
The president's handling of Syria ... exemplifies every weakness in his foreign policy — from his excessive faith in "engaging" troublesome foreign leaders to his insistence on multilateralism as an end in itself to his self-defeating caution in asserting American power.

Die Art, wie der Präsident mit Syrien umgegangen ist, ... zeigt beispielhaft jede der Schwächen seiner Außenpolitik - von seinem übertriebenen Glauben daran, schwierige Führer ausländischer Staaten "einzubinden" bis zu seinem Beharren auf Multilateralismus als einem Ziel an sich und seiner den eigenen Interessen schadenden Vorsicht, wenn es darum geht, die Macht der USA zum Tragen zu bringen.
Obamas Syrienpolitik begann - so beschreibt es Diehl - 2009 mit dem Versuch, gute Beziehungen zu Assads Regime aufzubauen. Es wurde wieder ein Botschafter nach Damaskus geschickt, und Obama entsandte sogar mehrere Sonderbotschafter nach Syrien (siehe Pax Obama? Im Nahen Osten ist eine Friedensregelung derzeit unmöglich; ZR vom 21.3.10).

(Nebenbei bemerkt: Auch dem Iran wurde damals ja von Obama "die Hand entgegengestreckt". Charles Krauthammer hat das seinerzeit trefflich charakterisiert. Er fragte (meine Übersetzung) "... liegt es daran, daß Obama sich als den geschichtlichen Erlöser sieht, dessen unwiderstehliches Charisma den Bruch zwischen der Christenheit oder, wenn man so will, zwischen dem postimperialen Westen und der moslemischen Welt heilen wird ...?")



Diehl weiter: Als der Aufstand gegen Assad begann, war die Regierung Obamas zunächst offenbar der Meinung, man könne Assad dazu bringen, sich auf die Forderungen der Protestierenden einzulassen und Reformen durchzuführen. Wieder wollte Obama den Heiler spielen, den Versöhner. Warnungen von Syrienexperten, daß ein Bürgerkrieg drohe, wurden von Obama und seiner Außenministerin Hillary Clinton ignoriert. ("Viele glauben, ... daß er ein Reformer ist" sagte Clinton damals über Baschar al-Assad).

Der Aufstand wurde allmählich zu einem Bürgerkieg. US-Senatoren forderten die Regierung auf, endlich zu handeln. Obama beging aber - so Diehl - einen weiteren Fehler, indem er nun dafür eintrat, die UNO einzuschalten. "Das Beste, was wir tun können, ist die Einheit der internationalen Gemeinschaft zu erreichen" sagte Obama im März dieses Jahres mit Blick auf die Lage in Syrien.

Daß dies den Bügerkrieg würde beenden können, war eine illusionäre Vorstellung angesichts des Interesses Rußlands und Chinas an einem Fortbestehen des Assad-Regimes. Die Washington Post nannte damals, im März, in einem Editorial (einer gemeinsam von der Redaktion vertretenen Stellungnahme) die Einschaltung der UNO einen unworkable plan; einen Plan, der nicht funktionieren kann. Aber die Regierung Obama in ihrer Heilsbringer-Mentalität glaubte offenbar an die Kraft der "Völkergemeinschaft".

Als dies an den machtpolitischen Realitäten scheiterte, hatten Obama und/oder Clinton die nächste Idee; eine, deren Naivität die Einschaltung der UNO noch übertraf: Man wollte nun Putin überreden, auf seine Unterstützung für Assad zu verzichten. Am 30. Juni verkündete Hillary Clinton, daß der Kreml jetzt entschieden hätte, gemeinsam mit den USA einen Plan für eine Machtübergabe in Syrien durchzusetzen.



Soweit Diehl. Natürlich dachte Putin nicht daran, Assad fallenzulassen. Im syrischen Bürgerkrieg gibt es jetzt eine Pattsituation. Solche Kriege können lange weitergehen, sofern auswärtige Mächte sie füttern.

In diesem syrischen Bürgerkrieg geht es um den Konflikt zwischen dem Iran und den sunnitischen Mächten des Nahen Ostens, Saudi-Arabien und Ägypten. Es geht um den Versuch der Türkei, sich zur Vormacht des Nahen Ostens aufzuschwingen. Assad ist inzwischen Teherans wichtigster Verbündeter. Saudi-Arabien fürchtet diesen Vorstoß des Iran ins Zentrum des sunnitischen Nahen Ostens. Die Türkei sieht im Syrienkonflikt die Chance, ihre Großmachtansprüche in der Region deutlich zu machen; inzwischen ja mit einer wenn auch noch begrenzten Militärintervention.

Es geht weiterhin um die Interessen Rußlands, das in Syrien seinen einzigen Militärstützpunkt in der Region hat. Es geht um die Interessen Chinas, das aus energie- und machtpolitischen Gründen das iranische Regime protegiert, von dem wiederum Assad unterstützt wird.

Man sollte meinen, daß auch der Westen in dieser Region vitale Interessen hat, aus der ein erheblicher Teil unseres Öls kommt; in der das bedrohte Israel liegt. Man sollte von der Vormacht des Westens erwarten, daß sie diese Interessen ebenso hart vertritt, wie das alle anderen Beteiligten in Bezug auf ihre eigenen Interessen tun.

Daß Barack Obama, der schon als Senator den bedingungslosen Rückzug der USA aus dem Irak durchsetzen wollte, das erkannt hat, ist nicht zu sehen. (Zu diesem verantwortungslosen Plan des Senators Obama vom Januar 2007, auf dem Höhepunkt der Erfolge der Aufständischen und Terroristen alle US-Truppen aus dem Irak abzuziehen, siehe Präsident Obama gratuliert dem Irak zu den Wahlen. Grund, an den Gesetzentwurf des Senators Obama vom 30. Januar 2007 zu erinnern; ZR vom 1. 2. 2009).

In seiner Rede vor einer Woche sagte Mitt Romney:
I know the President hopes for a safer, freer, and a more prosperous Middle East allied with the United States. I share this hope. But hope is not a strategy.

Ich weiß, daß der Präsident auf einen sichereren, freieren und wohlhabenderen Nahen Osten hofft, der mit den Vereinigten Staaten verbündet ist. Ich teile diese Hoffnung. Aber Hoffnung ist keine Strategie.
Treffend gesagt. Es gut zu meinen, das ist zu wenig für den mächtigsten Mann der Welt.
Zettel



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