17. Januar 2013

Raumstation, aufblasbar. Wird die private Raumfahrt zur Erfolgsgeschichte? Und die ESA baut an "Orion" mit


Welch ein eigenartiger Knubbel ragt auf der Zeichnung rechts aus der Raumstation ISS? Es ist BEAM - ein Bigelow Expandable Activity Module. Bigelow ist die Firma, die es bauen wird, dieses aufblasbare Aktivitätsmodul.

Die Idee ist simpel, und sie ist die Antwort auf ein offensichtliches Probem der bemannten Raumfahrt: Astronauten brauchen in längerdauernden Einsätzen Lebensraum. Einigermaßen geräumige Raumschiffe kann man aber nicht mit einem einzigen Raketenflug ins All schießen; nicht nur aus Gewichtsgründen, sondern auch, weil sie wegen ihrer schieren Größe nicht als Nutzlast auf eine Rakete aufgesetzt werden können.

Es gibt dann im Prinzip zwei Möglichkeiten: Entweder man schießt einzelne Komponenten in die Umlaufbahn und baut sie dort zusammen. Oder man macht das, woran die Firma Bigelow jetzt arbeitet: Ein Modul wird zusammengefaltet gestartet und in der Umlaufbahn aufgeblasen.

Die Wände bemannter Raumschiffe und Raumstationen bestehen bisher aus Aluminium. Die Wand des BEAM-Moduls, dessen Bau die NASA gestern ankündigte, besteht aus verschiedenen nichtmetallischen Materialien, u.a. Kevlar und Vectran, einem Material, das beispielsweise für schußsichere Westen verwendet wird.

Das wirft natürlich Fragen auf: Wie gut schützen solche Wände vor Strahlung? Wie luftdicht sind sie im Weltraum, wie stabil? Halten sie dem Beschuß durch Mikrometeoriten stand?

Der erste experimentelle Einsatz zur Beantwortung derartiger Fragen ist für 2015 geplant. BEAM wird zusammengefaltet an die ISS andocken. Dann pumpt mitgeführte Preßluft es so auf, daß es aussieht wie auf dem Bild dargestellt. Eine Luke zur Raumstation wird geöffnet, und BEAM ist Teil der Station.

Wohnen soll allerdings dort bei diesem ersten Experiment noch kein Astronaut. BEAM ist mit Instrumenten gespickt. Von Zeit zu Zeit werden Astronauten die Luke aufmachen und nach dem Rechten sehen.

Oder jemand zieht sich einmal dorthin zurück, wenn er Ruhe braucht. In Raumstationen herrscht ständig ein hoher Lärmpegel. Das Material, aus dem BEAM besteht, wirkt aber schalldämpfend; so konnte man es gestern in der New York Times lesen.



Eine verblüffend einfache Idee. Sollte es wirklich einmal zu einem bemannten Raumflug zum Mars kommen, dann könnten BEAMs, angedockt an eine zentrale Einheit aus Aluminium, den Astronauten vielleicht doch eine gewisse minimale Lebensqualität erlauben. Statt fast zwei Jahre allein in dem dafür jetzt ins Auge gefaßten Raumschiff Orion zu verbringen, einer kegelförmigen Kapsel mit einem Bodendurchmesser von 5 m und einer Höhe von 3 m. Sie sehen Orion auf dem linken Teil des Titelbilds an der Spitze; dahinter der Versorgungsteil.

Gestern hat die europäische Raumfahrtagentur ESA mitgeteilt, daß sie diesen Teil von Orion bauen wird.

BEAM wird übrigens nicht nur von einer Privatfirma entwickelt, sondern soll auch mit einem privat entwickelten Raumfrachter zur ISS gebracht werden, dem Dragon. Siehe
Das unbemannte Raumschiff Dragon auf dem Weg zur ISS. Auf der letzten Strecke fliegt es nicht - es wird gehievt; ZR vom 24.5. 2012

Der fliegende Drachen - eine beeindruckende Leistung privaten Unternehmertums; ZR vom 8. 10. 2012
Wie die Washington Post gestern meldete, ist - wie schon Dragon - jetzt auch wieder BEAM ein glänzendes Geschäft für die NASA. Sie bekommt das Modul zu einem Schnäpp­chen­preis von 17,8 Millionen Dollar.

Und während das ISS-Experiment ab 2015 für zwei Jahre laufen soll, wird Bigelow bereits 2016 seine erste, private Weltraumstation aus aufblasbaren Teilen im Orbit haben. Natürlich für kommerzielle Nutzung; beispielsweise durch Pharmafirmen und Weltraum-Touristen.

Nähere Informationen zur Geschichte des Konzepts aufblasbarer Moduln, zu Bigelow und seiner geplanten privaten Raumstation finden Sie, zusammen mit Bildern und vielen Videos, bei The Engeineer.
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Abbildungen als Werke der NASA gemeinfrei. Mit Dank an SF-Leser.